Tennis Schüttler raus, aber glücklich

Zuerst scheiterte Rainer Schüttler in der Einzelkonkurrenz am Serben Djokovic, dann kam das Aus im Doppel. Der 31-jährige Tennisprofi enttäuschte trotz der Pleiten allerdings nicht. Zu groß war die Überraschung, dass er überhaupt noch einmal mitspielen durfte.

Die Partie ist bereits so gut wie verloren, Olympia in der Einzelkonkurrenz damit beendet, als der Tennisspieler Rainer Schüttler noch einmal zum Fan eines Ereignisses wird, dem er eine solch hohe Bedeutung in seinem Leben beimisst. Nie müde ist er geworden, vom besonderen Flair der Weltspiele zu schwärmen, nun steht es 4:6, 1:4 gegen den Serben Novak Djokovic. Die Tür zu einem späten Comeback ist längst vor ihm zugefallen, zu hart und präzise die Grundschläge, zu erbarmungslos der Aufschlag seines Gegners. Dann ruft ein Zuschauer beim Wechsel noch einmal: "Weiter Rainer!"

Ob es ein Fan war oder doch einer aus dem insgesamt 800 Mann starken deutschen Tross gewesen ist, lässt sich nicht ermitteln. Schüttler blickt auf, was für sich betrachtet schon ungewöhnlich ist, denn längst gehört der Flachs zwischen Fans und Spielern im modernen Tennis der Vergangenheit an. Der Fokus bleibt zu jeder Zeit beim Spiel. Schüttler lächelt also und ballt die Faust. Er werde es noch einmal versuchen, soll es heißen. Vor allem aber dokumentiert die Geste, dass es an der Zeit ist, die letzten Momente seines Einzels noch einmal in vollen Zügen zu genießen. Eine Art Abschied ist es. Ein paar Minuten später ist es dann vorbei. 4:6, 2:6 – eine deutliche Niederlage.

Gekämpft wie ein Löwe

Schüttler packt seine Tasche. Kurz darauf wird er auch im Doppel verlieren, an der Seite von Nicolas Kiefer gegen die Österreicher Julian Knowle und Jürgen Melzer, nach gewonnenem ersten Satz. Noch einmal Olympia, ein lohnendes Ziel ist es für ihn gewesen. Gekämpft wie ein Löwe hatte er für seinen Traum von der dritten Teilnahme. Vor den Sportgerichtshof Cas zog er mit seinem Gesuch um Aufnahme in das Feld von Peking. Der Weltverband ITF war nicht dem Nationalen Olympischen Komitee gefolgt, das ihn vorgeschlagen hatte. Schüttler bekam Recht, das Vorspiel war schon einmal gewonnen.

Allein auf dem Court Nummer eins des Tenniscenters von Peking entpuppt sich Novak Djokovic bei schwülheißen Temperaturen am Dienstag bereits in der zweiten Runde als eine Nummer zu groß. Schüttler kämpft, Schüttler rennt, wie er das seit über zehn Jahren nun in jedem Spiel tut. Vergebens. Und doch bleibt keine Wehmut. Er hat das Flair Olympias noch einmal erlebt, zum dritten Mal. In Badeschlappen sitzt er danach im Interviewraum zwei. Der Kopf ist noch rot von der Hitze. Noch einmal Olympia. Er hat selbst nicht mehr daran geglaubt. "Ich bin glücklich, noch einmal hier zu sein", sagt er. Jedes Mal sei der Genuss größer. "Ich kenne mittlerweile so viele Sportler. Es macht Spaß, mit denen im Restaurant zu sitzen, beim Beachvolleyball zuzuschauen." Am Samstag wolle er nach Hause reisen, vielleicht mit Kiefer zusammen Anfang der kommenden Woche direkt zu den US-Open nach New York fliegen. "Es hat sich gelohnt, es ist echt ein schönes Gefühl", sagt Rainer Schüttler zum Abschluss.

Gefühlter Sieg

Ein furioses Turnier in Wimbledon hat ihm aus heiterem Himmel noch einmal einen Start ermöglicht. Vor vier Jahren hat er in Athen mit Kiefer noch die Silbermedaille gewonnen. Es war ein Spiel für die Ewigkeit. Vier Matchbälle vermochten Kiefer und Schüttler damals nicht zu nutzen. Danach sank Schüttler so tief in der Rangliste, dass selbst enge Weggefährten nicht mehr an eine Rückkehr glaubten. Er ist noch einmal aufgetaucht, auch wenn es in Peking diesmal nur zu einer Fußnote reichte. Er verlässt China geschlagen, allerdings in der Gewissheit, dass seine Teilnahme sich diesmal wie ein Sieg angefühlt haben wird.

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