Fußball-Bundesliga Bayern rauschen in die Krise

Der schlechteste Saisonstart seit 31 Jahren, eine überforderte Mannschaft und ein genervter Manager - mit der Niederlage gegen Hannover 96 hat sich der FC Bayern in die Krise rotiert. Jürgen Klinsmann steht von jetzt an massiv unter Druck. Die Zweifel an seinen Aufstellungen wachsen.

Jürgen Klinsmann verließ die Trainerbank nach dem Abpfiff kreidebleich, Manager Uli Hoeneß analysierte die Situation mit hochrotem Kopf und Mannschaftskapitän Mark van Bommel sah angesichts des zweiten herben Rückschlags binnen einer Woche erstmal schwarz. "Bei Bayern ist eine kleine Krise schon eine große Krise", sagte der Niederländer nach der 0:1-Pleite gegen Hannover 96 und brachte die frustrierte Stimmungslage beim Titelverteidiger auf den Punkt.

"Natürlich herrscht bei uns jetzt nicht gerade Jubel", meinte Hoeneß: "Es sind eine Menge Mannschaften vor uns. Die Anblick der Tabelle nervt mich." Mit nur zwei Siegen aus den ersten sechs Saisonspielen bleibt dem Klassenprimus der vergangenen Saison derzeit nur ein Platz im Mittelfeld - Spitzenreiter Hamburger SV ist bereits um fünf Punkte enteilt.

Hoeneß warnt, Klinsmann relativiert

Folgerichtig warnte Hoeneß nach dem schlechtesten Saisonstart seit 31 Jahren: "So kann es für uns nicht weitergehen. Sonst wird der Abstand nach oben zu groß", wetterte der Manager, dem auch noch das 2:5-Heimdebakel eine Woche zuvor gegen Werder Bremen in den Knochen zu stecken schien.

Klinsmann versuchte derweil, die Lage zu relativieren. "Natürlich war der Start nicht optimal, aber die Spielzeit hat gerade erst begonnen", sagte der Coach und richtete sich schon einmal auf ungemütliche Tage ein: "Dass im Umfeld jetzt Wind aufgebaut wird, ist normal. Dass so etwas passiert, muss einem klar sein, wenn man das Traineramt bei Bayern München übernimmt."

Eine Handschrift Klinsmanns war nicht zu erkennen

Eine Handschrift Klinsmanns war in Hannover nicht zu erkennen. Dafür hatte er seine Linie zumindest vor dem Spiel noch einmal klar gemacht: Der 44-Jährige setzte auch bei den Niedersachsen auf Rotation. Wurde im DFB-Pokalspiel unter der Woche gegen den 1. FC Nürnberg (2:0) noch van Bommel zum Bankdrücker, mussten nun andere tatenlos zusehen. Nationalspieler Bastian Schweinsteiger blieb 90 Minuten lang Reservist, die Brasilianer Ze Roberto und Lucio standen nicht einmal im Kader.

"Das war nicht unser Problem und angesichts der Fülle der Spiele, die uns erwartet, eine ganz logische Entscheidung. Ich würde es wieder so machen. Wir haben genug Spieler im Kader, die einer Partie ihren Stempel aufdrücken können", meinte Klinsmann und erhielt von Hoeneß Unterstützung: "Man kann das Ergebnis nicht an der Rotation festmachen. Breno ist neu in die Mannschaft gekommen und war unser Bester. Das kann also nicht der Grund gewesen sein."

Hannover nutzte die Rotationsschwäche der Bayern

Die Hannoveraner beurteilten die Rotation der Bayern ganz anders: "Wir haben uns schon verarscht gefühlt", sagte 96-Stürmer Mike Hanke zu Klinsmanns merkwürdigen Tausch-Aktionen: "Da hat uns unser Trainer gesagt: Jetzt erst recht." Hannovers Nationalkeeper Robert Enke erklärte: "Wir haben gesehen, dass sie viel rotiert haben und wussten, dass sie in dieser Formation nicht eingespielt sein können. Das wollten wir ausnutzen, und das ist uns gelungen."

Offensichtlich war ebenfalls, dass die Bayern die Partie trotz der vorhergehenden 2:5-Pleite gegen Werder nicht ernst genug nahmen. Allzu lässig und behäbig agierten sie und begnügten sich in der Anfangsphase mit Ballbesitz, ohne gefährlich zu werden. Zudem gelang es ihnen nicht, ihr Spiel nach dem Gegentor auf die veränderte Situation einzustellen. Franck Ribéry, der die ersten 45 Minuten unverständlicherweise auf der Bank saß und nach seiner Einwechslung dem Spiel der Bayern auch nicht die nötigen Impulse geben konnte, stellte fest: "Momentan laufen wir hinterher. Wenn man nicht die nötige Aggressivität zeigt, kann man auch nicht gewinnen".

Gegen Lyon soll soll alles besser machen

Es klang wie ein Offenbarungseid, als Klinsmann feststellte: "Um das Spiel umzudrehen hat uns vieles gefehlt: Kreativität, Spielwitz, Spiel ohne Ball und Überraschungsmomente." Zwei Niederlagen - so viele hatte Klinsmanns Vorgänger Ottmar Hitzfeld mit dem FC Bayern in der gesamten letzten Meister-Saison kassiert.

Schon am Dienstag in der Champions-League-Partie gegen den französischen Meister Olympique Lyon soll aber vieles besser werden - mit Ribery in der Startformation. "Ich fühle mich gut und gehe davon aus, dass ich von Beginn an dabei bin", meinte der Mittelfeldspieler.

In Hannover war man nach dem ersten Heimsieg über die Bayern seit dem 16. April 1988 (2:1) hingegen naturgemäß zufrieden. "Der Mannschaft ist es gelungen, den Gegner in ein Kampfspiel zu verwickeln. Wir haben Leidenschaft und Engagement gezeigt, spielerisch müssen wir uns aber noch steigern", erklärte Trainer Dieter Hecking, nachdem Szabolcs Huszti den Erfolg vor 49.000 Zuschauern in Hannovers ausverkaufter Arena mit einem schönen Freistoß-Tor herausgeschossen hatte (23.).

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