EM 2012 Wer braucht dieses Turnier? Aller Anfang ist schwer

Als die Einnahmen durch den Verkauf der TV-Rechte noch kein Faktor im Fußball waren, war die Etablierung eines neuen Wettbewerbs noch kein Selbstgänger.

Die erste offizielle Europameisterschaft, durchgeführt noch unter dem Namen "Europapokal der Nationen" entpuppte sich als schwere Geburt. Beim UEFA-Kongress im Juni 1957 in Kopenhagen hatte man sich in einer Kampfabstimmung dazu durchgerungen, ein solches Kontinentalturnier anzuberaumen, auch gegen den Widerstand einiger großer Fußballnationen. Während die britischen Verbände die Befürchtung hegten, ein solches Turnier könnte negative Auswirkungen auf den heimischen Ligabetrieb haben, stieß die Veranstaltung auch beim DFB - Bundestrainer Sepp Herperger hielt die Veranstaltung für Zeitverschwendung, was zählte, waren Weltmeisterschaften - oder der Federazione Italiana Giuoco Calcio aus Italien beziehungsweise beim Koninklijke Nederlandse Voetbal Bond auf wenig Gegenliebe.

Real regiert Europa

Auf Clubebene begannen die europäischen Wettbewerbe gerade aufzublühen. Im Messepokal (1955-71), aus dem später der UEFA-Pokal hervorging, dominierten englische, spanische und italienische Teams, der Europapokal der Landesmeister wurde von Real Madrid beherrscht, das den Titel ab 1956 fünfmal in Folge erringen konnte - in Abwesenheit englischer Teams, denen die Teilnahme zunächst verboten blieb, mit einer ähnlichen Argumentation, mit der man sich auch gegen eine Europameisterschaft aussprach. Und zwar in Finalspielen unter anderem gegen AC Florenz (56/57), AC Mailand (1957/58) und Eintracht Frankfurt (59/60).

Mit anderen Worten, mit der spanischen Nationalmannschaft war zwar eine der führenden Fußballnationen des Kontinents am Start, aber andere Großmächte des Sports wie Italien, Deutschland, England, Schottland übten diskrete Zurückhaltung.

K.o-Runden von Anfang an

Das Teilnehmerfeld wurde auf 16 Mannschaften festgelegt, da aber bei Ablauf der Meldefrist am 15.2 1959 erst 15 Länder gemeldet hatten, musste diese Frist, da die UEFA bestimmt hatte, dass mindestens 16 Nationen teilnehmen sollten, noch einmal verlängert werden. Gespielt wurde im K.o-Modus mit Hin- und Rückspiel. Die Verlängerung der Meldefrist führte zu dem Kuriosum, dass die ersten Achtelfinalspiele schon gespielt waren, als noch gar nicht alle Teilnehmer feststanden.

Der DFB blieb dem Turnier ebenso wie England, Schottland, die Niederlande oder auch Italien fern, dafür hatte der DFV eine Mannschaft gemeldet. Die Mannschaft der DDR schied im Achtelfinale gegen Portugal nach zwei Niederlagen aus.

Der spanische Sonderweg - Franco schaltet sich ein

Für die Endrunde in Frankreich qualifizierten sich vier Mannschaften, Frankreich, Jugoslawien, die UdSSR und die Tschechoslowakei. Doch wo waren die favorisierten Spanier geblieben? Am grünen Tisch waren sie im Viertelfinale aus dem Turnier geflogen. General Franco hatte der iberischen Nationalmannschaft untersagt, die Reise zum Hinspiel in die Sowjetunion anzutreten, er konnte den Sowjets nicht vergessen, dass sie auf Seiten der internationalen Brigaden im spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatten. Unvorstellbar in einer Zeit, in der Sepp Blatter wahrscheinlich kurzerhand die Regierungsmacht in Spanien übernommen hätte, fiel die Partie der Politik zum Opfer.

Erster Europameister wurde die Auswahl der Sowjetunion, die sich im Finale gegen Jugoslawien mit 2:1 nach Verlängerung durchsetzte.

Olaf Edig

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