"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen: die eine hält in derber Liebeslust sich an die Welt mit klammernden Organen; die andre hebt gewaltsam sich vom Dust zu den Gefilden hoher Ahnen", heißt es bei Goethes Faust der vielbemühte Klassiker drückt mein Gefühlsleben nach der Verpflichtung Peyton Mannings durch die Denver Broncos aus.
Dabei versuche ich mir die ganze Zeit einzureden, dass dies ein guter Wechsel ist. Mal von meiner persönlichen Antipathie gegen Manning abgesehen, was spricht denn gegen ihn? Sein Nacken, sein Nacken und in erster Linie sein Nacken. Denn bei allen Vorführungen, die Manning den Teams in den letzten Wochen geliefert hat wie fit für NFL-Spiele der vierfach operierte Quarterback wirklich ist, wird erst die Saison zeigen.
Ein wenig hat Denvers Vizepräsident John Elway sich an den Poker-Zug All-in gehalten seine Reputation hängt vorerst am Erfolg Mannings in Denver. Doch seine Cleverness als Spieler dürfte Elway auch als Mitverantworlicher der Broncos behalten haben. Hoffe ich zumindest, denn Mannings Vertrag über die kolportieren 95 Millionen Dollar über fünf Jahre ist schon eine Hausnummer.
Klugerweise dürften aber einige Klauseln die Broncos absichern. So wird Vieles an Leistung gekoppelt sein oder besser gesagt, eine Art Auflauf-Klausel enthalten sein. Manning ist ehrgeiziger Sportler und reich genug, um solche Klauseln nicht als Stolpersteine zu sehen. So gesehen ist die Verpflichtung ein riskanter Schachzug mit Kalkül. Zumindest für den Mut der sportlich Verantwortlichen gibt es schon Mal Daumen hoch von mir!
Alte Freunde, neues Team?
Bedeutet Quarterback Manning jedoch automatisch den Titelgewinn für die Broncos?Das denke ich nicht, denn er dürfte nur das erste Puzzleteil sein. Aber dafür gibt es ja nun noch den Draft und jede Menge Zeit, um sich die passenden Verstärkungen in der NFL zu suchen. Ein weiterer Wide Receiver zum Beispiel. Vielleicht der mit Manning bereits bestens bekannte Brandon Stokley, der drei Jahre bei den Colts mit Manning spielte und auch bereits drei Jahre in Denver tätig war.
Oder ein Offensive Liner mit Mannings jahrelangem Center Jeff Saturday wäre ein idealer Kandidat auf dem Markt. Der könnte jedoch trotz genügend Platz unter der Salary Cap, übrigens einer der ausschlaggebenden Gründe für eine Pro-Denver Entscheidung Mannings, zu teuer sein.
Und auch ein möglicher Manning-Nachfolger könnte bereits jetzt schon verpflichtet werden. Ein Rookie in einer späteren Runde, der unter dem Hall of Famer lernt, um dann später eine perfekt eingespielte Offensive zu übernehmen? Vieles ist nun möglich in Denver und es dürfte sehr interessant werden, bis im September der erste offizielle NFL-Ball geworfen wird.
Alles richtig gemacht, Mr. Elway?
Für die Verantwortlichen bei den Broncos neben Elway Coach John Fox und General Manager Brian Xander ist die Verpflichtung Mannings gleichzeitig die Möglichkeit, auf elegante Weise Tim Tebow loszuwerden, ohne einen Sturm der Entrüstung bei den Fans auszulösen.
Denjenigen, die sich jetzt über einen angeblichen falschen Treueschwur der Quarterback-Legende aufregen, sei gesagt: Mit keinem Wort hat Elway sich jemals hundertprozentig an Tebow gebunden. Zumal solche Lippenbekenntnisse oft Momentaufnahmen sind und jeder Profisportler allen voran Tebow, so weit man ihn kennengelernt hat auch eine Art Notwendigkeit des Geschäfts darin erkennt.
Dazu kommt: Tebows Art der Offense dürfte weder Elway noch Fox sonderlich behagt haben. So ist der zukünftige Hall of Famer Manning idealer Ersatz für Tebow, der sich bald an anderer Stelle in den USA eine neue Bleibe suchen dürfte.
Tebow: Back to the roots
Wenn die nicht an altbekannter Stelle in Jacksonville stehen wird, müsste man meiner Meinung nach Jaguars-Besitzer Shahid Khan den Besitz entziehen. Schließlich ist Tebow als ehemaliger Florida Gator Held der Region und dürfte den zuschauerarmen Jaguars mehr Fans als zuvor bescheren. Und: Tebow passt in das Konzept der "Run First"-Offensive des Teams. Zudem könnte der erst im letzten Jahr gedraftete Blaine Gabbert Konkurrenz auf der Quarterback-Position vertragen.
So könnte auch Tebow am Ende als Gewinner da stehen. Als Verlierer des von Manning angestoßenen Quarterback-Karussells könnten nun die Miami Dolphins da stehen. Die haben weder Manning, noch die wahrscheinlichen Draftrechte für Robert Griffin III, noch Matt Flynn, der von Green Bay nach Seattle wechselte.
Sondern lediglich Gespräche mit Alex Smith von den San Francisco 49ers vor sich, bei dem man sich berechtigt die Frage stellen darf, ob er eine so große Verbesserung gegenüber Matt Moore darstellt. Ebenso wie der gerade erst verpflichtete Ex-Jaguard David Garrard, der im letzten Jahr keinen NFL-Football in die Hand nahm. Aber vielleicht schnappt Miami Jacksonville doch noch den Florida-Helden Tebow weg.
Sven Kittelmann