Die Bundesregierung hat angekündigt, die Gewerbesteuer zu reformieren und dabei den Kreis der Steuerpflichtigen auf Freiberufler auszudehnen. Finanzminister Hans Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) kündigten am Donnerstag einen entsprechenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung an. Dieser soll auf den Ergebnissen der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen beruhen. Zudem sollen Arbeitslosen- und Sozialhilfe künftig unter Aufsicht der Bundesanstalt für Arbeit (BfA) zusammen gelegt werden. Die Kommission hatte sich zuvor auch in ihrer letzten Sitzung nicht auf einen Kompromiss bei der Gewerbesteuer einigen können, weil die Wirtschaftverbände weiterhin ihr Reformmodell befürworteten. Die deutliche Mehrheit der Kommission und auch die Fraktionen von SPD und Grünen befürworten aber eine Ausdehnung des Kreises der Gewerbesteuerzahler.
Mehrheit für Reform der Gewerbesteuer
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe und die intensiven Untersuchungen der kommunalen Ausgaben und Einnahmen seien eine gute Grundlage für die Gesetzgebung, sagte Eichel. Ziel sei, die Reform zu Beginn 2004 in Kraft zu setzen. "Gegen die Wirtschaftsverbände ist die mehrheitliche Position in der Kommission, dass die Gewerbesteuer reformiert werden soll", sagte Clement. Seiner Auffassung nach solle der Kreis der Gewerbesteuerzahler auf die Freiberufler und die Land- und Forstwirtschaft ausgedehnt werden. Nach Eichels Worten hat die Kommission zudem eine Soforthilfe für die Kommunen im kommenden Jahr empfohlen. Hier scheint jedoch vor allem unklar, von wem und wie sie finanziert werden soll.
Mieten, Pachten und Leasingzahlungen berücksichtigen
Strittig ist nach Clements Worten allerdings noch, ob es zu einer stärkeren Einbeziehung von so genannten ertragsunabhängigen Elementen kommen wird. Er ist dagegen, um etwa Unternehmen nicht zusätzlich zu belasten, die sich in einer Verlustphase befinden. Zudem soll durch einen Verzicht auf die Einbeziehung das steuerliche Verfahren vereinfacht werden. Die Kommunen hingegen wollen etwa Mieten, Pachten oder Leasingzahlungen stärker in den Betrag einfließen lassen, auf den die Unternehmen dann die Gewerbesteuer zahlen müssen. Auch in der SPD-Fraktion und bei den Grünen findet diese Position Unterstützung.
Knapp vier Milliarden Euro mehr erwartet
Eichel und Clement gingen nicht auf die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer ein. Dies müsse im Gesetzgebungsverfahren geklärt werden. Nach Angaben des Städtetages belaufen sich die Mehreinnahmen der Kommunen auf rund vier Milliarden Euro, wenn ihr Modell umgesetzt werden würde. Die Wirtschaft wird davon mit rund zwei Milliarden Euro belastet. Durch Verrechnungsmöglichkeiten etwa mit der Einkommensteuer kommen die restlichen zwei Milliarden Euro von den Ländern und vom Bund.
Entwurf kommt Mitte August
Clement kündigte einen Gesetzesentwurf für Mitte August an. Dann soll auch geregelt werden, um wie viel die Gemeinden durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe entlastet werden. Sicher ist bislang, dass sie die für die Finanzierung der Ganztagesschulen zugesagten 1,5 Milliarden Euro erhalten. Die Kommunen pochen jedoch auf eine Entlastung von rund sechs Milliarden Euro. Zusammen mit den Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer könnte dann eben mal das Defizit der Städte und Gemeinden im laufenden Jahr ausgeglichen werden. Auch hier müssten Bund und Länder den Großteil der Lasten tragen.
Gewerbesteuer ein "Fossil"
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, sagte, mit der Gewerbesteuer werde ein Fossil wiederbelebt. Die Wirtschaft werde vor allem im Bundesrat weiter für ihr Modell kämpfen und zumindest versuchen, das Schlimmste abzuwenden. Ein Problem sei jedoch die Vielstimmigkeit in der Union. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, äußerte sich zuversichtlich, das eigene Modell in den parlamentarischen Beratungen durchsetzen zu können: "Wir können jetzt realistisch erwarten, dass die Reform der Gemeindefinanzen zum 1. Januar 2004 in Kraft tritt, so wie wir es seit langem fordern."