Aus im Viertelfinale Ach, Schiri! Wilton Sampaio sorgt dafür, dass Englands WM-Fluch weiterlebt

Jude Bellingham mit Schiri Wilton Sampaio
Nicht nur Jude Bellingham war mit der Arbeit von Schiedsrichter Wilton Sampaio im WM-Viertelfinalspiel nicht einverstanden.
© Richard Heathcote/Getty Images
Die Engländer waren reif für den nächsten großen Titel. Dass es bei diesen Weltmeisterschaften in Katar wieder nichts damit werden sollte, das haben die Briten auch dem Schiedsrichter des Viertelfinalspiels gegen Frankreich zu verdanken.

Es ist so leicht, auf den Schiedsrichter zu schimpfen. So leicht. Eigentlich sollte man es sich immer verkneifen. Nur diesmal, nach diesem wohl besten Spiel der WM bislang, Frankreich gegen England, bleibt einem kaum etwas anderes übrig. Denn der Brasilianer Wilton Sampaio hatte am Samstagabend, vorsichtig ausgedrückt, eine eigenwillige Art zu pfeifen. Da stutzten nicht nur die Akteure auf dem Platz und an der Seitenlinie, auch die Kommentatoren des ZDF waren mitunter ratlos und machten daraus auch keinen Hehl.

Unglücklich war das für alle Beteiligten, aber besonders für die Briten. Denn die waren ein paar Mal zu oft die Leidtragenden und müssen sich mitunter gefühlt haben, als hätte Frankreich einen zwölften Mann im Spiel. Foul um Foul legten die Franzosen Brite für Brite auf den Platz. Der Schiedsrichter aber blieb – nun – großzügig, beraubte damit die Three Lions nicht nur einmal eines Strafstoßes. Das sahen auch England-Ikone Gary Lineker und ZDF-Experte Per Mertesacker so. Belege dafür, dass Sampaio keine gute Figur auf dem Platz machte, vielleicht war es Überforderung, wer weiß das schon, gibt es zuhauf.

Foul oder kein Foul – das war nicht nur einmal die strittige Frage

Mindestens vier Szenen ließen die Gemüter aber während und auch nach dem Spiel besonders erhitzen. Das erste Mal hatte Bukayo Saka, der an diesem Abend ein Riesenspiel machte, später für die Briten auch noch einen Elfer rausholte, das Nachsehen. In Minute 18. wurde er beim Entstehen des Führungstreffers der Franzosen umgemäht. Für Lineker ein deutliches Foul. Für Mertesacker ein deutliches Foul. Für Sampaio nichts. "Ich hätte mir gewünscht, dass der Schiedsrichter sofort abpfeift und sofort Foul gibt für Saka“, kommentierte der Ex-Nationalspieler Mertesacker. Ein Wunsch, den er sicher nicht als einziger hegte. 

Nur sieben Minuten später schon die nächste Situation, die für ungläubiges Erstaunen sorgte. Bayern-Profi Dayot Upamecano hatte den Kapitän der Briten, Harry Kane, an der Strafraumgrenze flachgelegt. Lineker erkannte einen hundertprozentigen Elfmeter, der Schiedsrichter wollte davon aber nichts wissen, verzichtete sogar darauf, sich die Szene noch einmal anzusehen. Wieder kein Elfmeter, noch nicht einmal ein Freistoß für die Briten. "Ein einziges Mal, könnte eine Entscheidung zu unseren Gunsten getroffen werden“, twitterte Lineker angefasst.  Aber nichts, nada, niente. Das wollte auch Schiedsrichter Patrick Ittrich, Experte bei Magenta TV, so nicht stehen lassen. "Es wäre ganz gut gewesen, wenn der Schiri Foulspiel erkannt hätte. Ich verstehe es nicht", sagte er.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Twitter / X integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Mertesacker fand für das, was da in der Anfangszeit des Viertelfinals passierte, deutlichere Worte: "In 20 Minuten wurden die Engländer wirklich in zwei guten Situationen beraubt und dann ist daraus eben das Tor entstanden." Es sei schade, dass der Schiedsrichter dort kein glückliches Händchen gehabt hätte, so Mertesacker. Ja. Schade – vor allem für die Briten. Und das Elend ging weiter. In Minute 78., als Olivier Giroud die Franzosen wieder in Führung schoss, sah ZDF-Schiri-Experte Manuel Gräfe nicht nur den Kopf am Tor mitwirken, sondern auch einen Arm. Hätte der Video Assistant Referee das auch so gesehen, hätte das Tor aberkannt werden müssen. Hat er nicht. Na gut, geschenkt.

