Arbeitsmarkt Jobwunder nicht in Sicht

Die Arbeitslosenzahl verharrt hartnäckig über der Vier-Millionen-Grenze und auch das für 2004 erhoffte höhere Wirtschaftswachstum wird nicht eine durchgreifende Trendwende am Arbeitsmarkt bringen.

"Da werden Sie sich noch wundern!" Allen schlechten Prognosen zum Trotz zeigt Wolfgang Clement ungebrochenen Optimismus. Wenn alle rot-grünen Reformen im nächsten Jahr erst mal zu wirken begännen, werde die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt schneller in Gang kommen als die Konjunkturforscher das bisher noch erwarteten, sagte der Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister bei der Vorstellung der jüngsten, gegenüber dem Frühjahr deutlich nach unten korrigierten Wachstumsschätzung. Doch das ersehnte Jobwunder lässt auf sich warten.

Die Arbeitslosenzahl verharrt hartnäckig über der Vier-Millionen-Grenze und auch das für 2004 erhoffte höhere Wirtschaftswachstum zwischen 1,5 und zwei Prozent wird nach den Experten-Prognosen nicht eine durchgreifende Trendwende am Arbeitsmarkt bringen. Sachverständige und führende Ökonomen rechnen sogar mit einem leichten Anstieg um etwa 50.000 im Jahresdurchschnitt auf rund 4,40 Millionen. Erst in der zweiten Jahreshälfte könne die Beschäftigung leicht zunehmen.

Union: Clement ist ein Ankündigungsminister

Wesentliche Teile der Clement’schen Arbeitsmarktreformen standen bis weit in den Dezember hinein zudem noch vor einem ungewissen Schicksal im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Dazu gehörten der Umbau der Arbeitsämter, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die auch Langzeitarbeitslose schneller wieder in Beschäftigung bringen soll, die Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und die Lockerung des Kündigungsschutzes.

Die Union wirft Clement vor, er sei lediglich ein Ankündigungsminister und habe nicht die Kraft, von ihm als richtig erkannte Konzepte in der SPD durchzusetzen. Als Beispiel verweist sie dazu auf die Minijobs, deren erfolgreiche Neuregelung erst auf Druck der Christdemokraten so ausgefallen sei, dass sie ihre Wirkung am Arbeitsmarkt auch entfalten könne.

Job-Krise: Einen garantierten Weg gibt es nicht

Insgesamt sei 2003 schon einiges in Bewegung gekommen, lobt indes der Arbeitsmarktexperte im Sachverständigenrat der Regierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Mannheimer Volkswirtschaftsprofessor Wolfgang Franz. Immerhin würden "erste Auflösungserscheinungen im Reformstau" sichtbar. Am wichtigsten sei jetzt eine beschäftigungsfreundliche Lohnpolitik. Gesetzliche Eingriffe in die Tarifautonomie - wie von der Union gefordert - hält er aber nicht für richtig.

Einen garantierten Weg aus der Job-Krise gibt es nicht. Das zeigt sich immer wieder und gilt auch für die zwischen Regierung und Opposition so erbittert umstrittenen Maßnahmen flexiblerer Arbeitszeitregelungen, der Sicherung eines Niedriglohnsektors sowie der Lockerung des Kündigungsschutzes und der Tarifautonomie.

Totalumbau der Arbeitsvermittlung

Dahinter verbirgt sich ein jahrzehntelanger Streit in der Politik ebenso wie unter den Gelehrten. Dass allein Kostensenkung für die Unternehmen in Form geringerer Löhne und Lohnzusatzkosten die Einstellung von Beschäftigten befördert, ist in der Praxis genau so wenig bewiesen wie ein Erfolg des Gegenvorschlags - die Stärkung der Kaufkraft und damit der Nachfrage. Die Frage ist, wann stellt ein Unternehmen ein? Eine einfache Antwort wird es darauf kaum geben. Eine Rolle spielen neben harten Fakten auch Stimmungen, Perspektiven, Erwartungen - Psychologie eben.

Die Bundesregierung setzt auf Totalumbau der Arbeitsvermittlung, Beseitigung bürokratischer Einstellungshemmnisse und die Förderung von Existenzgründungen. Bis Ende November haben sich nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) immerhin rund 83.000 Arbeitslose als "Ich-AG" selbstständig gemacht, rund 10.000 mehr als im Oktober. Clement rechnet damit, dass 2003 insgesamt rund 250.000 Menschen mit Hilfe der BA aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Existenz gründen.

Welche Veränderungen anstehen, ist noch in der Schwebe

Die Personal-Service-Agenturen (PSA) - ein Herzstück der Arbeitsmarktreform - beschäftigten im November 28.400 Arbeitslose. Anvisiert waren 50.000, die über Leiharbeit und "Klebeeffekte" den Weg in eine reguläre Beschäftigung finden sollen. Regierungsberater Peter Hartz wies aber trotz der Anlaufschwierigkeiten Kritik an den PSA zurück. Durch Veränderungen in der Konstruktion sei dieses Instrument jedoch in seiner Wirksamkeit beschnitten worden. Welche Veränderungen auf die jetzt noch anstehenden Reformschritte zukommen, ist zwischen Regierung und Opposition noch in der Schwebe.

Eva Tasche, dpa

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