Der geplante Energiegipfel mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der Branche zu angekündigten Preiserhöhungen für Strom und Gas ist geplatzt. "Das Treffen wird nicht stattfinden", sagte ein Regierungssprecher in Berlin. "Wir haben immer gesagt, das Treffen findet nur statt, wenn es in der Sache erkennbar ist, dass es zu substanziellen Veränderungen kommt."
Hinweise aus Kreisen der Industrie hätten aber gezeigt, dass für ein Spitzengespräch kein Bedarf gesehen werde. Es gebe unterschiedliche und sogar gegensätzliche Interessen in der Industrie. Das Ziel einer Aussetzung der Preiserhöhungen sei mit der Branche nicht zu erreichen gewesen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) werde nun weiter Gespräche mit der Branche führen. Das Wirtschaftsministerium erklärte, die Gespräche seien nötig, weil es bei der Industrie zu wenig Bewegung gäbe. Man setzte jetzt zudem auf eine schnelle Einrichtung der Regulierungsbehörde für Gas und Strom.
Die Entscheidung traf der BDI am Donnerstagabend
Nach Angaben des Regierungssprechers fiel die Entscheidung am Donnerstag nach einem Treffen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Clement hatte das Treffen beim Kanzler vor wenigen Wochen angekündigt, um über angekündigte Preiserhöhungen großer Energieversorger zu sprechen. Auch die industriellen Großkunden sollten daran teilnehmen. Clement hatte sich besorgt gezeigt, die höheren Preise könne die Entwicklung der Wirtschaft bremsen. Der Regierungssprecher bekräftigte: "Die angekündigte Erhöhungen sind fragwürdig und kontraproduktiv."
Schröder hatte bei einem Treffen mit Spitzenvertretern des BDI nach Angaben aus Teilnehmerkreisen kritisiert, die Branche sei in sich uneinig und nicht zu einem Entgegenkommen bei den Preisen bereit. Der Kanzler habe daraufhin erklärt, das Thema an das Wirtschaftsministerium zu delegieren.
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat die Absage des Energiegipfels bei Bundeskanzler Gerhard Schröder als Symbol für ein völliges Scheitern der Energiepolitik von Rot-Grün gewertet. Damit seien die Hoffnungen von Betrieben und Haushalten auf einen raschen Stopp bei den rasant steigenden Energiepreisen geplatzt, sagte Stoiber. Jetzt müsse die Bundesregierung sofort selbst handeln und die Steuerbelastung bei den Energiepreisen abbauen.
Nur Eon will auf Preiserhöhungen verzichten
Die angekündigten Preiserhöhungen der Branchengrößen wie RWE, EnBW und Vattenfall Europe hatten in der Öffentlichkeit und der Politik zu heftigen Protesten geführt und wurden als überzogen kritisiert. Zudem war vermutet worden, die Firmen wollten mit den Anhebungen die Zeit nutzen, bis die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt ihre Arbeit aufnimmt. Nur der Stromkonzern Eon hatte nach den Protesten angeboten, die Preise bis zum Arbeitsbeginn der Behörde nicht zu erhöhen. Das Bundeskartellamt prüft derzeit die angekündigten Anhebungen.
Die Regulierungsbehörde wird voraussichtlich erst ab Mitte 2005 arbeiten und soll die Durchleitungsgebühren für Strom und Gas kontrollieren, die gut ein Drittel des Preises ausmachen. Voraussetzung für die Arbeit der Behörde ist die Verabschiedung des neuen Energiewirtschaftsrechts, das die Rahmenbedingungen für die Behörde regeln soll. Diese sind aber zwischen Regierung, Bundestag und Bundesrat noch umstritten. Eine vom Wirtschaftsministerium angepeilter Arbeitsbeginn der Behörde ab Januar 2005 gilt daher als nicht zu erreichen.