Die Kündigung ist angekommen, alle Fristen wurden eingehalten, die Entlassung ist wirksam. Für Mitarbeiter, die die Kündigung nach vielen Jahren im Betrieb kassieren, ist das ein Schock. Doch viel Zeit für die Verarbeitung der Kündigung sollten Sie sich nicht lassen - und sich schnell fachkundige Unterstützung suchen.
Die Deutsche Bank kündigte im Juli 2019 an, dass allein in Deutschland bis zu 10.000 Stellen wegfallen könnten. Auch Deutschlands Auto-Zulieferer planen 2021 mit weniger Mitarbeitenden: Jede dritte Firma der Branche will reduzieren. Gerade bei Branchen im Umbruch und Firmen in Schieflage kommt es regelmäßig zu Entlassungen - und das auch von langjährigen Mitarbeitern. Doch ein verbreiteter Irrtum sorgt schnell für Ärger. Denn wer glaubt, dass Abfindungen eine garantierte Leistung sind, der wird schnell enttäuscht. Abfindungen sind freiwillige Zahlungen der Firma, um sich schnell von Mitarbeitern trennen zu können.
Wann eine Abfindung gezahlt wird
Mitarbeiter, denen gekündigt wurde, können sich auf ein Gewohnheitsrecht berufen, wenn entlassene Kollegen generell eine Abfindung erhalten. Mitunter regelt das aber auch ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder ein Sozialplan, der vom Betriebsrat ausgehandelt wurde. Allerdings ist die Höhe nach oben variabel, denn gesetzlich ist nur ein Minimum festgeschrieben.
Einige Firmen berücksichtigen bei der Abfindung den Status des Mitarbeiters: Hat er Familie? Ist er ein älterer Mitarbeiter, der kaum noch Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat? Aber ein weiterer Punkt spielt bei der Abfindungshöhe eine Rolle: Wie stehen die Aussichten vor Gericht? Kann sich der Mitarbeiter erfolgreich zur Wehr setzen, wird es meist richtig teuer für die Firma.
Arbeitgeber haben die Möglichkeit, dem entlassenen Mitarbeiter eine Abfindung anzubieten (§ 1a KSchG), wenn der wiederum im Gegenzug keine Kündigungsschutzklage anstrebt. Denn diese juristische Auseinandersetzung scheuen die meisten Arbeitgeber. Daher bieten sie lieber einen Aufhebungsvertrag an und schützen sich mit dem Ausschluss des Rechtswegs.
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So hoch fällt die Abfindung aus
Laut dem Kündigungsschutzgesetz beläuft sich die Höhe der Abfindung auf "0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses." Zeiträume von mehr als sechs Monaten werden aufgerundet auf ein volles Jahr. Über die absolute Höhe besagt § 10: "Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen." Für Mitarbeiter, die mindestens 50 Jahre alt sind und mindestens 15 Jahre in der Firma gearbeitet haben, werden 15 Monatsgehälter fällig. Ab dem 55. Lebensjahr bei mindestens 20 Beschäftigungsjahren sind es bis zu 18 Monatsverdienste. Als Gehalt wird der Monatsverdienst angesetzt, der dem Arbeitnehmer zuletzt ausgezahlt wurde.
Diese Regelungen sind das Minimum, natürlich können Arbeitnehmer auch bessere Konditionen aushandeln. Wichtig ist, dass auf die Kündigung schnell reagiert wird. 21 Tage nach der Kündigung muss die Klage auf den Weg gebracht werden. Andernfalls gilt die Kündigung als rechtmäßig. Unbedingt sollte so schnell wie möglich der Betriebsrat informiert werden und dort ein Beratungstermin gebucht werden. Auch juristische Hilfe ist ratsam, um die Frist einzuhalten und schnell die Verhandlungen aufzunehmen. Gerade den Punkt des Klageverzichts können sich Arbeitnehmer versilbern lassen.
