Selten hat so wenig Stoff so viele Reaktionen ausgelöst. Der Weltverband Fifa hatte sieben europäischen Teilnehmern am Montag untersagt, während der WM in Katar mit einer "One Love"-Kapitänsbinde zu spielen. Der Aufschrei war riesig – zumindest in den betroffenen Ländern. Was in Deutschland, England und den Niederlanden heftige Debatten ausgelöst hat, findet in den meisten anderen Teilnehmernationen nur wenig Beachtung.
Japan soll sich "nur auf den Fußball konzentrieren"
Der Präsident des japanischen Fußballverbands, Kozo Tashima, erklärte am Montag, dass sich die "Samurai Blue" nicht öffentlich an der Diskussion beteiligen würden, berichtete die englischsprachige japanische Tageszeitung "Japan Times". Japan wolle sich nicht einmischen, so Tashima. "Es ist nicht gut, zu diesem Zeitpunkt über andere Dinge als Fußball zu sprechen", habe Tashima vor Journalisten im japanischen Trainingslager erklärt.
Der erste Gruppengegner der deutschen Nationalmannschaft werde sich "nur auf den Fußball konzentrieren". "Ich hoffe, dass andere Mannschaften das Gleiche tun", so der Verbandspräsident weiter.
Auch Rekord-Weltmeister Brasilien plane keine Art des Protests, berichtet die US-Nachrichtenagentur AP. Stürmer Richarlison sagte allerdings, er würde "alles unterstützen", was andere Spieler oder Nationalmannschaften tun. "Wir leben in einer gefährlichen Welt, in der es nicht erlaubt ist, eine Meinung zu haben", habe er auf die Nachfrage der Journalisten im brasilianischen Trainingslager erklärt. "Ich unterstütze jede Sache da draußen."
USA zeigen Regenbogenversion des Verband-Wappens auf dem Trainingsgelände
Mehr Aufmerksamkeit bekam die Debatte in den US-Medien. Die USA gehörten allerdings nicht zur Riege der sieben Nationalteams, deren Spielführer mit der "One Love"-Binden hatten auflaufen wollen. Bei der ersten WM-Partie trug Kapitän Tyler Adams die offizielle Fifa-Binde mit der Aufschrift "No Discrimination". Die "Soccer Boys" zeigten ihre Unterstützung für die queere Gemeinde auf andere Art. Der US-Fußballverband verwendet eine Regenbogenversion seines Wappens auf dem Trainingsgelände. "Wenn wir auf der Weltbühne stehen und in einem Land wie Katar spielen, ist es wichtig, auf diese Themen aufmerksam zu machen", sagte US-Trainer Gregg Berhalter laut "Washington Post" vor Turnierbeginn.
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In Australien meldete sich Profifußballer Josh Cavallo zu Wort. "Fifa, du hast meinen Respekt verloren", schrieb der 23-Jährige laut einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders SBS. Der 23-Jährige Spieler des australischen Klubs Adelaide United hatte sich als erster aktiver Erstliga-Profi im Oktober 2021 öffentlich als schwul geoutet. "Nach all der Arbeit, die wir leisten, um den Fußball inklusiver zu machen, habt ihr gezeigt, dass der Fußball kein Ort für alle ist", so Cavallo. Der Kapitän der australischen Nationalelf, Mat Ryan, hatte gemeinsam mit 15 weiteren "Socceroos" eine Videobotschaft veröffentlicht, in der sie das Gastgeberland aufforderten, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu entkriminalisieren. Zur One-Love-Debatte äußerte sich Ryan allerdings sehr zurückhaltend: "Ich habe keinen Kommentar. Wir haben unsere Erklärung mit unserer Spielergewerkschaft abgegeben. Das ist alles, was wir kontrollieren können."