Von Rensing zu Butt Gefährliche Torwart-Debatte

Von Sebastian Krass, Barcelona
Neben all dem sportlichen Misserfolg hat Jürgen Klinsmann nun auch noch eine Torwart-Debatte angeheizt. Durch den überflüssigen Wechsel von Rensing zu Butt in Barcelona hat er die Autorität des jungen Rensing untergraben. Eine heikle Personalentscheidung, die schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann.

Michael Rensing lächelte, bevor er zum Bus ging. Doch es war kein reines Höflichkeitslächeln, es war ein hintergründiges Lächeln. Das verstand man sofort - nach dem, was er zuvor gesagt hatte. "Ich kann froh sein, dass ich heute in der ersten Halbzeit nicht im Tor gestanden bin - wobei ich’s gern wäre", hatte der für diesen einen Abend degradierte Stamm-Schlussmann des FC Bayern München gesprochen. Worte, die verrieten, dass ihm zwei gänzlich widerstreitende Emotionen gleichzeitig durch den Kopf gingen: Erleichterung und Enttäuschung.

"Ich war geschockt"

Jürgen Klinsmann war am Mittwochmittag, ein paar Stunden also vor Anpfiff der Partie FC Barcelona gegen Bayern München, zu Rensing auf das Zimmer gekommen und hatte ihn darüber informiert, dass am Abend der 34-jährige Ersatztormann Hans-Jörg Butt das Viertelfinal-Hinspiel der Champions League spielen werde. Ausgerechnet an diesem Abend, im aufregendsten Spiel der Saison. "Ich war geschockt", berichtete Rensing. "Ich hatte mich auf dieses Spiel extrem vorbereitet und auch wahnsinnig gefreut." Er hatte das Bedürfnis, sein Unverständnis mit der Öffentlichkeit zu teilen. Deshalb erzählte der 24-Jährige auch ein wenig über den Inhalt des Gesprächs mit seinem Trainer. "Er hat mir gesagt, dass er mit meiner Entwicklung zufrieden ist. Aber dass es bei ihm ein Gefühl war. Dass er heute die Erfahrung ausnutzen wollte", sagte Rensing.

Gefährliche Debatte

Was hat Klinsmann mit dieser Personalie erreicht? Nichts, was ihm nutzen würde. Butt war bei allen Treffern zum 0:4 genauso chancenlos, wie es Rensing gewesen wäre. Der Trainer selbst gab zu: "Jörg war das ärmste Schwein." Dafür hat Klinsmann nun selbst eine gefährliche Debatte wieder voll in Schwung gebracht, die in den vergangenen Wochen angesichts all der anderen Probleme erlahmt war: Ob Rensing wirklich der geeignete Kahn-Nachfolger ist?

Rensings Autorität beschädigt

Doch das allein ist noch nicht das Bemerkenswerte an der Geschichte. Einen Torwart zu tauschen, verstößt ja nicht gegen das Grundgesetz. Den Konkurrenzkampf zu schüren, ist meist sogar der Leistung von Sportlern förderlich – wie gerade Klinsmann in seiner Bundestrainerzeit mit dem Exempel Kahn-Lehmann bewies. Schwer zu verstehen wird seine Entscheidung dadurch, dass er den Konkurrenzkampf zwischen Rensing und Butt nicht wirklich eröffnet. Stattdessen wird am Samstag ein in seiner Autorität beschädigter Rensing zwischen den Pfosten stehen, ein Torwart, dem just dies stets angekreidet wurde: dass er nicht die nötige Präsenz und einschüchternde Ausstrahlung hat. Gut möglich, dass diese Entscheidung mit voller Wucht auf Klinsmann zurückfällt. Wenn nämlich Rensing gegen Frankfurt ein Fehler passieren sollte, der die Bayern den Sieg kostet. Dann dürfte der Trainer kaum noch im Amt zu halten sein. Am Donnerstamittag stellte Klinsmann sich auf dem Flughafen in Barcelona noch einmal den Fragen der Reporter. Angegriffen wirkte er, seine Aussagen wirkten belegt. "Es heißt nicht, dass es jetzt fünf vor zwölf ist. Es sind in der Liga noch acht Spiele und 24 Punkte zu vergeben. Daran wird der Trainer gemessen und jeder einzelne Spieler." Ob er inzwischen die Lust verloren habe, wollte einer wissen. "In keinster Weise"“ Er habe "keine Zweifel, dass die Mannschaft am Samstag eine Reaktion zeigt."

"Es liegt nicht immer nur am Torwart"

Natürlich musste sich auch Michael Rensing fragen lassen, ob er beim FC Bayern noch eine Zukunft über die laufende Saison hinaus habe. "So weit würde ich mich nicht aus dem Fenster lehnen. Ich kann mir nach den letzten Wochen keinen Vorwurf machen. Ich habe mir keine Dinger selbst reingeworfen. Im Gegenteil, ich habe eher in den letzten Wochen gute Leistungen gebracht", antwortete er. Und dann ging Rensing sogar noch in die Offensive. "Man hat heute gesehen, dass es nicht immer nur am Torwart liegt, dass die Probleme ganz woanders liegen. Deswegen mache ich mir um meine Zukunft gar keine Sorgen." Mit dem ersten Teil dieser Aussage hat er zweifelsohne Recht. Der zweite Teil aber könnte etwas zu optimistisch gedacht sein.

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