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Djokovic und del Potro Ausgerechnet zwei Tennis-Millionäre zeigen uns, worum es bei Olympia geht

Es war ein episches Match auf dem Centre Court in Rio: Juan Martin del Potro schlägt Topfavorit Novak Djokovic vor 10.000 restlos begeisterten Zuschauern. Beide Spieler liefern den Beweis, dass der olympische Gedanke doch noch zählt.

In den Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele konnte es dem objektiven Beobachter so vorkommen, als ob es für viele Sportler geradezu eine Strafe darstellen würde, wenn sie in Rio am Start wären: Im Golf verzichteten gleich die Top 4 der Herren-Weltrangliste auf die Teilnahme (Jason Day, Dustin Johnson, Jordan Spieth und Rory McIlroy), im Fußball hatte DFB-Trainer Horst Hrubesch große Mühe, ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen, und auch im Tennis hagelte es Absagen der Top-Spieler: Milos Raonic, Tomas Berdych (beide Angst vor Zika-Virus), Roger Federer, Stan Wawrinka (beide verletzt), Dominic Thiem ("andere Pläne").

Ist Olympia 2016 für viele Weltsportler also nicht mehr als ein wenig lukrativer Lückenfüller in ihrem Profi-Kalender, eine freiwillige Veranstaltung, die den Aufwand nicht wert ist?

Die olympische Magie ist im Alltag nicht reproduzierbar

Auf gar keinen Fall! Auch in Zeiten astronomischer Preisgelder und neunstelliger Ablösesummen für Durchschnittsspieler kann Olympia noch eine Magie entfalten, die im alltäglichen Zirkus nicht reproduzierbar ist - davon zeugte das Tennis-Erstrundenmatch zwischen Novak Djokovic und Juan Martin del Potro auf eindrucksvolle Weise.

Beide zählen zu den besten Spielern ihrer Generation (wenngleich mit sehr unterschiedlichen Karriere-Verläufen), sie sind Grand-Slam-Sieger und sowohl Djokovic (Bronze in Peking 2008) als auch del Potro (Bronze in London 2012) bereits mit olympischen Medaillen behangen. Beide hätten - wie so viele ihrer Kollegen - die beiden Wochen von Rio auch zur Regeneration vom kräftezehrenden Tour-Alltag nutzen können.

Aber stattdessen brachten beide eine Leidenschaft auf den Platz, die dem jeweils anderen bedeuten sollte: Ich kämpfe hier für mein Land, ich spiele um einen seltenen - weil nur alle vier Jahre zu erringenden - Titel, und ich werde dieses Match deshalb um keinen Preis der Welt verloren geben.

Ausgerechnet zwei Tennis-Millionäre zeigten uns an diesem Sonntagabend, worum es bei Olympia geht: Djokovic, der dominanteste Spieler der letzten Jahre und die unangefochtene Nummer 1 der Welt, und der jahrelang von Verletzungspech gebeutelte del Potro. Kein Zika-Virus, kein terminlicher Engpass und keine Blessur konnte sie davon abhalten, ein frühes Glanzlicht dieser Spiele zu setzen.

Novak Djokovic: Tränen nach der bitteren Niederlage

Bei den 10.000 restlos begeisterten Fans auf den Rängen sorgte das Match für Samba-Stimmung, der Centre Court glich teilweise einem Tollhaus: Allen in der Arena schien bewusst, dass sie gerade nicht nur Zeuge großen Sports, sondern zweier großer Sportler waren. Denen zauberte die Atmosphäre immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Am Ende gewann der Argentinier, der noch am Vormittag 40 Minuten in einem Aufzug im Olympischen Dorf festgesteckt hatte, gegen den Topfavoriten, der seine Tränen nach der Niederlage nicht zurückhalten wollte, mit 7:6, 7:6.

Es war nach seiner eigenen Aussage eine der bittersten Pleiten in der Karriere eines der erfolgreichsten Tennisspielers aller Zeiten - und was macht Djokovic nach der verlorenen Schlacht? Gratuliert seinem Gegner mit herzlicher Geste am Netz und sagt anschließend: "Er war der bessere Spieler." Obwohl er offensichtlich ausgelaugt wirkte, suchte der Serbe nicht eine Sekunde lang nach Ausreden.

Djokovic ist auch in der Niederlage immer ein Sportsmann von Weltrang - und als solcher weiß er den olympischen Gedanken selbst im Moment der größten Enttäuschung ebenso zu schätzen wie sein demütiger Bezwinger. Selten hat die Phrase so gepasst wie hier: Ganz großes Tennis.

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