US-Dream-Team Von der Pflicht zur Show

Die US-Basketballer haben ihr Auftaktspiel gegen Frankreich souverän gewonnen. Die Frage ist auch nicht, ob das Dream-Team bei Olympia Gold gewinnt, sondern nur, wie groß die Show wird.

Am Ende war es ein Spiel mit den Franzosen und keines gegen sie. Die amerikanischen Basketballer führten am Sonntagnachmittag ihren Gegner vor, sie tanzten ihn aus mit ihren Dribblings, sie stopften die Bälle einhändig in den Korb, es war eine Show. Die USA gewannen 98:71, Frankreich hatte nie den Hauch einer Chance.

Nach dem Spiel sagte der US-Coach Mike Krzyzweski, Frankreich habe eine tolle Partie gezeigt. "Sie waren outstanding", sagte Krzyzweski, der wegen seines konsonantenreichen Nachnamens in den Vereinigten Staaten nur "Coach K" genannt wird. Es war ein Lob aus Höflichkeit und vor allem aus Mitleid. Die Franzosen waren keinesfalls außergewöhnlich. Sie spielten auf einem ordentlichen europäischen Niveau – zu wenig gegen eine amerikanische Mannschaft, die die besten Individualisten im olympischen Turnier besitzt. Und das schon seit zwanzig Jahren.

Dream-Team in der fünften Generation

1992 war es, als die USA erstmals ein Team zu Sommerspielen sandte, das aus Spielern der nordamerikanischen Profiliga NBA rekrutiert wurde. Die Mannschaft um Michael Jordan, Larry Bird und Magic Johnson zeigte damals Basketball wie von einem anderen Stern. Die Frage war nie, ob sie ihre Partien gewinnen würde. Die Frage war nur, wie hoch. Oftmals distanzierten die Amerikaner ihre Gegner mit 40 oder 50 Punkten. Sie wurden überlegen Olympiasieger.

Seit den Spielen von Barcelona hat es einige prominent besetzte US-Teams gegeben. Die amerikanischen Medien haben schon ein Nummernsystem eingeführt; in London unterhält derzeit "Dream Team Number 5" die Welt.

Mike Krzyzweski war 1992 schon als Assistenztrainer dabei. Er coacht das Nationalteam hauptverantwortlich seit 2006, doch viel zu tun hat er nicht. Seine Spieler mögen Taktik und Systembasketball nicht so sehr. Sie lieben Heldenbasketball, das Spiel Mann gegen Mann, bei dem sie ihre athletische und technische Überlegenheit ausspielen können.

Wenig Spielfluss, viele Einzelaktionen

So war es auch am Sonntag gegen Frankreich. LeBron James, Kevin Durant und Co. sammelten ihre Punkte meist durch Einzelaktionen; Coach Krzyzweski gab nach dem Spiel unumwunden zu, dass der "flow" gefehlt habe, der Spielfluss. Bester Schütze im US-Team war Kevin Durant (Oklahoma City Thunder) mit 22 Punkten. Stars wie Kobe Bryant (LA Lakers) oder Carmelo Anthony (New York Knicks) wurden weitgehend geschont; Bryant spielte nur zwölf Minuten und erzielte zehn Punkte.

Auch bei diesen Sommerspielen werden die USA die Goldmedaille gewinnen. Es gibt kein Team im Teilnehmerfeld, das sie ernsthaft in Gefahr bringen könnte. Am ehesten die Spanier, doch deren Ersatzbank ist nicht so tief besetzt wie die der USA. Das zeigte sich schon beim Vorbereitungsspiel zwischen den beiden Teams kurz vor Olympia: Dort starteten die Spanier stark, schafften es sogar, lange Zeit zu führen, doch in der zweiten Halbzeit ging ihnen die Puste aus.

Es dürfte ein eher langweiliges olympisches Basketball-Turnier werden. Der Sieger steht eigentlich schon fest. Aber - und das begeistert alle vier Jahre Millionen von Sportfans - dieser Sieger liefert zuverlässig die beste Show.

Von Christian Ewers, London

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