Was die meisten Rentner noch aus ihrer steuerpflichtigen Erwerbskarriere kennen, beginnt von Neuem: Ab dem 1.1.2005 beginnt der Einstieg in die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Von den Altersrenten wird dann einheitlich ein Anteil von 50 Prozent steuerpflichtig. Für jeden hinzukommenden Rentenjahrgang wird dieser Besteuerungsanteil bis zum Jahr 2020 zunächst um jeweils zwei Prozent, vom 1.1.2021 um jeweils ein Prozent erhöht. Im Jahr 2040 wird dann auf die volle Rente Steuern erhoben. Maßgebend für die Höhe der Steuer ist der individuelle Steuersatz. Deshalb dürften bald alle jene Rentner Probleme bekommen, die Nebeneinkünfte wie Privat- oder Betriebsrenten und Zins- oder Mieteinnahmen - absichtlich oder unabsichtlich - nicht angegeben haben. Dann drohen Nachzahlungen oder Strafverfahren. Ein womöglich günstigerer Ausweg für Betroffene: die Steueramnestie, die noch bis Ende März die Chance bietet, mit dem Finanzamt reinen Tisch zu machen.
400.000 Rentner könnten betroffen sein
Dieter Ondraczek, Vorsitzender der deutschen Steuergewerkschaft schätzt, dass bis zu 400.000 Rentner von Nachforderungen des Fiskus betroffen sein könnten. Andere Experten gehen von deutlich mehr Ruheständlern aus, die wegen ihrer hohen Gesamteinkünfte schon früher hätten Steuern zahlen müssen, aber bisher keine Steuererklärung abgegeben haben. "Die Mehrzahl der Rentner muss aber nicht in Sorge sein", betont Stephanie Zipp, Rentenexpertin des Verbrauchermagazins "Finanztest". Wer bis 1575 Euro im Monat (bei Ehepaaren: 3150) Rente im Monat hat, bleibt steuerfrei.
Steuern erst 2006 fällig
Millionen Rentner werden in diesem Jahr steuerpflichtig. Zahlen müssen sie jedoch erst nächstes Jahr. Bis Mai 2006 müssten die Rentner eine Steuererklärung abgeben. Danach wird die gesamte Steuer auf einmal fällig, allerdings nur wenn überhaupt Steuern gezahlt werden müssen. Renten von rund 1.575 Euro - bei Ehepaaren von 3.150 Euro monatlich - bleiben den Angaben zufolge steuerfrei, solange es keine weiteren Einkünfte wie Mieteinnahmen, Zinsen oder Betriebsrenten gibt.
"Die Problematik kann immer dann auftauchen, wenn neben der gesetzlichen Rente noch andere Einkünfte wie Firmenpensionen oder Mieten da sind", sagt Ondraczek. Auch Norman Peters vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) grenzt den Kreis ein: "Eher bei besser verdienenden Rentnern, vielleicht bei Grenzfällen, die nicht wussten, dass sie früher schon steuerbelastet waren." Unangenehm ist dies dehalb, weil auch bloß unwissentlich verschwiegene Einkünfte nicht vor Steuerstrafverfahren schützen. "Über Rentnern schwebt ein Damoklesschwert, das Kontrollnetz wird enger", mahnt Margret Schencking, Amnestiespezialistin aus München, zur Steuerehrlichkeit. Denn von nun an wird die Steuerpflicht jedes Einzelnen genau kontrolliert.
Renten und Nebeneinkünfte werden zentral erfasst
Bisher fielen Ungereimtheiten oder gezielte Mogeleien nicht weiter auf. Renten und Nebeneinkünfte wurden nicht zentral erfasst. Das ist seit Jahresanfang anders. Denn die Rentenkassen, Versorgungswerke und auch die privaten Versicherer müssen ihre Überweisungen an Ruheständler ab sofort jährlich melden. Diese Daten werden elektronisch an die Zentralen Stelle für Altersvermögen (ZfA) gemeldet. Diese Stelle ist bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) angesiedelt. Nach einer Vorauswahl gehen die entsprechenden Daten dann weiter an die Finanzämter.
Dadurch stehen all die Rentner stärker im Visier, die in den Vorjahren keine Steuererklärung einreichten, es jetzt aber durch das neue Alterseinkünftegesetz 2005 tun müssen. "Da wird Nachbohren manchmal nicht zu vermeiden sein", ist DStV-Sprecher Peters überzeugt. Der Fiskus darf dazu die Einnahmen der Vorjahre unter die Lupe nehmen, und das bis zu zehn Jahre zurück. Allein ab diesem Jahr werden etwa 2,2 Millionen Rentnerhaushalte erstmals neu steuerpflichtig sein. Insgesamt müssten 3,3 Millionen Ruheständler eine Steuerlast tragen, berichtet Peters.
Das Kontrollnetz wird enger
Hinzu kommt, dass Banken neuerdings Jahresbescheinigungen über Kapitaleinkünfte und Wertpapiergeschäfte ausstellen müssen, angefangen mit 2004. Ab April können die Finanzämter die Stammdaten privater Konten im Inland abfragen. Selbst Schwarzgeldkonten und andere Einnahmequellen im Ausland werden transparenter. Ab Mitte 2005 greift dann die EU-Zinsrichtlinie. Damit werden die Kapitaleinkünfte Deutscher in den meisten Ländern der Europäischen Union (EU) an den Fiskus daheim gemeldet. All das macht auch die Einkünfte von Rentnern auf einen Schlag so durchsichtig wie nie zuvor.
"Das Kontrollsystem greift erst so richtig ab 2007, aber dafür rückwirkend ab 2005", gibt Anwältin Schencking zu bedenken. Auch Peters rät: Rentner, die Probleme mit dem Fiskus befürchten, sollten ihre steuerliche Situation rechtzeitig mit einem Steuerberater besprechen. In "einfacheren" Fällen könnte auch der Lohnsteuerhilfeverein helfen, empfiehlt Verbraucherschützerin Zipp. Bis zum 31. März können Betroffene noch die Steueramnestie des Staats nutzen. Wer fiskalische Tricksereien aus dem Zeitraum zwischen 1993 und 2002 dem Finanzamt beichtet und eine pauschale Steuer von 35 Prozent nachzahlt, kann straffrei ausgehen.
Stunde der Wahrheit schlägt im April
Ab April ist es mit der Steueramnestie endgültig vorbei. Dann gibt es nur noch das Mittel der Selbstanzeige: Zeigt sich ein Rentner selbst an, muss er die hinterzogenen Steuern samt Zinsen nachzahlen, bleibt aber immerhin von einem Strafverfahren verschont.