Daimler-Belegschaft "Es ist Krieg"

Der Platz vor Tor 3 des riesigen DaimlerChrysler-Werkes in Sindelfingen hat schon viele Protestversammlungen gesehen. Doch so viele Mitarbeiter wie am jüngsten Aktionstag haben sich schon seit Jahren nicht mehr versammelt.

Über 20.000 hätten ihren Arbeitsplatz in der Frühschicht verlassen, schätzt der Betriebsrat - und alle waren mächtig sauer. "Es ist Krieg" steht auf einem Plakat, "Wer Wind sät, wird Sturm ernten" auf einem anderen. "Die Stimmung ist schlecht, wir wollen unser Geld, sonst gibt es was auf die Finger", sagte ein junger Mitarbeiter, der gerade mit dem Bus aus der Sitzproduktion im benachbarten Böblingen-Hulb zur Demo gekommen ist. Aus den Lautsprechern tönt zur Einstimmung "Highway To Hell" von AC/DC - grimmiger Hard Rock in harten Zeiten.

Beifall für Solidaritätsaktionen

Beifall gibt es, als ein IG-Metaller berichtet, dass es Solidaritätsaktionen auch in einem brasilianischen Werk bei Sao Paulo gegeben hat. Pfiffe erntet dagegen eine Reaktion der Werkleitung, die rund 1.000 Führungskräfte, vor allem Meister, zu einer Art Gegenveranstaltung in einen Saal auf dem Werksgelände "gebeten" hat.

Als der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Erich Klemm dann doch einige Meister bei der Protestaktion sieht, nennt er sie die "wahren Helden". Für den eher scheuen Klemm fast schon ein emotionaler Ausbruch. Als er die Bühne betritt, ertönen laute "Erich, Erich"-Rufe - das gab es noch nie bei Klemms vielen bisherigen Auftritten vor seinen Leuten. "Personenkult können wir jetzt am wenigsten gebrauchen", wehrt er sogleich die Rufe ab. Seine Rede beginnt mit starken Worten, doch dann beginnt er bald über die Bedeutung des komplexen Entgeltrahmentarifvertrages zu sprechen, was die Stimmung nicht unbedingt anheizt.

Premiumbezahlung für Premiumbelegschaft

Fürs Grobe ist danach eher der IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann zuständig, der die Seelen mit den Worten streichelt, dass eine Premiummarke auch eine Premiumbelegschaft mit einer Premiumbezahlung brauche. "S-Klasse-Produzieren und Lupo-Bezahlung passen nicht zusammen" ruft er aus. Danach marschieren tausende DaimlerChrysler-Arbeiter in einem Demonstrationszug durch die Stadt Sindelfingen, auch das ein Novum. Damit soll die Bedeutung der Arbeitsplätze im größten Mercedes-Benz-Werk für das Wohl und Wehe der Stadt bei Stuttgart betont werden. Die Ordner tragen schwarze T- Shirts mit dem Aufdruck: "DaimlerChrysler Erpress-Werk - NEIN".

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Frank Heidmann, dpa

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