Anzeige
Anzeige

Australian Open Djokovic, Politik, Veranstalter: Wer welche Lehren aus der Visum-Affäre ziehen sollte

Djokovic-Wandgemälde in Belgrad
Djokovic-Wandgemälde in Belgrad: Künftig wird die aktuelle Nummer 1 im Tennis mehr Respekt zeigen müssen.
© Andrej Isakovic / AFP
Nach dem Ende der Visum-Affäre stellt sich die Frage: Was folgt aus der Posse, die rund zehn Tage die Welt-Nachrichten mit bestimmte? Nicht nur Tennisstar Novak Djokovic sollte seine Lehren daraus ziehen.

Die Australian Open laufen, Novak Djokovic ist nicht dabei. Und nun? Viel Aufregung, und das war's? Für den aktuell wohl besten Tennisspieler der Welt wird das sicher nicht so sein. Von einem nachhaltigen Imageschaden ist sowieso die Rede. Und es stellt sich die Frage, ob der als Impfskeptiker bekannte Djokovic bei seiner Haltung bleibt und dafür einen Knick in seiner beispiellosen Karriere in Kauf nimmt. Denn sollte die Corona-Pandemie nicht wesentlich abebben, wird er in diesem Jahr voraussichtlich auch bei den drei anderen Grand-Slam- und etlichen weiteren Turnieren als Ungeimpfter nicht starten können.

Grund genug für die aktuelle Nummer 1 der Tenniswelt, in sich zu gehen und zu überlegen, was für ihn aus der grundlos zur Staatsaffäre hochgejazzten Visum-Posse folgt. Das gilt allerdings nicht nur für Djokovic. Auch die australische Regierung und die Behörden down under sowie die Veranstalter der Australian Open haben ihren Anteil an dem unsäglichen Hin-und-Her, womit sie ihrem Ansehen geschadet haben. Welche Lehren sind also aus dem Fall Djokovic zu ziehen?

Politik und Behörden: Klare Regeln

Ob es tröstlich sein kann, dass es anderswo – namentlich in Australien – ähnliche Probleme mit den Corona-Regeln zwischen der Bundes- und Landesebene gibt wie hierzulande, mag jeder für sich beantworten. Der Fall Djokovic macht jedenfalls deutlich, wie sehr klare Regeln und Leitplanken in bewegten Pandemie-Zeiten nötig sind, um Orientierung zu geben. Zwischen der australischen Politik, den Behörden und Institutionen des Landes war fatalerweise unklar, welche Regeln für wen wann gelten.

Immer noch ist die Frage unbeantwortet, wer und auf welcher Grundlage Novak Djokovic mit einer Sondergenehmigung als Ungeimpftem die Einreise nach Australien zunächst gewährte - und damit die ganze Sache ins Rollen brachte. Mit welchen Argumenten überzeugte der Tennisstar Behörden eines Landes, das in der Frühphase der Pandemie zeitweise selbst Landsleuten die Rückkehr aus dem Ausland verwehrte und just Melbourne, Austragungsort der Australian Open, zur Welthauptstadt des Lockdowns machte (gut 260 Tage insgesamt)? "Regeln sind Regeln", ließ Premier Scott Morrison im Laufe der Affäre verlauten. So schal die Worte des im Mai zur Wahl stehenden Regierungschefs zum Zeitpunkt ihrer Äußerung waren, so sehr muss das tatsächlich die Lehre aus dem Fall Djokovic sein. Nicht nur für Australiens Regierung. Es sind auch solche Possen, die Populisten und Verschwörungsanhängern als Einfallstor dienen. Gut, dass sich der Rechtsstaat letztendlich als handlungsfähig erwiesen hat.

"Er ist ein Arschloch": Moderatoren beleidigen Djokovic in geleaktem Video

Profisport: Schluss mit der Hybris

Was die Veranstalter der Australian Open bewogen hat, Djokovic eine Teilnahme  an dem Turnier durch eine wie immer geartete Ausnahmegenehmigung in Aussicht zu stellen, ist ebenfalls eine nicht befriedigend beantwortete Frage. Dass der Profisport selbst in Pandemie-Zeiten glaubt, ohne Weiteres eine Sonderstellung beanspruchen zu können, wird hierzulande im Zusammenhang mit der Fußball-Bundesliga immer mal wieder diskutiert. Dass jedoch ein renommierter Sportveranstalter einem Prestige garantierenden Sportler die Möglichkeit eines Starts offeriert, ohne darauf zu achten oder womöglich zu ignorieren, dass dies den Einreisebestimmungen des Landes widerspricht, zeugt von einer ausgeprägten Hybris.

Die Lehre daraus ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Unter den erschwerten Bedingungen einer Pandemie müssen natürlich Teilnahmebedingungen und Einreisebestimmungen miteinander abgestimmt werden. Wäre dies geschehen, wäre Novak Djokovic und der Welt wohl eines erspart geblieben, und der Ruf des Grand-Slam-Turniers in Melbourne wäre nicht angekratzt. Glücklicherweise scheint man in Frankreich schon weiter zu sein. Zwar werde diskutiert, wie man für das Grand-Slam-Turnier in Paris mit ungeimpften Spielern verfahren wolle, sagte Gilles Moretton, Präsident des französischen Tennisverbandes, in der Sportzeitung "L'Équipe", doch er stellte auch klar: "Ohne die Zustimmung der Behörden wird nichts getan." Richtig so.

Novak Djokovic: Respekt und Regeln

Für den Hauptdarsteller der Tennis-Affäre stellen sich freilich die größten Fragen. Dass es falsch war, mit unrichtigen oder fragwürdigen Angaben, eine Teilnahme in Melbourne zu erzwingen, liegt offen zu Tage. Auch die nationalistisch-martialischen Auftritte seiner Familie und der serbischen Regierung haben Novak Djokovic geschadet. Das Image ist weitgehend dahin. Immerhin zeigt der 34-Jährige nun Respekt, wenn auch reichlich spät, indem er sich angeblich für die Dauer der Australian Open nicht weiter äußern will.

Dem serbischen Weltstar stellt sich keine geringere Frage als die nach der Zukunft seiner Karriere. Bleibt er bei seiner Impfskepsis, scheint schon jetzt ein Start in Paris und bei den US Open ausgeschlossen. Auch andere Turnierveranstalter verlangen von Teilnehmern eine Impfung, um die Gesundheit aller Beteiligten so weit wie möglich zu sichern. Das stellt Djokovics Haltung grundsätzlich auf den Prüfstand. Bleibt er dabei, droht er seine Karriere aufs Spiel zu setzen. Als Ausweg bliebe ihm bestenfalls, auf ein baldiges Ende der Pandemie zu setzen. Welche Schlüsse er auch zieht, eine Selbstverständlichkeit für Sportler sollte Djokovic durch die Visum-Affäre noch einmal bewusst geworden sein: Gespielt wird nach den geltenden Regeln. Ohne Ausnahme.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel