Frankfurt platzt aus allen Nähten. Schon heute ist der Wohnungsmarkt mehr als angespannt, wer eine Wohnung sucht, muss entweder viel Zeit aufbringen oder tief in die Tasche greifen. Mehrere Faktoren kommen zusammen: Der Bankensektor, der in Frankfurt residiert, knapp 50.000 studieren an der Uni - dazu kommen weitere Hochschulen - und viele Firmen brauchen in der Stadt Platz. Der drohende Brexit könnte die Situation noch verschärfen, wenn London nicht mehr als Europas Finanzzentrum dient. Frankfurt braucht Wohnraum - und das schnell.
Laut dem Immobilienunternehmen Immoconcept fehlen in Frankfurt bis 2030 rund 90.000 Wohnungen, aktuell seien es bereits 23.000 Wohnungen zu wenig. Ein gigantisches Bauprojekt könnte die Not lindern. Im Nordwesten der Stadt soll ein neuer Stadtteil entstehen. Zwischen den Frankfurter Stadtteilen Niederursel und Praunheim und den Nachbarstädten Steinbach und Oberursel könnten auf einer Fläche von mehr als 770 Fußballfeldern rund 11.500 Wohnungen entstehen. Bislang ist das Projekt noch Zukunftsmusik, berichtet die "Immobilienzeitung".
Andere Mega-Baustellen in Ballungsgebieten sind da schon weiter. So wird im Hamburger Westen ein neues Quartier hochgezogen. Die "Neue Mitte Altona" soll Platz für 7000 Wohneinheiten bieten - aber auch Gewerbeflächen für Geschäfte sollen entstehen und Platz für soziale Einrichtungen wie Kitas.
Bauboom in Deutschland
Klar ist: Mit den neuen Mega-Projekten verschieben sich Stadtzentren. Die Entwicklung erinnert an den Bauboom in den 1970er Jahren. Damals wurden Wohnblöcke in Rekordzeit hochgezogen, ganze Hochhausstädte entstanden. Allerdings am Bedarf vorbei. Damals setzte der Trend ein, dass Besserverdienende in die grünen Vororte zogen. Die neuen Wohnblocks wurden zur "Wohnungshalde". Auch heute bemängeln Experten, dass nicht die Wohnungen gebaut würden, die benötigt werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft argumentiert, dass vor allem jüngere Menschen in die Städte zögen und die Gesellschaft allgemein altere - daher würden vor allem Zwei- und Dreizimmerwohnungen gesucht. Doch gebaut würden immer noch große Wohnungen."Wir bauen am Bedarf vorbei", sagt IW-Experte Michael Voigtländer.
Förderung für Wohnraum
Ein weiteres Problem: Privatinvestoren würden teuere Wohnungen planen und bauen - dabei werde bezahlbarer Wohnraum nachgefragt. Häufig streben die Städte daher einen Mix aus Investoren - also aus privatwirtschaftlichen Akteuren und der Kommunen - an. So wird sichergestellt, dass auch sozial geförderter Wohnraum entsteht. Damit mehr Menschen in den Genuss von staatlichen Förderungen bei Wohnungen kommen, haben einige Städte - darunter Frankfurt und München - die Einkommensgrenze angehoben. So bekamen bislang Zwei-Personen-Haushalt in München bis zu einem jährlichen Nettoeinkommen von 33.500 Euro Unterstützung. Nun dürfen insgesamt bis zu 38.000 Euro eingenommen werden. Eine vierköpfige Familie darf nun 61.300 Euro jährliches Nettoeinkommen zur Verfügung haben und bekommt trotzdem Förderung. Vorher durften es nur 54.000 Euro sein. Schätzungen zufolge habe dadurch mehr als jeder zweite Münchener Anspruch auf Wohnungsförderung. Das Mietniveau in der bayerischen Hauptstadt zählt zu den höchsten in ganz Deutschland.
Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt explodiert
Zwar wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich mehr gebaut - 2016 wurden knapp 278.000 Wohnungen fertiggestellt, so viele wie seit zwölf Jahren nicht. Doch ausreichend ist das Wohnungsangebot immer noch nicht. Bis 2020 müssten bundesweit rund 385.000 Wohnungen pro Jahr gebaut werde, damit der Bedarf gedeckt wird. "Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wird eher noch wachsen", sagt Andreas Schulten, Vorstand beim Immobilienanalysten Bulwiengesa, der "dpa". Schon heute klafft die Lücke, auch in Frankfurt. Jährlich benötigt die Stadt rund 7800 neue Wohnungen, gebaut würden nur 3500. Das entspricht einer Abdeckungsquote von 45 Prozent. Doch die Finanzmetropole steht im bundesdeutschen Vergleich noch gut da, so eine Auswertung des IW Köln. In Berlin entstehen jährlich 7700 neue Wohnungen - die Stadt benötigt aber mehr als 31.000 pro Jahr.
