Bad-Bank-Modell Das Gute im Schlechten

Schrottpapiere adieu: Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Gesetz zum so genannten Bad-Bank-Modell auf den Weg gebracht. Die giftigen Papiere können nun ausgelagert werden. Aber warum sollen jene gerettet werden, die alles versaut haben? Weil es nicht anders geht.

Die Lektion, die wir in den vergangenen Monaten lernen mussten, ist hart: Pleiten größerer Banken darf es nicht geben. Sie müssen in der Marktwirtschaft zwingend verhindert werden - sonst bricht jede Marktwirtschaft in sich zusammen. Egal, ob sie nun besonders marktradikal, ökologisch, sozial oder staatsgelenkt daherkommt. Diese Lektion schmerzt. Sie geht vielen Menschen gegen ihr Schuld-und-Sühne-Bewusstsein, einfach gegen den Strich: Warum nur jene retten, die alles versaut haben, die uns das alles eingebrockt haben? Das ist doch widersinnig, geradezu anti-marktwirtschaftlich! Ja, das ist es in gewisser Weise. Doch es geht nicht anders.

Und jetzt auch noch diese Bad Banks, "Schlechtbanken" mit staatlichem Segen, die das Bundeskabinett jetzt auf den Weg gebracht hat? Ja, auch das muss sein. Und es muss gar nicht mal schlecht sein.

Die Institute würden ohne Bad Banks pleite gehen

Zur Erinnerung: Banken rund um den Globus haben sich einen riesigen Haufen Wertpapiere eingehandelt, die - man staunt noch immer, wenn man es ausspricht - nun nichts oder kaum noch etwas wert sind. Diese "toxisch" genannten Unwert-Schnippsel - überwiegend sind es Wettscheine auf die Entwicklung außer Kontrolle geratener Kreditmärkte - müssen die Banken loswerden. Ganz dringend. Wenn nicht, würden die Institute daran schlicht Pleite gehen. Die Wertabschreibungen würden ihr Eigenkapital aufzehren. Ende und Aus. Dass dies bislang nicht geschehen ist, liegt einzig und allein an Buchhaltungsraffinessen, die ihnen die Politik seit vergangenem Herbst erlaubt. Wo die neue Zahlenkreativität allein nicht reichte, gab die Politik aus der Steuerkasse noch ein paar Milliarden Euro frisches Eigenkapital oder Bürgschaften hinzu. Soweit - so schlecht.

Die toxischen Zettelchen sind aber immer noch da, marodieren weiter vor sich hin in den Bilanzen der Banken, schränken deren Kreditfähigkeit ein. Das hemmt jede reale Wirtschaft, gefährdet Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand. So ungerecht es auch erscheint: Eine Wirtschaft ohne Schiesser, Märklin, Rosenthal oder Woolworth bleibt existenzfähig, eine ohne funktionierende Banken nicht. Deren Dreck muss weg. Raus aus den Büchern, auf eine kontrollierte Giftmüllhalde.

Nach der Bilanzsäuberung werden die Institute dem Markt überlassen

Die anglo-amerikanische Welt, deren abartige Banking-Praxis der vergangenen 20 Jahre die Jahrhundertkrise überhaupt erst möglich gemacht hat, musste angesichts der Größe ihrer heimischen Haufen die Staatshaushalte selbst zu Müllkippen machen: Die USA, Großbritannien und Irland haben wesentliche Banken im Handstreich verstaatlicht. In Kontinentaleuropa konnte man es bislang bei punktuellen Eingriffen belassen, hierzulande stehen dafür die Namen Hypo Real Estate und Dresdner/Commerzbank. Die Idee hinter all dem: Bankbilanzen "säubern" und die Institute sodann wieder dem Markt überlassen. Bewährt hat sich diese Vorgehensweise, wenn sich der Schmutz in Grenzen hält. Japanische und schwedische Geldhäuser konnten in den 1990er Jahren - staatlich kontrolliert - auf dem Welt-Papier-Schrottplatz abwracken. Es fanden sich Resteverwerter, die ihre vergifteten Zettel gegen eine kleine Prämie schredderten - und ihren Teil daran verdienten. Und weg war er, der Papier-Müll.

Ob die Entsorgung auch diesmal funktioniert, wo die Zwettelwirtschaft so unvergleichlich größer ist, kann niemand vorhersagen. Auch nicht, ob es ohne neuerliches Schröpfen der Steuerkasse abgehen wird. Aber die Chance ist immerhin da, eine Alternative nicht.

Es ist richtig, dass die Aktionäre die Zeche zahlen müssen

Richtig am neuen Gesetz ist, dass kein Geldhaus gezwungen wird, eine Bad Bank zu gründen. Richtig ist auch, dass es die Bank-Eigentümer, also die Aktionäre, sind, die die Zeche für ihre "Schlechtbank" zu zahlen haben. Bedenken, wegen dieser Bestimmungen würde die Bildung von "Bad Banks" verhindert, sind weder marktlich noch ordnungspolitisch haltbar.

Denn entweder kann eine Bank ihren Giftmüll in ihrer Bilanz verkraften (dann braucht sie keine Müllhalde). Oder sie kann den Schrott nicht eigenständig entsorgen (dann wäre sie Bad Bank gezwungen). Gliedert sie ihre giftigen Papiere nicht in eine Bad Bank aus, wäre sie alsbald pleite, respektive im Staatsbesitz. Das mag für betroffene Bank-Eigner und ihre angestellten Manager wie die Wahl zwischen Pest und Cholera klingen. Und das ist auch gut so.

Bezeichnend am neuen Gesetz ist, dass es keinen verbindlichen Abwrack-Modus für die größten Schrotthaufen, nämlich die Mehrzahl der deutschen Landesbanken, enthält. Denn dabei geht es nur um eine Frage: Wer zahlt für die Possen, die Polit-Banker aller drei Koalitionsparteien der Bundesregierung in den vergangenen Jahren in den Bundesländern aufgeführt haben? Die Schatzmeister von CDU, CSU und SPD? Wohl kaum. Also jedes Land für sich? Samt dortiger Sparkassen? Oder alle Steuerzahler für eine "Bad Landesbank"? Fragen, die zumindest eines klarmachen sollten: Staatsbanking jenseits des Sparkassenwesen ist keine Alternative zum Markt - es ist noch viel, viel schmutziger.