So wird die Abfindung nach der Kündigung versteuert
Doch was bleibt am Ende von der Abfindung? Welche Abgaben müssen gezahlt werden? Die Abfindung gilt vor dem Gesetz nicht als beitragspflichtiges Einkommen - daher sind Sozialversicherungsabgaben davon nicht zu zahlen. Das bedeutet: Weder Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- oder Krankenversicherung werden von der Abfindung abgezogen (Ausgenommen sind freiwillig Krankenversicherte, sie müssen die Kranken- und Pflegeversicherung nachzahlen). Doch steuerfrei ist die Zahlung zum Abschied nicht. Die Lohnsteuer wird fällig. Der Arbeitgeber berechnet in der Regel die Höhe der steuerlichen Abzüge und leitet dies an das Finanzamt weiter.
Die Abfindung ist meist ein einmaliger, hoher Betrag - das hat natürlich Auswirkungen auf die Steuerlast. Doch wird die Abfindung in einem Kalenderjahr ausgezahlt, können entlassene Arbeitnehmer eine Steuerermäßigung beantragen, die sogenannte Fünftelregelung (§ 24 Nr 1a EStG). Diese Regelung ist wichtig, denn die Einkommenssteuersätze sind progressiv, das heißt, sie steigen mit der Höhe der Einkünfte. Kommt geballt die Abfindung auf die Einkommensliste, können auch die Steuerabzüge schnell ansteigen.
So wird die Fünftelregelung bei der Abfindung berechnet
Mit der Fünftelregelung mildert man diesen Effekt, in dem man die Abfindung durch fünf teilt und danach das Ergebnis zum Jahresgehalt dazuzählt. Diese Gesamtsumme wird dann versteuert. Dann kommt die Gegenrechnung: Das Jahreseinkommen wird ohne Abfindung versteuert - und der Betrag wird mit dem ersten verglichen. Die daraus resultierende Differenz wird mit fünf multipliziert und ergibt dann die Einkommenssteuer.
Ein Rechenbeispiel von "steuern.de" verdeutlicht, wie die Fünftelregelung funktioniert: Ein Mitarbeiter (verheiratet, kirchensteuerpflichtig) verdient ein Jahresgehalt von 45.000 Euro. Als Abfindung erhält er 25.000 Euro. Wird die Abfindung ohne Fünftelregelung auf das Gehalt geschlagen, bleiben dem Mitarbeiter nur 16.705 Euro, mit der Regelung sind es hingegen 17.361 Euro – ein Plus von mehr als 600 Euro.
Gerade Arbeitnehmer, die ein niedriges zu versteuerndes Einkommen erzielen, können von dieser Regelung profitieren, da sie nicht in einen ungünstigeren Steuertarif rutschen.
So wirkt sich die Abfindung auf das Arbeitslosengeld aus
Auf das Arbeitslosengeld I hat die Abfindung in der Regel keine Auswirkungen. Das ALG I ist keine Grundsicherung, sondern eine Versicherungsleistung, die nur dann ausgezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum gearbeitet hat und mindestens zwölf Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Etwaiges Vermögen - oder eben die Abfindung - haben keinen Einfluss auf die Auszahlung des ALG I. Allerdings der frühzeitige Ausstieg aus der Firma: Verlässt der Arbeitnehmer ohne Einhaltung der Kündigungsfrist das Unternehmen und scheidet aus dem Arbeitsverhältnis aus, so ruht der Anspruch auf ALG I (Dazu: § 158 SGB III). Dies kann durch einen Aufhebungsvertrag oder den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs geschehen. Die Ruhephase richtet sich nach der Dauer der verkürzten Kündigungsfrist.
"Vereinbaren Sie keinen Aufhebungsvertrag und keinen Abwicklungsvertrag, wenn es dafür keine wirklich triftigen Gründe und/oder eine äußerst attraktive Abfindung gibt. Der sicherste Weg für Sie als Arbeitnehmer, auf einen Beendigungswunsch Ihres Arbeitgebers einzugehen, besteht darin, eine ordentliche Kündigungserklärung des Arbeitgebers mit korrekt berechneter Kündigungsfrist abzuwarten und dann geschwind Kündigungsschutz klage einzureichen", so die Empfehlung der Rechtsanwaltskanzlei Hensche. Bei vernünftigen Abfindungsregelungen sei es notwendig, dass Kündigungsfristen eingehalten werden. "Verkaufen Sie Ihre Kündigungsfristen nicht gegen Zahlung oder Erhöhung einer Abfindung", so der Rat der Anwälte.