Jean-Claude Juncker Ein Mann will nicht nach oben

Die Finanzminister der Euro-Zone haben den luxemburgischen Ressortchef Jean-Claude Juncker zum Vorsitzenden der Eurogruppe gewählt. Bisher lehnte der angebotene Ämter gerne ab.

Wegen seiner langen Erfahrung und seines moderaten öffentlichen Auftretens ist der luxemburgische Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker stets für Spitzenämter der Europäischen Union (EU) im Gespräch. Zu Jahresbeginn wurde darüber spekuliert, er könnte Präsident der EU-Kommission werden. Der 49 Jahre alte Jurist winkte ab - und blieb im Großherzogtum Luxemburg, eines der kleinsten EU-Länder.

Diesmal sagte der konservative Politiker, der seit 1995 die Regierung seines Heimatlandes führt, zu. Er übernimmt als Brüsseler "Nebenamt" den Vorsitz der Eurogruppe.

Exklusives Gremium

In diesem ebenso exklusiven wie verschwiegenen Gremium treffen sich die Finanzminister der zwölf Länder mit der Euro-Gemeinschaftswährung in der Regel einmal im Monat. Bisher wechselt der Vorsitz alle sechs Monate. Derzeit führen die Niederlande die Geschäfte. Mit dem auf zwei Jahre verlängerten Vorsitz - im Brüsseler Jargon heißt er "Mr. Euro" - will die Eurogruppe besonders auf internationaler Ebene sichtbarer werden.

Juncker kennt jede Verästelung des Brüsseler EU-Betriebs. Bereits 1989 wurde er im Luxemburger Kabinett Finanzminister. In den Verhandlungen um die grenzüberschreitende Zinsbesteuerung verteidigte er mit aller Härte und allen Finessen der Diplomatie die Interessen des Luxemburger Finanzplatzes. Nachteile gegenüber der nicht zur EU gehörenden Schweiz dürfe es nicht geben, lautete seine Devise.

"Vier Stunden Genuss und zehn Jahre Ärger"

In der Debatte um die Defizit-Strafverfahren gegen Deutschland und Frankreich hielt sich Juncker dagegen sehr zurück. Kritik an den großen Nachbarn vermeidet er: "Davon habe ich vier Stunden Genuss und zehn Jahre Ärger", sagte er einmal.

Schon zu Zeiten, als Helmut Kohl noch die Bonner Regierungsgeschäfte führte, war Juncker mit seinen ausgezeichneten Sprachkenntnissen als Vermittler großen Stils zwischen Deutschland und Frankreich unterwegs. Bei einem 24-stündigen Verhandlungsmarathon auf dem Dubliner EU-Gipfel im Dezember 1996 hatte er maßgeblichen Anteil am Zustandekommen des Stabilitätspaktes.

Süffisante Bemerkungen inbegriffen

Der Routinier leistet sich gelegentlich süffisante Bemerkungen über seine europäischen Amtskollegen. Ein deutsch-britisch-französisches Dreiertreffen im Frühjahr kommentierte er so: "Ich denke, dass Tony Blair, Jacques Chirac und Gerhard Schröder sich aus Nächstenliebe versammelt haben. Sie haben gesehen, dass wir es nicht mochten, wenn unsere Sitzungen in Brüssel unterbrochen wurden, damit sie sich unterhalten."

DPA
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