Das Münchner Start-up Finn.Auto trennt sich von seinem Gründer und CEO Max-Josef Meier, nachdem Vorwürfe wegen sexueller Belästigung öffentlich wurden. Nach Informationen des Wirtschaftsmagazins "Capital" fiel die Entscheidung bereits am Mittwochabend bei einem Krisentreffen des Investoren-Beirats in München. Ein Sprecher von Finn bestätigte den sofortigen Rückzug von Meier, der "einvernehmlich" erfolgt sei. Maximilian Wühr, bisher im Vorstand für das Wachstum zuständig, wird neuer CEO.
Max-Josef Meier hatte vergangene Woche im Gespräch mit Capital die sexuelle Belästigung von neun Mitarbeiterinnen eingeräumt, nachdem unsere Redaktion ihn zuvor mit den Vorwürfen konfrontiert hatte.
Seit der Veröffentlichung der Belästigungsvorwürfe hatte der Druck auf Meier zugenommen – auch wegen möglicher juristischer Konsequenzen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München I in der Sache ermittelt. "Wir haben aufgrund der Berichterstattung unsererseits ein Verfahren eingeleitet und prüfen die geschilderten Vorgänge in strafrechtlicher Hinsicht", bestätigte Oberstaatsanwältin Anne Leiding.
Sexuelle Belästigung im Büro
Die Übergriffe ereigneten sich bereits vor gut eineinhalb Jahren im Büro des Start-ups bei einer Weihnachtsfeier, drangen aber erst durch einen Whistleblower an die Öffentlichkeit.
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"Was sich zuerst verändern muss, ist, dass die Leute die Schnauze halten, die so etwas sagen wie: 'Wer 20 Jahre keine Anzeige gemacht hat, der soll jetzt mal die Klappe halten, das ist eh verjährt.' Erstens darf sexueller Missbrauch gar nicht verjähren, finde ich, und eigentlich müsste man den Leuten mehr verklickern, was in einem Opfer vorgeht, das missbraucht worden ist und was für ein lebenslanges Trauma daraus entsteht. Denn genau diese Haltung ist es ja, die den Opfern zeigt, das sie nichts sagen dürfen. Das finde ich zum Kotzen."
"Nach den Schilderungen habe ich an dem Abend, in Anwesenheit von anderen, gegenüber mehreren Frauen übergriffige verbale Äußerungen und Aufforderungen gemacht, sie am Gesäß angefasst und versucht, einige von ihnen ohne Einvernehmen zu küssen", sagte Meier im Gespräch mit "Capital". Er selbst sei an jenem Abend stark alkoholisiert gewesen und habe keine Erinnerungen mehr an die Vorfälle.
Investoren gaben Finn.Auto-CEO Meier zweite Chance
Laut Meier wurden die größten Gesellschafter und die Mitarbeiter in der Woche nach der Weihnachtsfeier über seine Übergriffe informiert. Meier habe auch seinen Rücktritt angeboten. Dazu kam es aber offenbar nicht. Die Investoren – darunter die prominenten Start-up-Finanziers HV Capital, Picus Capital und Heartcore – hielten zunächst weiter an ihm fest.
Das Unternehmen setzte nach der Weihnachtsfeier ein sogenanntes "Action Team" aus sechs Kolleginnen und Kollegen zur internen Aufarbeitung ein, wie Dokumente belegen. Mit den Ergebnissen war man offenbar zufrieden. Nach zweieinhalb Monaten Büro-Verbot und der Vereinbarung über eine Therapie und ein Coaching bekam Meier eine zweite Chance.
"Das Leadership ist letztendlich zusammen mit dem Action Team und unserem Board zu der Entscheidung gelangt, dass ich in meine Rolle als CEO wieder zurückkommen soll", bestätigte der Finn-Chef gegenüber "Capital".
Meier gilt als treibende Kraft hinter Finn.Auto und ist mit rund 16 Prozent der größte Anteilseigner der Firma. Der Abschied von ihm dürfte daher aus geschäftlicher Sicht eine Herausforderung werden. Wohl auch deswegen verstärkt das Start-up jetzt seinen Vorstand. Neben der Ernennung des neuen CEOs Maximilian Wühr soll der bisherige Flotten-Chef Jürgen Lobach in die Geschäftsführung aufrücken.
Dieser Artikel erschien zuerst an dieser Stelle beim Wirtschaftsmagazin "Capital", das wie der stern zu RTL Deutschland gehört.