Viele Chancen, aber kein Glück

Aber nur drei Minuten später schon wieder so ein Sampaio-Knüller. Der Franzose Theo Hernández haute Mason Mount im Strafraum um. Er rammte ihm den Ellenbogen in den Rücken, schaute dabei nicht mal auf den Ball. Eindeutiges Foul, meinen die ZDF-Kommentatoren. Sampaio aber lässt – na klar – weiterlaufen, bis der Videoassistent eingreift. Eine Rote Karte aber gab's trotzdem nicht. In Folge hatte nicht nur Jude Bellingham Fragen an den Schiri.

Haben die Franzosen diesen Sieg verdient? Die einfache Antwort: Sie haben gewonnen, also ja. Und sicher, wer wollte bestreiten, dass Les Bleus Weltklasse sind. Sie und niemand anderes sind schließlich amtierende Weltmeister und Titelverteidiger. Und trotzdem gehört zu dieser Antwort auch ein Nein. Denn richtig glanzvoll war das, was sie da auf dem Rasen in al-Chaur zeigten, nicht. Selbst Torschütze Giroud sparte nach Abpfiff an Superlativen. Die Mannschaft habe solide dagegengehalten. Und das musste sie auch. Denn die Three Lions hatten Chancen, viele Chancen auf Tore. Sie wussten sie nur nicht zu nutzen. Der Ball wollte nicht ins Netz.

Ein Elfmeter ging weit übers Tor, ein Freistoß kurz vor Abpfiff nur um haaresbreite über die Latte hinweg. Und dann stand auch noch immer Hugo Lloris im Weg. Nur ein einziges Mal in diesem furiosen Spiel war Lloris nicht da, wo der Ball war. Als Kane den ersten Elfmeter ins Eck zimmerte. Die Franzosen hatten an diesem Abend dieses berühmt-berüchtigte Quäntchen Glück. Die Briten hingegen hatten zuerst kein Glück und dann kam auch noch das Pech dazu, um es in den Worten des großen Jürgen "Kobra" Wegmann zu sagen.

Und trotzdem kämpften die Briten bis zur letzten Sekunde, sie glaubten an das Wunder. Und von denen gab es während der Weltmeisterschaft schließlich bereits mehr als eins. Erst Am Nachmittag hatte Marokko Portugal aus dem Turnier gekickt. Und dass die Briten nicht nur heiß, sondern längst auch reif für einen großen Titel sind, ist unbestritten. Die Mannschaft ist reif, das Land ist reif, Liam Gallagher war reif. Der Musiker und Ex-Frontmann von Oasis hatte vorab auf Instagram euphorisch in die Welt gepostet: "I THINK IT'S COMING HOME AGAIN. Ich glaube, es kommt zurück nach Hause". Kommt er, der Titel, aber eben nicht. Wieder ist es ein Elfmeter, der, wenn's drauf ankommt, nicht gelingen will. Das hat bei den Löwen bereits Tradition. Zuletzt belegt im EM-Finale gegen Italien 2021. So muss die große Fußballnation England also weiter warten auf den ersten großen Titel seit dem WM-Sieg 1966. 

Der England-Fluch lebt weiter – und das hatte diesmal auch etwas mit dem Schiedsrichter zu tun.

Quelle: Sportschau. Sport1DAZN, ZDF, Twitter, Instagram

PRODUKTE & TIPPS