Zuletzt hatte Borussia Dortmund in der Champions League sieben Siege in Folge im eigenen Stadion gefeiert. Die beeindruckende Serie riss am Mittwochabend gegen Arsenal London. Mit 0:1 unterlag das Team von Jürgen Klopp in einer Partie, in der alles gegen die Gastgeber lief. Die Dortmunder waren ziemlich siegessicher in dieses wichtige Spiel gegangen, das vierte der Gruppenphase. Klopp hatte in der britischen Presse einen Volltreffer gelandet, als er auf der Pressekonferenz vor dem Duell den Gegner mit einem Orchester verglich, das leise spielt, während er mehr auf krachenden Heavy Metal stehe. Der 2:1-Sieg im Hinspiel gegen Arsenal vor zwei Wochen tat ein Übriges, den Optimismus zu schüren. Jetzt ist klar: Auch klassische Musik kann in den Ohren klingeln.
Der Glaube an die eigene Stärke und der Optimismus, genauso souverän wie vor einem Jahr in das Achtelfinale einzuziehen, hat in Dortmund einen herben Rückschlag erhalten. Nach dem Schlusspfiff Minuten harrte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke mit versteinerter Miene noch lange auf der Ehrentribüne aus. Klopp, der nach zwei Spielen Sperre erstmals wieder auf der Bank Platz nahm, rieb sich nach dem Schlusspfiff angestrengt den Bart und musste zugeben: "Dass wir verlieren, war alles andere als eingeplant und unnötig." Keeper Roman Weidenfeller kommentierte die Ereignisse in den 90 Minuten zuvor kurz und knapp: "Fußball kann manchmal ungerecht sein."
Nur die Torschussquote spricht für Dortmund
Eines wurde jedoch in allen Kommentaren der Dortmunder deutlich: Eigentlich hatte hier die bessere Mannschaft verloren. 15:4 Torschüsse für den BVB lautete die Statistik nach Abpfiff. Aber mit Statistiken ist das so eine Sache. Und dann noch das: Kurz vor Ende der Partie, als Dortmund verbissen um den Ausgleichstreffer kämpfte, riss Arsenal-Verteidiger Per Mertesacker Robert Lewandowski im Strafraum um, doch der Pfiff des niederländischen Schiedsrichters Björn Kuipers blieb aus. Das war bitter für die Gastgeber. Er "hat sich nicht verdächtig gemacht, ein Heimschiedsrichter zu sein", meinte Klopp. Das Urteil war allerdings etwas einseitig. Kuipers hatte den Londonern zuvor ebenfalls einen klaren Strafstoß verweigert, als Weidenfeller Arsenals Laurent Koscielny beim Herauslaufen brachial gerammt hatte. Richtig ist aber, dass der Mann an der Pfeife der schwächste Akteur auf dem Platz war. Das taugt aber nicht als Erklärung für die bittere Pleite.
Wenn der erste Schock verflogen ist und die Emotionen sich abgekühlt haben, wird der Trainer eine klare Fehleranalyse vornehmen. Und das Ergebnis wird eine der ältesten Fußball-Weisheiten der Welt sein: Wer auf diesem Topniveau die wenigen Torchancen nicht nutzt, verliert. Im Hinspiel war Dortmund genau das gelungen, an diesem regnerischen Abend nicht. In der ersten Halbzeit hatte Dortmund, das in der Abwehr auf den verletzten Mats Hummels verzichten musste (für ihn spielte Sokratis), exakt eine ernstzunehmende Torgelegenheit, als Hendrikh Mkhitaryan allein auf das Tor zulief, den Ball aber knapp am Tor vorbei schoss.
Bis dahin hatten beide Teams eindrucksvoll demonstriert, wie man sich gegenseitig die Luft zum Atmen nimmt. Kurz gesagt, es war ein ziemlich langweiliges Spiel für die Zuschauer. Gegen Ende des ersten Abschnitts wurde Dortmund zwar dominanter, allerdings verpufften die meisten Angriffsbemühungen wirkungslos. Die Defensivreihen standen so dicht, dass beide Team viele Fehlpässe produzierten. Arsenal, wieder mit Mesut Özil auf der zentralen Spielmacherposition, gelang sogar das Kunststück, keinen einzigen Torschuss abzugeben.
Endspiel gegen Neapel
Nach Wiederanpfiff steigerte Dortmund das Tempo. Ein gefährlicher Kopfball, ein Abseitstor und ein knappverpasster Ball durch Marco Reus sorgten für Gefahr und es schien ganz so, als würde der Führungstreffer nur eine Frage der Zeit sein. Doch nach 62. Minuten passierte das, was Weidenfeller als "ungerecht" empfand. Arsenals erster vernünftig zu Ende gespielter Angriff führte zum einzigen Treffer durch Aaron Ramsey, der nach Vorarbeit von Özil und Giroud erfolgreich mit dem Kopf vollendete. In der Folge hatte Arsenal starke zehn Minuten, in denen Ramsey eine weitere Großchance vergab. Sogar der lange Mertesacker hatte zwei gute Kopfballgelegenheiten. Die Dortmunder versuchten vergeblich ins Spiel zurückzufinden. Arsenal ging geschickt mit einem Fünfer-Abwehrriegel zu Werke. Der Lucky Punch gelang dem BVB nicht mehr.
Weil auch Neapel zeitgleich gegen Marseille gewann, ist der BVB auf den dritten Tabellenplatz abgerutscht. Arsenal und die Süditaliener haben jeweils neun Zähler auf dem Konto, Dortmund sechs. In drei Wochen kommt es zum Duell gegen ein starkes Neapel, wieder im eigenen Stadion, und dann muss ein Sieg her, wenn der BVB noch eine realistische Chance auf den Einzug in das Achtelfinale haben will. Es werden hoch brisante 90 Minuten werden, so viel ist sicher. Das Hinspiel in Neapel ging bekanntlich verloren.