Hypo Real Estate Rettung auf den letzten Drücker

Kollaps verhindert: Bund und Banken haben ein neues Hilfspaket geschnürt und die Hypo Real Estate vor der Pleite bewahrt. Die Rettungsaktion war dramatisch - quasi in letzter Minute wurde eine Einigung erzielt und ein Börsenabsturz vermieden. Führende Politiker fordern jetzt die Entlassung der HRE-Manager.

Ein Zusammenbruch des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) ist ein zweites Mal in letzter Minute verhindert worden. Die Bundesregierung und die deutsche Finanzindustrie vereinbarten am späten Sonntagabend in Berlin ein deutlich aufgestocktes Rettungspaket für den angeschlagenen Dax-Konzern. Danach will die Finanzindustrie den Umfang der Notfallkredite für die Münchner HRE-Gruppe auf nunmehr 30 Milliarden Euro verdoppeln. Einschließlich der schon im ersten Rettungsplan vereinbarten Kredite vom Notenbanksystem in Höhe von 20 Milliarden Euro beläuft sich das neue Hilfspaket damit auf insgesamt 50 Milliarden Euro.

Mit dem neuen, ebenfalls abgesicherten Liquiditätskredit von nochmals 15 Milliarden Euro werde "das Institut stabilisiert und damit der Finanzplatz Deutschland in schwierigen Zeiten gestärkt", hieß es in einer Mitteilung des Finanzministeriums. Der vom Bund zur Verfügung gestellte Bürgschaftsrahmen von bis zu 35 Milliarden Euro werde nicht verändert. Bis zu einer Gesamthöhe von 14 Milliarden Euro trage der Finanzsektor 60 Prozent (8,5 Milliarden Euro) und der Bund 40 Prozent der möglichen finanziellen Belastungen, die sich aus einer Inanspruchnahme der Ausfallgarantie ergeben könnten. Bundesregierung, Bundesbank, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin sowie die Spitzenvertreter der deutschen Kredit- und Versicherungswirtschaft hätten damit eine Lösung für die in den letzten Tagen zusätzlich entstandenen Liquiditätserfordernisse der HRE erzielt.

Der HRE-Vorstand begrüßte die neue Vereinbarung. "Wir sind für die Unterstützung aller Parteien sehr dankbar. Die gefundene Lösung stellt sicher, dass die Hypo Real Estate Group stabilisiert wird, auch bei andauernder Finanzkrise über ausreichende Liquidität verfügt und weiterarbeiten kann", sagte der Vorstandsvorsitzende Georg Funke am Montagmorgen in München.

Politiker fordern Entlassung der HRE-Manager

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) plant unterdessen einen Risikoschirm für die gesamte Finanzbranche. "Wir müssen jetzt versuchen, über eine singuläre Lösung bei Hypo Real Estate in Deutschland insgesamt einen Schirm zu spannen, damit wir nicht von einem Fall zu dem anderen Fall geraten", sagte Steinbrück am Montag im Deutschlandfunk. Es dürfe aber auch kein neuer Fall herbeigeredet werden.

Zugleich forderte Steinbrück eine Ablösung der HRE-Führung. Er halte es für undenkbar, dass das Management nun weiter mache. Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder und Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn verlangten die Entlassung der HRE-Manager. Es werde "'höchste Eisenbahn, dass das Management der Hypo Real Estate in die Wüste geschickt wird" - und zwar möglichst ohne Goldenen Handschlag'", sagte Kauder am Montag im ZDF.

Bankmanager, Bundesbank und Finanzministerium hatten am Sonntag fieberhaft über ein neues Rettungspaket für die HRE verhandelt. Bis zur Eröffnung der asiatischen Börsen am Montag um 2 Uhr MESZ musste eine Einigung gefunden werden, um einen Kursrutsch zu verhindern. Wären die Gespräche gescheitert, wäre nicht nur ein Zusammenbruch der Münchner Bank wahrscheinlich gewesen. Ein Zusammenbruch der HRE hätte auch erhebliche Auswirkungen auf den Finanzmärkten gehabt. Erst am Samstag war das vor einer Woche ausgehandelte erste Hilfspaket für die HRE-Gruppe überraschend geplatzt, weil die Banken ihre Kreditzusagen wieder zurückgezogen hatten. Die Liquiditätslücke bis 2009 war weit größer als der zunächst angenommene Kreditbedarf von rund 35 Milliarden Euro.

Der Börsenexperte Wolfgang Gerke sieht trotz der Bürgschaft des Bundes Hoffnung für den Steuerzahler. Bei der Bank sei eine Menge Substanz vorhanden, sagte Gerke der "Passauer Neuen Presse". Dem aktuellen Kreditbedarf stünden werthaltige Forderungen gegenüber, sodass die Kredite auch zurückgezahlt werden könnten. Dann würde der Steuerzahler im Idealfall trotz Bürgschaft des Staates nicht in Anspruch genommen. Der Experte sieht die HRE-Tochtergesellschaft Depfa, die 1998 ihren Sitz nach Irland verlegte, als eine der Schuldigen an der schweren Krise. "Die irländische Finanzaufsicht hat versagt. Erst werden Finanzinvestoren angelockt, dann nicht genügend kontrolliert", kritisierte Gerke. Deshalb sei auch die irische Regierung bei einer Rettungsaktion in die Verantwortung einzubeziehen.

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DPA/AP