Obwohl der Bericht der internen Revision der Bundesagentur für Arbeit (BA) Behördenchef Florian Gerster offenbar entlastet, werden die Stimmen nach seinem Rücktritt lauter. Der BA-Verwaltungsrat wollte sich am Samstag (12.30 Uhr) mit dem Prüfbericht befassen, in dem die Vergabe zahlreicher Beratungsverträge untersucht wurde. Die Spekulationen über einen Nachfolger Gersters gingen weiter.
Laut einem Bericht der ARD könnte sich der Revisionsbericht zu Gunsten Gersters auswirken. Danach beanstandet die interne Revision der Behörde lediglich zwei der 48 relevanten Beraterverträge. Insbesondere seien die beiden mit der Firma Roland Berger abgeschlossenen Aufstockungsverträge über rund 1,25 Millionen Euro, die in der Öffentlichkeit beanstandet worden waren, als rechtmäßig bewertet worden. Auch der Ursprungsvertrag mit Berger über 8,5 Millionen Euro sei ordnungsgemäß europaweit ausgeschrieben gewesen, berichtete das ARD-Hauptstadtstudio unter Berufung auf den Bericht.
Zumeist nur kleinere Verstöße
Gerügt wird laut ARD dagegen ein Aufstockungsvertrag mit IBM für ein Service-Center-Konzept, weil das Auftragsvolumen über 50 Prozent des Ursprungsvertrages lag. Aber auch hier sei die Kritik verhalten: Auf Grund eines formalen Fehlers sei die entscheidende 50-Prozent-Grenze "versehentlich" überschritten worden, zitierte die ARD den Revisionsbericht. Gerügt wird nach diesen Informationen außerdem ein Vertrag im Software-Bereich, weil dieser nicht ausgeschrieben worden sei. Die Nachrichtenmagazine "Der Spiegel" und "Focus" berichteten, dass darüber hinaus in zehn Fällen kleinere Verstöße festgestellt worden seien.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Nach einem "Spiegel"-Bericht läuft seit Anfang Dezember 2003 gegen Gerster ein Ermittlungsverfahren wegen der Veruntreuung von Geld im Zusammenhang mit der Vergabe von Beraterverträgen. Ausgangspunkt der Ermittlungen seien 25 Strafanzeigen gegen den Chef der Bundesagentur, berichtete das Magazin. Laut "Focus" erhält Gerster drei Monate sein volles monatliches Gehalt von 20.833 Euro brutto weiter, sollte er zum Ende Januar abgelöst werden. Danach bekomme er 35 Monate lang - bis zum ursprünglich vorgesehenen Ende seiner fünfjährigen Amtszeit - noch halbe Bezüge von 10.416 Euro im Monat. Daraus ergebe sich eine Gesamtabfindung von knapp 430.000 Euro.
Spekulationen über Nachfolger
Als mögliche Nachfolger Gersters sind Medieninformationen zufolge der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Alfred Tacke, sowie Gersters BA-Vorstandskollege Frank-Jürgen Weise im Gespräch. Auch die Namen des Telekom-Vorstandsmitglieds Heinz Klinkhammer und des Leiters der Berliner BA-Repräsentanz, Wilhelm Schickler, wurden genannt. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, forderte die Privatisierung der Bundesagentur. Ein Wechsel an der Spitze reiche nicht aus, weil die Behörde "in ihrer jetzigen Struktur" nicht führbar sei, sagte Gerhardt der "Heilbronner Stimme".
Gerhardt sprach sich für einen Führungswechsel an der BA-Spitze aus. Der nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Peter Gasse forderte im Deutschlandradio Berlin seinerseits den Rücktritt Gersters. Mit seiner Aussage, ein großer Teil der BA-Belegschaft sei verzichtbar, habe er das Vertrauen des Personals zerstört, sagte er.