Sie lassen ihn hochleben. Sie tragen ihn auf Händen. Sie feiern ihn. Felix Loch wirkt etwas überrascht, als ihn seine Podestnachbarn David Möller und Armin Zöggeler an den Oberschenkeln packen und in die Höhe stemmen. Dann aber strahlt er. Er ist soeben der jüngste Rodel-Olympiasieger der Sportgeschichte geworden. Und das nach einem unglaublichen Husarenritt, an dessen Ende ein neuer Bahnrekord und über eine halbe Sekunde Vorsprung auf Landsmann und Silbermedaillen-Gewinner Möller standen.
"Das ist einfach unglaublich geil, mir fehlen die Worte", sagte der 20-jährige Berchtesgadener nach seiner Performance. Er konnte sein Glück kaum fassen. Selbst die deutsche Rodel-Ikone Georg Hackl war von seinem bayerischen Kronprinzen hin und weg. Hackl hatte Lochs roten Schlitten wie ein persönlicher Adjutant persönlich an die Startrampe getragen. Ein Meister hofiert seinem Nachfolger.
Mit fünf zum ersten Mal im Eiskanal
Seit Kindestagen kennt er den Youngster. Mit drei Jahren schaute Felix Loch bei "Hackl-Schorsch" in der Werkstatt vorbei und schraubte mit am Schlitten. Mit Fünf saß er erstmals in Königssee selber darauf. Der Olympiasieger hat sein großes Talent anscheinend in die Wiege gelegt bekommen. "Er hat das schon mit der Muttermilch aufgesogen", sagt Hackl über seinen Zögling. Der Nachwuchsstar kommt aus einer rodelbegeisterten Familie. Mutter Heike ist selber gerodelt, sein Vater Norbert ist der deutsche Cheftrainer.
Im Hause Loch gibt es aber auch noch andere Themen. "Da reden wir fast nur über Fußball. Felix ist großer Bayern-Fan", sagt Norbert Loch. "Wenn wir die Haustür aufschließen, ist der Rodelsport für uns im Normalfall kein Thema. Privat ist privat. Wir können alles ganz gut trennen", bestätigt Loch junior. Im Eiskanal regiert für Loch dann aber wieder die größte Leidenschaft: der Geschwindigkeitsrausch auf Kufen.
"Und dann hat die Eins gestanden"
Allein die Liebe zur Geschwindigkeit macht aber noch keinen Olympiasieger. Lochs wahre Stärken: Gelassenheit und Nervenstärke. Loch gewann alle vier Läufe. Zur Halbzeit nach zwei Läufen gab es ein gemeinsames Abendessen - und in einer langen Nacht eigentlich viel Zeit zum Grübeln. Aber nicht für Loch: "Ich habe geschlafen wie ein Baby." Und wer vielleicht im deutschen Lager befürchtet hätte, der zweimalige Weltmeister, der erst einen einzigen Weltcup-Sieg zu Buche stehen hat, könnte kurz vor dem Gold nervös werden, kam aus dem Staunen nicht heraus. Keiner konnte den Jungspund im Eiskanal mehr aufhalten. "Und dann hat die Eins gestanden", sprudelte es aus dem Olympiasieger hervor.
Bei der Konkurrenz hat sein Auftritt Eindruck hinterlassen. "Er ist der Michael Phelps des Rodelns", sagte Kanadas deutscher Trainer Wolfgang Staudinger nicht ganz ohne Übertreibung. Und der geschlagene Italiener Armin Zöggeler, selbst zweifacher Olympiasieger, meinte nur: "Riesen-Respekt!"
Dabei hatte Loch bislang keine guten Erinnerungen an Whistler gehabt. Bei einem Sturz auf der Olympiabahn im November 2008 verletzte er sich schwer an der Schulter. Noch heute plagen ihn gelegentlich Schmerzen. Der Olympia-Triumph wird da wohl das beste Schmerzmittel sein. In Zukunft wird die unangenehme Erinnerung an Whistler wohl höchstens noch für ein Schmunzeln beim neuen deutschen Rodel-Star sorgen. Vielmehr bleibt das Bild des Triumphes: ein strahlender Sieger auf den Händen der Konkurrenz.