Ratlos standen die Presseleute in der Interview-Zone der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena. Sie schauten sich an, überlegten, wogen ab und waren sich letztlich einig: Nämlich darin, nichts so richtig genau zu wissen. Was anfangen mit dem trostlosen 0:0 im ehemaligen Südgipfel zwischen dem kriselnden VfB und dem einst so großen FC Bayern München? Was tun, wer nur kann helfen bei der Analyse?
Dann aber kam einer um die Ecke, der Erlösung brachte: Bayern-Manager Uli Hoeneß. Wie immer mit hochrotem Kopf, bestimmt und schnellen Schrittes ging er an der Meute vorbei, bis er gestoppt wurde und klar machte, woran das unkreative Bayern-Spiel gelegen hat: "Ohne Ribéry und Robben ist der FC Bayern nicht der selbe Verein", gab er offenherzig zu.
Die Bayern heute: Unkreativ, ideenlos
Und selten traf eine Hoeneß-Analyse besser. Über 90 Minuten hatten die Bayern so gut wie keine Torchance herausgespielt, agierten behäbig und fehlerhaft. Eine Serie wollen sie jetzt starten, hatten sie nach dem klaren DFB-Pokalsieg bei der unterirdischer Frankfurter Eintracht gesagt. Davon war in Stuttgart nichts zu spüren. Selbst zwar tapfer kämpfende, aber völlig verunsicherte Schwaben waren für das Star-Ensemble zu stark, um zu siegen.
Am Fehlen von Franck Ribéry und Arjen Robben lag es also. Natürlich ist jede Spitzenmannschaft von ihren Stars abhängig, aber selten ist diese Abhängigkeit so tragisch ausgeprägt wie in München. Ob Bastian Schweinsteiger, Phillip Lahm oder Thomas Müller: Sie alle bestätigten nach der Partie, wie sehr ihnen Ribéry und Robben abgehen. Ohne diese beiden sind die Bayern eine Durchschnittsmannschaft, ohne kreative Impulsgeber, ohne Ideenreichtum, mit vielen van Bommels, Timoschtschuks, Braafheids.
Der VfB: Auferstehung verschoben
So wurde die Mercedes-Benz-Arena an diesem Samstagnachmittag zum Ort der gefährlichen Liebschaften und verhängnisvollen Affären. Auf der einen Seite die Bayern mit ihren beiden verletzten Lieblingen, auf der anderen Seite die Stuttgarter mit ihrer möglicherweise fatalen Männerfreundschaft zwischen Teamchef Markus Babbel und Sportdirektor Horst Heldt. Denn der Punktgewinn bringt die Schwaben kein Stück weiter. "Wir müssen jetzt höllisch aufpassen, dass wir das nicht schönreden", sagte Babbel nach dem Spiel und hatte Recht. Denn die Stuttgarter stecken weiter ganz tief im Schlamassel.
Da Babbel im Vorfeld der Partie scheinbar sämtliche Taktikkniffe und personelle Winkelzüge ausgegangen waren, hatte er tief in die Psycho-Kiste gegriffen. Positive Schlagzeilen hatte er sich von den Medien gewünscht und seine Spieler bereits vor dem Anpfiff in die Fankurve geschickt, um die die so dringend benötigte Unterstützung einzufordern. Maßnahmen eines Verzweifelten, die letztlich ohne Wirkung blieben. Man muss sich fragen, was der VfB jetzt noch tun kann. Mit der gezeigten Leistung wird es am Mittwoch in der Champions League in Sevilla eine Klatsche geben. "Das reicht nicht" sagte Zdrako Kuzmanovic zu stern.de.
Heldt und Babbel: Fatal?
Und dann? Hält Heldt an Babbel weiter fest? Entlässt er ihn, um sich selbst zu schützen? Gehen beide? Fragen, die man sich stellen muss. Klar ist: Heldt hat sich mit seinem Festhalten an Kumpel Babbel in eine Zwickmühle gebracht. Denn der hat alle möglichen Maßnahmen ausgeschöpft. Taktikwechsel, Spielerrochaden, individuelle Motivationsansprachen - Babbels Trainer-ABC dürfte erschöpft sein. Und nur mit viel Kampf und noch mehr Krampf wie gegen Bayern wird der VfB nicht aus der Krise kommen. Eine Niederlage in Andalusien - Babbels endgültiges Ende?
Aber auch die Bayern haben in der kommenden Woche ihr kleines Schicksalsspiel. Gegen Girondins Bourdeaux muss gewonnen werden, um nicht aus der so wichtigen Champions League auszuscheiden. "Ich bin sehr nervös vor diesem Spiel", gab Hoeneß zu. Kein Wunder: Denn mit der Leistung von Stuttgart werden die Bayern gegen den französischen Meister nicht bestehen können.
Und so kommen wieder die ominösen Zwei ins Spiel. Robben wird gegen Bordeaux wohl auflaufen können, Ribéry wird weiter fehlen. Aber wenn dann beide wieder fit sein sollten, dann, ja dann, wusste Hoeneß am Ende des Tages ganz genau, wie es mit den Bayern weitergeht: "Noch vor Weihnachten stehen wir auf Platz eins der Tabelle." Sagte es und ging. Und hinterließ dann ob dieser Prognose doch wieder ratlose Journalisten.