Arbeitsmarkt Frühjahrssonne kann Konjunktur nicht erwärmen

In absoluten wie in saisonbereinigten Zahlen liegt die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung derzeit um mehr als 470.000 über dem Vorjahresniveau, insgesamt haben 4,460 Millionen keinen Job.

Die Frühjahrssonne konnte sich auch im April auf dem Arbeitsmarkt nicht gegen die weiterhin dunklen Wolken am Konjunkturhimmel durchsetzen. In absoluten wie in saisonbereinigten Zahlen liegt die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung derzeit um mehr als 470.000 über dem Vorjahresniveau. Binnen Jahresfrist haben fast eine halbe Million ihren Job verloren. Die Zahl der Erwerbstätigen sank saisonbereinigt um 484.000 auf 38,311 Millionen.

Stagnationsphase

"Verschlechterung hat sich fortgesetzt", überschrieb der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster, am Mittwoch seinen Bericht über die Entwicklung des Arbeitsmarktes im April. 13 Monate nach seinem Amtsantritt musste Gerster seine Prognosen für das laufende Jahr erneut nach oben korrigieren. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufforschung rechnet in seiner Projektion für 2003 "mit einer längeren Stagnationsphase".

"Null-Linie" in Sicht?

Bei einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent wird die Zahl der Erwerbslosen im Jahresdurchschnitt um circa 340.000 auf rund 4,4 Millionen steigen, räumte Gerster ein. Dennoch sieht der BA-Chef einen ersten Hoffnungsschimmer. So ist der Anstieg der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl im April mit 44.000 zum zweiten Mal in Folge niedriger ausgefallen als im jeweiligen Vormonat. Zum Jahresende soll der Indikator für die konjunkturelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt endlich wieder die "Null-Linie" erreichen.

BA-Chef warnt vor falschen Hochrechnungen

Eine halbe Million mehr Arbeitslose bedeutet für die Kasse der Bundesanstalt gleichzeitig eine halbe Million weniger Beitragszahler. Noch vor sechs Monaten wollte die Bundesanstalt in ihrem 53,2-Milliarden-Etat für das Jahr 2003 ohne Bundeszuschuss auskommen. Im laufenden Haushaltsjahr ergab sich aber bereits von Januar bis April ein Defizit von 3,65 Milliarden Euro. "Es wäre falsch, die ersten vier Monate einfach mal drei zu nehmen", warnte Gerster vor falschen Hochrechnungen.

Bundeszuschuss für die BA

"Knappe Mittel erfolgreich einsetzen", lautet die Devise der Bundesanstalt und der Titel einer Broschüre über Beispiele für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Trotzdem geht BA-Finanzvorstand Frank Weise davon aus, dass Bundesfinanzminister Hans Eichel aus seinen leeren Kassen zwischen 6,5 und 7,5 Milliarden Euro nach Nürnberg überweisen muss. "Wir sind halt auch nicht der Esel, der Golddukaten sch....", umschrieb Florian Gerster die Problematik. "Aber wir versuchen, mit so wenig Bundeszuschuss wie möglich auszukommen."

Kritik an der Arbeit der BA

"Pauschale, unqualifizierte und negative Urteile" über die Arbeit der Bundesanstalt wie die von Unions-Fraktions-Vize Friedrich Merz wies der BA-Vorstand Gerster entschieden zurück. Merz hatte am Dienstag erklärt: "Außer der Verdoppelung des Gehalts beim Vorsitzenden ist bei der Bundesanstalt für Arbeit nichts geschehen." Gerster erinnerte am Mittwoch daran, dass er Merz wiederholt vergebens nach Nürnberg eingeladen habe, damit dieser die Effizienz der BA auch aus eigener Anschauung beurteilen könne.

Gerster räumte zwar ein, dass ein Fünftel der Erwerbslosen, wenn nicht sogar mehr, unter die Rubrik Scheinarbeitslosigkeit fallen. Eine Überprüfung der Verfügbarkeit sei angesichts der hohen Arbeitslosigkeit naturgemäß nur schwer möglich. Letztlich müsse der Gesetzgeber tätig werden. "Dabei wünsche ich mir auch die Unterstützung der Union im Bundesrat", sagte Gerster an die Adresse seiner Kritiker aus den Reihen von CDU und CSU.

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