Im dritten Viertelfinale trafen in der Donbass Arena von Donezk der Titelverteidiger Spanien und Frankreich aufeinander. In einem sehr mittelfeldlastigen Spiel setzte sich Spanien mit 2:0 durch und trifft nun im Halbfinale auf Portugal. Vor allem in der ersten Halbzeit kam Frankreich kaum vor das spanische Tor. Xabi Alonso nutzte einen Fehler der französischen Defensive zur Führung (19.). Kurz vor Schluss erhöhte der Real Madrid-Star durch einen Elfmeter und entschied das Spiel endgültig.
Blanc rotiert ordentlich
Vor dem Spiel wurde gerätselt, ob Spanien erneut ohne richtigen Stürmer aufläuft oder Fernando Torres als Spitze auflaufen würde. Spaniens Trainer Vincente del Bosque entschied sich für Ersteres. Im sogenannten 4-6-0-System ersetzte Cesc Fàbregas den England-Legionär Torres als offensivster Spieler der Iberer.
Del Bosque's Gegenüber Laurent Blanc, seinerseits schon als Spieler Europa- und Weltmeister geworden, mischte seine l'equipe tricolore ordentlich durch. Philippe Mexès fehlte gesperrt. Für ihn startete Laurent Koscielny in der Innenverteidigung. Der eigentliche Rechtsverteidiger Mathieu Debuchy rückte vor ins Mittelfeld. Seinen Posten in der Viererkette übernahm Anthony Réveillère, dafür nahm Samir Nasri auf der Bank Platz. Der letzte Tausch fand im Mittelfeld statt: Florent Malouda rutschte in die Startelf, während sich Alou Diarra zu seinen nicht spielenden Kollegen gesellte.
Während Spanien als Favorit ins Spiel ging, wäre nach Statistiken Frankreich der Platzhirsch gewesen, denn die Franzosen hatten noch nie ein Pflichtspiel gegen Spanien verloren.
Frankreichs Fehler zur spanischen Führung
Aber was zählen Statistiken? Die Realität sieht nun einmal anders aus. Von Beginn an übernahm Spanien das Spielgeschehen, wenn auch mit einigen, ungewohnten Fehlpässen im Spielaufbau. Nach sechs Minuten tauchten die Iberer das erste Mal gefährlich nah vor dem Tor von Hugo Lloris auf. Im Laufduell touchierte Gael Clichy den Barcelona-Star Fabregas, woraufhin dieser zu Fall kam. Der italienische Schiedsrichter Nicola Rizzoli ließ weiterlaufen und entschied korrekt. Wie auch im restlichen Spiel machte der Unparteiische einen guten, souveränen Eindruck und empfahl sich für den weiteren Turnierverlauf. Frankreich verteidigte lange Zeit gut, machte nach 19 Minuten aber den ersten Fehler und der rächte sich.
Zum ersten Mal trat die linke Seite der Spanier in Erscheinung als Andrès Iniesta Jordi Alba den Ball in den Lauf passte. Der Flügelflitzer setzte sich gegen Réveillère durch und flankte den Ball in die Mitte auf den vollkommen frei stehenden Xabi Alonso, der keine Probleme hatte, die Führung zu erzielen. Der Fehler der Franzosen lag nicht nur in der Innenverteidigung, die sich zu zweit auf den am ersten Pfosten stehenden Fàbregas konzentriert hatte, sondern vor allem bei Malouda, der im Halbfeld einfach zuschaute, wie Xabi Alonso den Weg zu seinem Tor machte.
Frankreich lief lange Zeit gegen die starke spanische Abwehr (nur drei Gegentore, in den letzten 13 Turnierspielen) an, ohne zu Chancen zu kommen. Erst ein Freistoß von Yohan Cabaye aus 25 Metern zwang Iker Casillas zu einem ernsthaften Eingriff. In der zweiten Halbzeit mussten die Franzosen mehr Risiko eingehen, um ein mögliches Halbfinale zu erreichen. Und das versuchten sie phasenweise.
Xabi Alonso zum Zweiten
Nach rund einer Stunde kamen die Franzosen binnen weniger Minuten ein ums andere Mal zu Torgelegenheiten. Allerdings bekamen sie den Ball im letzten Augenblick nicht ordentlich unter Kontrolle. Dem Spiel tat diese Abwechslung gut. Denn Frankreich traute sich nun mehr zu und flankte meistens über Franck Ribéry gefährlich in den Strafraum des Titelverteidigers.
Es fehlte aber noch an Abnehmer. Von Spanien sah man in der zweiten Halbzeit kaum noch starke Offensivaktionen. Wenn dann hieß es aber Alarmstufe Rot. So geschehen in der 62. Minute, als Xavi Fàbregas steil schickte und Hugo Lloris gut aufgepasst hatte und mit einer Großtat rettete.
Eine Viertelstunde vor Schluss setzte Laurent Blanc endgültig auf Angriff und wechselte mit Olivier Giroud einen weiteren Stürmer für Yann M'Vila ein. Doch die nächste Chance hatte Spanien, wobei der zwischenzeitlich ins Spiel gekommene Torres aber im Abseits stand. Frankreich machte generell im Aufbau zu viele Fehler und vor allem im Spiel ohne Ball machte die equipe tricolore einen schlechten Eindruck. Kaum Bewegung, kein Aufrücken und die fehlende Genauigkeit machte es Spanien leicht, den Rest des Spiels zu überbrücken.
Kurz vor Abpfiff machte Spanien alles klar. Der neu ins Spiel gekommen Pedro wurde im Strafraum von Réveillère zu Fall gebracht. Den folgenden Elfmeter verwandelte Xabi Alonso in der 90. Minute und erzielte seinen zweiten Treffer in seinem 100. Länderspiel.
Im Endeffekt war es ein verdienter Sieg für die Spanier, die nur das Nötigste an Aufwand leisten mussten und damit relativ ungefährdet eine Runde weiter kamen. Die anfangs erwähnte Statistik brachte Frankreich wenig. Ohne läuferischen Einsatz und kreative Ideen ist es eine logische Konsequenz, frühzeitig die Heimreise antreten zu dürfen.
Tobi Becker