Im Fall Leichtathleten René Herms, der unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen ist, wird es in den kommenden Tagen eine Obduktion geben. Das sagte am Montagnachmittag der Dresdner Oberstaatsanwalt Christian Avenarius. "Die Ermittlungsrichterin hat eine Obduktion angeordnet. Eine zusätzliche Genehmigung durch die Ehefrau ist dafür nicht erforderlich", sagte Avenarius. Nach der Untersuchung würde dann relativ schnell feststehen, was zum plötzlichen Tod des 26 Jahre alten 800-Meter- Läufers von der LG Braunschweig in der Nacht von Freitag auf Samstag geführt hätte, meinte der Oberstaatsanwalt.
Avenarius sagte, da der Sportler noch jung und auch nicht schwer erkrankt gewesen sei, gebe es natürlich Fragen. Die Polizei will nun auch noch einmal seine Wohnung untersuchen. Die Leiche des Athleten war am Wochenende in dessen Wohnung im sächsischen Lohmen bei Pirna entdeckt worden.
Schock sitzt tief
Der Schock über den mysteriösen Tod von Herms sitzt bei vielen deutschen Leichtahtleten tief. "Ich bin in Gedanken bei seiner Familie und hoffe, dass sie in dieser Situation zusammensteht. Ich werde ihn als Konkurrent auf der Laufbahn sehr vermissen", sagte der Erfurter Nils Schumann, 2000 in Sydney 800-Meter-Olympiasieger.
Sogar Doppel-Weltmeister Bernard Lagat (800 und 1500 Meter), der häufig in Tübingen wohnt und trainiert, meldete sich zu Wort. "Obwohl du nicht mehr da bist, wirst du immer als talentierter, hart arbeitender Athlet in Erinnerung bleiben. Ruhe in Frieden", schreibt der Amerikaner im Gästebuch auf der Homepage von René Herms, das seit Bekanntwerden der Todesnachricht überquillt.
Ehefrau erlitt Zusammenbruch
Während die Staatsanwaltschaft Dresden im Laufe des Tages über die Anordnung einer Obduktion entscheiden wollte, musste Herms' Ehefrau Steffi nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus gebracht werden. Am Samstagvormittag hatte ihre Mutter den leblosen Körper des nur 26 Jahre alt gewordenen zwölfmaligen deutschen 800-Meter-Meisters in dessen Wohnung im sächsischen Lohmen entdeckt. Der herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen.
Auch beim Leverkusener U20-Europameister Robin Schembera, der Herms 2008 bei der DM in Nürnberg auf Platz zwei verwiesen hatte, sitzt der Schock noch tief: "Mein Gefühl lässt sich kaum in Worte fassen. Wer denkt schon daran, dass ein Athlet, der jahrelang die Nummer eins war, plötzlich stirbt und nicht mehr da ist." Ihm sei am Wochenende schlagartig bewusst geworden, dass Sport nicht alles sei im Leben.
Sein früher Tod macht sprachlos
Seit Samstagabend kondolierten über 100 Menschen im Gästebuch der Herms-Homepage, nachdem es zuvor seit dem 13. November keinen Eintrag mehr gegeben hatte. Neben Lagat meldeten sich weitere ausländische Konkurrenten wie der polnische Olympia-Halbfinalist Marcin Lewandowski: "Ein großer Schock für Mitkämpfer aus Polen auf der Bahn. Unser Beileid gilt seiner Familie."
Herms' Ex-Verein LSV Pirna, von dem sich der Läufer im Herbst 2006 zur LG Braunschweig verabschiedete hatte, schrieb in einem bewegenden Nachruf auf seiner ganz in Schwarz gehaltenen Homepage (www.lsv-pirna.de). "Sein viel zu früher Tod macht uns alle sprach- und ratlos. Wir, die ihn auf seinem Weg begleitet, mitgefiebert und nahe gestanden haben, werden ihn in ehrendem Gedenken behalten." Eigentlich wollte der ehemalige U20- und U23-Europameister am kommenden Montag mit den Läufern seines Ex-Klubs ins Trainingslager nach Kienbaum aufbrechen.
Als Jugendlicher gewann Herms 2001 bei den Aktiven den ersten DM-Titel, dem er bis 2006 fünf weitere folgen ließ. 2002 hänbgte er kaltschnäuzig Olympiasieger Nils Schumann auf der Zielgeraden ab. Weitere sechsmal DM-Gold gewann er in der Halle. 2001 wurde Herms U20-Europameister, 2003 U23-Titelträger. In der Aktivenklasse blieb ihm der sportliche Durchbruch jedoch verwehrt. Seine besten Ergebnisse waren Platz sieben bei der EM 2002 in München und das Halbfinale von Athen 2004.