40 Jahre nach Moskau IOC-Präsident Bach warnt vor Olympia-Boykotten: "Die Gefahr ist jetzt noch größer"

IOC-Präsident Bach steht und spricht vor einer Flagge mit den olympischen Ringen
Als Sportler zerplatzten 1980 seine olympischen Medaillenträume. 40 Jahre nach dem Boykott der Spiele von Moskau warnt IOC-Präsident Bach vor der Gefahr neuerlicher Boykotte aus politischen Motiven.
© Denis Balibouse / Picture Alliance
40 Jahre nach dem Olympia-Boykott des "Westens" hat IOC-Präsident Thomas Bach vor neuerlichen Boykotten aus politischen Gründen gewarnt. Als Fechter waren seine Medaillenträume von Moskau 1980 zerplatzt.

Als die Mitgliederversammlung des Nationalen Olympischen Komitees der Bundesrepublik Deutschland am 15. Mai 1980 für einen Boykott der Olympischen Sommerspiele in Moskau votiert, ist Thomas Bach 26 Jahre alt. Als Fechter will er auf der Planche um olympisches Edelmetall kämpfen. Doch die Chance auf eine weitere Olympiamedaille bleibt ihm verwehrt. Die Erfahrung von 1980 präge ihn bis heute, sagte Bach am Freitag auf der wegen der Corona-Pandemie virtuell abgehaltenen Generalversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Bach, vor 40 Jahren als Athletensprecher aktiv, hatte das Votum von 59 zu 40 Stimmen für den Boykott der bundesdeutschen Mannschaft nicht verhindern können. "Die Wut und Enttäuschung" seien geblieben, gestand der 66-Jährige jetzt in einem Interview mit der "Welt am Sonntag".

Bach warnt vor neuen Boykotten: "Die Gefahr ist noch größer"

Inzwischen ist Thomas Bach eine der wichtigsten und zugleich mächtigsten Figuren im Weltsport. Seit 2013 hält er beim IOC als Präsident die Fäden in der Hand. Und seit ein paar Tagen liegt der Hut des FDP-Politikers erneut im Ring. Schuld daran ist auch das Votum vom 15. Mai 1980. Neben der Enttäuschung sei ihm auch die Motivation geblieben, so Bach. "Diese Motivation treibt mich weiter an", begründet er seine Bewerbung. Und er steht vor gewaltigen Aufgaben. Nach der zögerlichen Verlegung der Olympischen Spiele von Tokio in den Sommer 2021 und den damit verbundenen Herausforderungen könnten politische Interessen seine Vision von Olympia torpedieren. "Wir sehen einen wachsenden Missbrauch des Sports für politische Zwecke", stellte er während der Generalversammlung fest. Und Bach ging sogar noch weiter und warnte vor neuerlichen Boykotten – ähnlich denen von Moskau und Los Angeles. "Diese Gefahr ist jetzt noch größer", so Bach. Das IOC beobachte, dass einige Nationen im Zuge der Corona-Krise "sogar noch mehr von Egoismus und eigenen Interessen getrieben" seien.

Links ist ein oranger Ball über einer Eisfläche zu sehen, rechts ein lächelnder Mann in einem blauen Thermoanzug mit Kapuze
© SWNS
80 Kilometer in zwei Tagen: John Farnworth jongliert Ball über zugefrorenen Baikalsee

IOC-Boss Bach verweist auf Rechte der Athleten

1980 sagten insgesamt 42 Nationale Olympische Komitees (NOK) ihre Teilnahme an den Spielen von Moskau ab, nachdem sowjetische Truppen Weihnachten 1979 in Afghanistan einmarschiert waren. Zum Leidwesen vieler Athleten, die sich vier Jahre darauf vorbereitet und kaum Einfluss auf diese bittere Entscheidung hatten. Mittlerweile könnten Sportlerinnen und Sportler auch gegen den Willen ihrer NOKs an Olympischen Spielen teilnehmen. "Nach unserer Auffassung kann eine wie auch immer zusammengesetzte Gruppe nicht per Mehrheit über dieses Recht eines individuellen Athleten entscheiden", sagte Bach. 40 Jahre nach dem Moskau-Boykott der bundesdeutschen Olympiamannschaft mit Florettfechter Thomas Bach ist das eine gute Nachricht. Eine Garantie dafür, dass Olympia in einer möglichen zweiten Amtszeit des IOC-Präsidenten Bach erneut zum Spielball der Politik gerät, ist es aber nicht.

DPA
js

PRODUKTE & TIPPS