Michael Ballack, verletzter Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, warnt die deutschen Fans vor zu hohen Erwartungen für die WM in Südafrika. "Schon nach der Auslosung hatte ich gesagt: Die Leute sollten wissen, dass du in der Vorrunde gegen jeden verlieren kannst. Australien, Serbien, Ghana, das sind athletische, robuste Teams. Unsere Mannschaft muss am Limit spielen, um in der K.-o.-Runde große Nationen zu schlagen. Das war vor meinem Ausfall so, das ist jetzt immer noch so", sagte Ballack in einem exklusiven Interview in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des stern.
Dennoch sei Hoffnung angebracht, so Ballack: "Unsere Mannschaft hat eine gute Mentalität, sie wird sich nicht verstecken, sie wird sich reinhauen, an die Leistungsgrenze gehen. Joachim Löw wird das Optimum rauskitzeln, davon bin ich überzeugt. Bei den letzten Turnieren wurden wir Zweiter und Dritter, warum soll so etwas nicht wieder klappen?", fragt er im stern.
"Denn du bekommst erst Respekt, wenn du gewinnst"
Allerdings sei der Druck enorm, den die Spieler jetzt, so kurz vor dem Start der WM, verspürten. "Deutschland ist eine Nation, die gewinnen muss. Als ich im Februar die deutschen Sportler bei den Olympischen Winterspielen sah, dachte ich: Denen geht es wie uns. Du hast dich unwahrscheinlich quälen müssen, um überhaupt dahinzugelangen, aber jetzt beginnt erst die richtige Qual. Denn du bekommst erst Respekt, wenn du gewinnst." Diese Ausgangslage sei "für Sportler brutal. Und für junge Sportler erst recht. Das wird auch unserer Truppe in Südafrika so gehen. Furchtbar ist das als Mannschaft, wenn erst ab dem Halbfinale ein Turnier zu genießen ist. Alles andere bedeutet Versagen. Am Anfang geht es also nur darum, die Katastrophe zu verhindern. Das treibt dich zwar, es pusht dich, aber es ist auch ein gnadenloses Spiel."
Lesen Sie ...
... das gesamte Interview mit Michael Ballack im neuen stern
Ballack, der München 2006 verließ, analysiert im stern auch den Erfolg des Champions-League-Finalisten FC Bayern 2010: Bei dem habe "in den letzten Jahren ein totales Umdenken stattgefunden. Sie nehmen unheimlich viel Geld in die Hand, sagen sich, wir zahlen genauso hohe Ablösesummen und Gehälter wie die anderen. Und die Bayern sind belohnt worden für ihr Risiko."
Auch zu seinen eigenen Planungen äußerte sich Ballack in dem Interview. Bei Chelsea läuft sein Vertrag aus, ein neuer ist noch nicht geschlossen, seine Zukunft als Nationalspieler scheint offen. Ob er nicht fürchte, dass eine erfolgreiche WM bedeuten würde, dass er selbst beim DFB nicht mehr gebraucht werde? Ballack: "Zunächst mal wäre es ja schön, wenn den Jungs das glücken würde. Was mich betrifft, ich würde das sportlich sehen. Dem Konkurrenzkampf habe ich mich immer gestellt. Ich könnte mir schon vorstellen, die Europameisterschaft 2012 zu spielen. Wenn ich die Struktur des Teams sehe, bin ich auch überzeugt, noch von Nutzen zu sein."
P.S.: Wir möchten Ihre Meinung dazu hören: Sind Sie tatsächlich nur dann glücklich, wenn Deutschland Weltmeister wird? Diskutieren Sie das Thema auf Fankurve 2010 der Facebook-Fußballfanseite von stern.de.