Ein Zeugnis muss immer wahr und wohlwollend formuliert sein. So will es das Gesetz. Dies hat zur Folge, dass in Arbeitszeugnissen alle Formulierungen auf den ersten Blick positiv erscheinen, sich aber eine Art Geheimsprache entwickelt hat, die zwischen den Zeilen Kritik am Arbeitnehmer zum Ausdruck bringt.
Chef darf sich nicht via Zeugnis rächen
Dabei hatte der Gesetzgeber für den Arbeitnehmer eigentlich nur das Beste im Auge: Da das Zeugnis ein wichtiger Teil der Bewerbungsunterlagen ist, sollte es so abgefasst werden, dass einer erfolgreichen Bewerbung nichts im Wege steht. So heißt es in §109 Absatz 2 GewO (Gewerbeordnung):
"Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen."
Im Klartext heißt das: Ein Arbeitgeber darf beim Verfassen des Zeugnisses nicht die Absicht haben, dem scheidenden Mitarbeiter zu schaden. Ein im wahrsten Sinne des Wortes vernichtendes Zeugnis ginge also zu weit. Deshalb finden sich in Arbeitszeugnissen auch nie Formulierungen, die schon auf den ersten Blick negativ sind, wie z.B. "Herr Huber hat unseren Erwartungen überhaupt nicht entsprochen". Wahrscheinlicher ist schon eine Formulierung wie "Herr Huber hat die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt". Übersetzt heißt dies nichts anderes, als dass Herr Müller nur ausreichende Leistungen erbracht hat.
Konstruktiv statt destruktiv
Die Verpflichtung zu verständigem Wohlwollen ist jedoch kein Aufruf zur Schönfärberei, sondern eine Mahnung zu konstruktiver - statt destruktiver - Kritik. Trotzden fürchten die meisten Arbeitnehmer die vermeintliche Geheimsprache in ihrem Arbeitszeugnis. Hier erfahren Sie, welche Zeugnisarten es gibt, wie diese aufgebaut sein sollten - und welche Verschlüsselungstricks Arbeitgeber anwenden.
Das einfache Zeugnis
1. Das einfache Zeugnis
Es enthält Angaben
- zur Person (Name etc.)
- zur Art der Beschäftigung
- zur Dauer der Beschäftigung
- zu Beendigungsgründen und -modalitäten.
Das einfache Zeugnis ist typisch für weniger qualifizierte bzw. kurzfristig ausgeübte Tätigkeiten und enthält keinerlei bewertende Aussagen über Leistung und Führung des Mitarbeiters. Dennoch reicht die bloße Berufsbezeichnung nicht aus (z.B. Verkäuferin). Der konkrete Tätigkeitsbereich (Verkäuferin in der Schuhabteilung) muss aufgeführt werden.
2. Praktikums-, Aushilfs-, Nebenjobzeugnis
Auch diese Zeugnisse weisen aus, dass Sie (etwa wenn das Praktikum zum Studium gehört) nicht nur erfolgreich studiert haben, sondern bereits praktische Arbeitserfahrungen in einem bestimmten Bereich sammeln konnten. Grundsätzlich sind sie hilfreich, um zu belegen, dass Sie sich bereits in der Arbeitswelt behauptet haben. Gerade für Schüler und Studenten sind diese Art Zeugnisse erste Dokumente zur Bewährung in dem, was den "Ernst des Lebens" ausmacht. Zur Länge: Eine halbe Seite reicht aus. Zum Inhalt: grundsätzlich wie bei anderen qualifizierten Zeugnissen (siehe nächster FAQ-Punkt).
3. Das Berufsausbildungszeugnis
Alle Auszubildenden haben einen Anspruch auf ein Berufsausbildungszeugnis, auch dann, wenn sie die Abschlussprüfung nicht absolviert oder nicht bestanden haben. Inhaltlich geht es vor allem um die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, aber auch um die Beurteilung von Leistungs- und Verhaltensmerkmalen (z.B. Lernfähigkeit, Auffassungsgabe, Arbeitsquantität etc.). Die durchlaufenen Ausbildungsbereiche sollten ebenso erwähnt werden, wie Ort und Art der erfolgreich abgelegten Abschlussprüfungen.
4. Das Zwischenzeugnis
Wenn auch der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis gesetzlich nicht ähnlich eindeutig geregelt ist wie beim qualifizierten Endzeugnis, so wird in der Praxis doch akzeptiert, dass der Arbeitnehmer bei berechtigtem Interesse ein Recht auf ein Zwischenzeugnis hat. Anlässe für ein Zwischenzeugnis können z.B. sein:
- Kündigungsvorhaben
- Aufstiegswünsche
- Fortbildungsvorhaben
- Wechsel des Verantwortungsbereiches bzw. des Vorgesetzten etc.
Das qualifizierte Zeugnis
Zweck des qualifizierten Zeugnisses ist es, zu bescheinigen, in welcher Qualität der Arbeitnehmer die ihm gestellten Aufgaben bewältigt hat. Es ist der gängigste Zeugnistyp und enthält neben Angaben über die Art und Dauer der Beschäftigung eine ausführliche Beurteilung von Führung und Leistung. Sinn und Zweck des qualifizierten Zeugnisses ist es, zu bescheinigen, in welcher Qualität der Arbeitnehmer die ihm gestellten Aufgaben bewältigt hat und wie sein Verhalten aus Arbeitgebersicht insgesamt beurteilt wird. Folgende Komponenten sollte ein qualifiziertes Zeugnis enthalten:
- Die Überschrift
Üblicherweise: Zeugnis; auch möglich: Arbeitszeugnis, Dienstzeugnis. Ansonsten: Ausbildungszeugnis, Praktikumszeugnis, Zwischenzeugnis.
- Positions-, Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung
Tätigkeitsmerkmale, Kompetenzen und Verantwortung, sowie die berufliche Entwicklung innerhalb eines Unternehmens.
- Leistungsbeurteilung
Arbeitsbereitschaft, Arbeitsbefähigung, Arbeitsweise, Arbeitserfolge, Fachwissen, Weiterbildungsmotivation, ggf. