"Ich halte die Entscheidung für völlig überzogen, sie hilft keinem. Das ist ja wie früher in der DDR: Zwei Leute entscheiden gegen den Willen des Volkes, schließlich haben sich zwei Drittel der Fernseh-Zuschauer gegen den Ausstieg ausgesprochen", sagte Voigt.
"Wir Gebührenzahler" seien "ja schließlich die Arbeitgeber des Fernsehens. Es sollte doch jedem selbst überlassen bleiben, ob er die Tour sehen will oder nicht. Warum ist das Fernsehen nicht rausgegangen, als Ben Johnson bei den Olympischen Spielen positiv war?", fragte der 35-jährige Profi des dänischen CSC-Teams, der in seiner Karriere zwei Tour-Etappen (2001 und 2006) gewann und zwei Mal das Gelbe Trikot trug.
"Wir sind die Falschen"
Laut Voigt hat der Fall Sinkewitz nicht direkt mit der Tour de France zu tun: "Die Kontrolle war doch am 8. Juni, einen Monat vor dem Tourstart." Ein Team wie T-Mobile unternehme alles, um Doping im Team auszuschließen, aber es könne "auch nicht jeden einzelnen vor sich selbst schützen", sagte Voigt weiter. Seinen Ausreißversuch auf der 10. Tour-Etappe von Tallard nach Marseille, der für den in Berlin lebenden Profi am Vortag mit einem fünften Platz endete, bekamen die ARD-Zuschauer wegen des vollzogenen Boykotts des Senders bereits nicht mehr mit.
"Der Bildschirm in Deutschland bleibt schwarz", titelte am Donnerstag die "L’Équipe", die ausschließlich kritische Kommentare von Verantwortlichen und Fahrern zum Fernseh-Ausstieg der deutschen Sender veröffentlichte. Auch der Präsident der Tour-Organisation ASO, Patrice Clerc, hatte die ARD und ZDF kritisiert: "Damit wird die Tour bestraft, aber wir sind die Falschen."
Freude bei Eurosport
Nach dem Boykott der Live-Berichterstattungen von ARD und ZDF von der Tour de France haben unterdessen wie erwartet viele Radsportanhänger TV-Sender Eurosport umgeschaltet. Dessen Einschaltquoten stiegen am Mittwochnachmittag auf das Dreifache gegenüber dem Vortag an. Nach Angaben des Senders verfolgten im Schnitt 931 000 Zuschauer die Original-Übertragung von der 10. Etappe von Tallard nach Marseille. Das entsprach einem Marktanteil von 8,5 Prozent.
Bei Eurosport nimmt man die deutliche Steigerung erfreut zur Kenntnis. "Wir freuen uns natürlich, wenn die Zuschauer bei uns einschalten und mit unserer Berichterstattung zufrieden sind", sagte Sprecher Werner Starz am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ob die Quoten weiter steigen werden, mochte er allerdings nicht voraussagen. "Das muss man abwarten. Das kann man nicht prognostizieren." Form und Inhalt der Sendungen würden wie bisher fortgeführt. Änderungen sind nach Angaben von Starz momentan nicht geplant.
Öffentliche Mittel für Leistungssport in Frage stellen
Der Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Peter Danckert (SPD), hat den Rückzug von ARD und ZDF aus der Live- Berichterstattung von der Tour de France übrigens als richtig und konsequent bewertet. Damit werde ein Zeichen gesetzt und eine Bewegung in Gang gebracht, die sich auch international auswirken werde, sagte Danckert am Donnerstag im Deutschlandfunk. Viele Sportfunktionäre hätten immer noch nicht begriffen, dass sich das Bewusstsein der Öffentlichkeit verändert habe. Inzwischen sei der Punkt erreicht, an dem auch die öffentlichen Mittel für den Leistungssport in Frage gestellt seien.
DPA/AP/kbe