Die rot-grüne Koalition von Bundeskanzler Gerhard Schröder will die finanzschwachen Kommunen in den nächsten Jahren um einen zweistelligen Milliardenbetrag entlasten. Im nächsten Jahr solle die Gemeindefinanzreform den Städten und Gemeinden 4,5 Milliarden Euro bringen, sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel nach einem Gespräch des Kanzlers mit den Spitzen der Koalition in Hannover. Von 2005 an sollten es jährlich rund fünf Milliarden Euro sein. Schröder hatte kurz vor dem Treffen erklärt, er setze bei der Finanzreform auf die Zusammenarbeit mit der Opposition.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte im Anschluss an das Spitzengespräch, es seien grundsätzlich keine Fragen mehr offen geblieben. Lediglich Details gelte es noch bis zur Kabinettssitzung am 13. August zu klären.
Gewerbesteuer auch für Freiberufler
Eichel zufolge wird die Gewerbesteuer auf die rund 700 000 Freiberufler ausgeweitet. Dies verstetige die Steuereinnahmen der Kommunen. Clement sagte, Freiberufler könnten ihre Gewerbesteuerlast auf ihre Einkommensteuer anrechnen. Die Reform der Gemeindefinanzen werde sowohl der Lage der Kommunen als auch der der Wirtschaft gerecht. Die Entlastungen für die Kommunen stärkten vor allem deren Investitionskraft. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe würden Städte und Gemeinden zusätzlich entlastet.
Am Treffen der Koalitionäre nahmen neben SPD-Fraktionschef Franz Müntefering auch die Grünen-Fraktionschefinnen Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt teil.
Keine Schlupflöcher für große Unternehmen
Eichel sagte, die Bundesregierung wolle dafür sorgen, dass große Unternehmen die Gewerbesteuer nicht mehr umgehen könnten. Schröder hatte kurz vor dem Treffen gesagt: "Die Steuer heißt ja nicht ohne Grund Gewerbeertragsteuer und die soll bezahlt werden, insbesondere auch von den großen Kapitalgesellschaften, die Erträge erwirtschaften." Diejenigen Unternehmen, "zumal die kleinen und mittleren, die sich fremd finanzieren müssen, die keine Erträge erwirtschaften, die, denke ich, müssen auch verschont bleiben".

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Keine Steuer ohne Einkommen
Einkommensunabhängige Elemente sollen laut Eichel und Clement nicht bei der Gewerbesteuererhebung einbezogen werden. Damit setzte sich Clement bei dem Spitzentreffen durch, der anders als die Kommunen und die SPD-Fraktion Mieten, Zinsen und Leasingraten nicht zur Verbreiterung der Steuerbasis einbeziehen möchte. Nur Gewinne sollten versteuert werden. So sei sichergestellt, dass Unternehmen, die Verluste machten, keine zusätzliche Steuer zahlen müssten. Zudem solle die Erklärung der Gewerbesteuer "außerordentlich einfach" werden. Eichel sagte, der Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer werde verändert. Einzelheiten nannte er nicht.
Einsparungen bei der Sozialhilfe
Clement sagte, auch die Unternehmen, die bislang ihre Gestaltungsspielräume zu Lasten der staatlichen Kassen genutzt hätten, würden künftig von der Gewerbesteuer erfasst. Im Zuge dieser Reform bekämen die Gemeinden 2,5 Milliarden Euro. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe würden den Kommunen in den nächsten zwei Jahren weitere 1,5 Milliarden Euro bleiben. All das sei ein "wesentlicher Beitrag, um die Investitionskraft der Kommunen" wieder zu stärken. "Wir gehen auch davon aus, dass die Länder mitspielen", sagte Clement.
Unions- und FDP-Politiker hatten vor dem Treffen erneut den Wegfall der gesamten Gewerbesteuer gefordert. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) kündigte an, er werde einer Ausweitung der Gewerbesteuer auf die freien Berufe nicht zustimmen.