Ärger vor Australian Open Einreise-Probleme und Politik-Breitseite: Geht es für Djokovic nun "im ersten Flieger nach Hause"?

Novak Djokovic, Tennisspieler aus Serbien
Novak Djokovic, Tennisspieler aus Serbien
© Dave Hunt/AAP / DPA
Eine Corona-Ausnahmegenehmigung für Novak Djokovic bei den Australian Open sorgt für Aufregung. Der Regierungschef Australiens hat sich eingeschaltet. Und nun macht offenbar auch das Visum des Tennis-Topstars Probleme.

Wut, Empörung, Unverständnis: Die Australian Open stehen vor der Tür, doch von großem Tennis ist derzeit nicht die Rede. Stattdessen hat die medizinische Ausnahmegenehmigung für einen Turnier-Start von Novak Djokovic heftige Reaktionen hervorgerufen – und nun kommen offenkundig Probleme bei der Einreise des wohl ungeimpften Tennis-Topstars hinzu.

Bei der Ankunft auf dem Flughafen der Metropole sei festgestellt worden, dass das Visum des Serben nicht gültig ist, berichteten australische Medien am Mittwoch. Demnach sei mit den von Djokovic vorgelegten Dokumenten die Einreise für Ungeimpfte nicht möglich. Die daraufhin kontaktierten Behörden des australischen Bundestaats Victoria verweigerten eine Unterstützung für den Weltranglisten-Ersten. Seitdem sitzt der Serbe offenbar auf dem Flughafen fest, weil er nicht ins Land gelassen wird. Sein Vater drohte in einem Interview mit Protesten, falls sein Sohn nicht gelaufen gelassen werde. Das berichtete der australische Sender Sunrise.

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Ebenfalls auf Twitter verkündete die Sportministerin von Victoria, Jaala Pulford, dass man Djokovic keine Hilfe dabei gewähren werde, ein Visum für die Teilnahme an den Australian Open zu erhalten: "Wir waren in zwei Punkten immer klar: Visa-Genehmigungen sind eine Sache der Nationalregierung, medizinische Ausnahmen sind ein Fall für Ärzte", schrieb die Politikerin.

Der neunmalige Melbourne-Sieger Djokovic hatte seinen Impfstatus bislang stets offen gelassen. Der australische Premierminister Scott Morrison hatte bereits ausreichende Belege für die Ausnahmegenehmigung des 20-maligen Grand-Slam-Siegers gefordert. Sonst werde der 34-Jährige "im ersten Flieger nach Hause" sitzen, warnte Morrison und fügte hinzu: "Für Novak Djokovic sollte es keine Sonderregeln geben, absolut keine."

Genehmigung für Novak Djokovic erzürnt Australier

Hintergrund: Das erste Grand-Slam-Turnier der neuen Saison startet am 17. Januar in Melbourne – allerdings dürfen nur Spieler und Spielerinnen, die gegen das Coronavirus geimpft sind oder eine medizinische Ausnahmegenehmigung erhalten haben, daran teilnehmen.

Am Dienstag hatte der 34 Jahre alte Branchenprimus nach wochenlangem Schweigen und Zaudern mitgeteilt, dass er nun dank genau einer solchen Ausnahmegenehmigung nach Australien fliegen werde. Seinen Impfstatus hat er bislang nicht öffentlich gemacht.

Während sich prominente Tenniskollegen zunächst zurückhielten, sorgte die erwartete Einreise des offenbar ungeimpften Weltranglisten-Ersten aus Serbien vor allem in Australien für "Zorn und Konfusion", wie es der Sender ABC nannte. Andere Äußerungen reichten von "Ohrfeige für alle Australier" bis "Schlag ins Gesicht für Millionen von Australiern". Turnierdirektor Craig Tiley verteidigte die umstrittene Entscheidung, bat den 20-maligen Grand-Slam-Sieger aber um Nennung seiner Gründe.

"Ich war auch absolut überrascht", sagte der deutsche Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. "Es sind noch viele Fragezeichen da. Hoffentlich werden die in den nächsten Tagen und Wochen bis zum Start beantwortet."

Und wie reagieren Fans, Medien, Sponsoren? Es sei "die patriotische Pflicht" aller Zuschauer, Djokovic während seines gesamten Aufenthalts auszubuhen, twitterte die Journalistin Samantha Lewis. Auch Innenministerin Karen Andrews sprach Klartext: "Jede Person, die nach Australien einreisen möchte, muss unsere strengen Grenzbestimmungen einhalten", betonte sie. Die Regionalregierung des Bundesstaates Victoria und Tennis Australia könnten einem nicht geimpften Spieler zwar die Teilnahme an dem Turnier gestatten, die Grenzregeln würden jedoch von der Nationalregierung überwacht.

"Es ist mir egal, wie gut er als Tennisspieler ist"

Und diese Regeln sind und waren in Pandemie-Zeiten streng. "Es ist mir egal, wie gut er als Tennisspieler ist. Wenn er sich weigert, sich impfen zu lassen, sollte er nicht reingelassen werden", sagte der prominente Arzt Stephen Parnis aus Victoria. Die Erlaubnis sei "eine erschreckende Botschaft" an Millionen Australier.

"Es ist traurig für die Bewohner dieses Landes, denen während dieser Pandemie immer wieder internationale und zwischenstaatliche Reisen verweigert wurden, selbst um ihre sterbenden Lieben zu sehen. Für diejenigen, die von ihren Kindern getrennt wurden oder nicht an der Beerdigung eines engen Freundes oder Familienmitglieds teilnehmen konnten", schrieb "The Canberra Times" und resümierte: "Leider sind die Regeln anders, wenn Sie ein globaler Sport-Superstar sind."

Genau diese Vorwürfe versuchte Turnierchef Tiley zu zerstreuen. Die Erlaubnis sei nach strenger Überprüfung durch zwei unabhängige Expertengremien erteilt worden. Djokovic habe einen "völlig legitimen Antrag" gestellt und den notwendigen Prozess durchlaufen. Zugleich forderte Tiley jedoch Djokovic auf, die Gründe bekannt zu geben.

"Ich würde mir wünschen, dass er zur Gemeinschaft redet. Ich würde es schätzen, Antworten zu erhalten", sagte Tiley. 26 Profis oder Betreuer hätten eine Ausnahmegenehmigung beantragt, nur eine Handvoll diese auch tatsächlich erhalten. "Die medizinische Ausnahmegenehmigung für Novak Djokovic, damit er die Australian Open spielen kann, ist eine kranke Heuchelei", schrieb die britische Zeitung "The Herald Sun". "Seine Teilnahme ist eine Beleidigung für jeden Australier, der wegen Covid durch die Hölle gegangen ist."

DPA
Carola Frentzen und Wolfgang Müller / fs

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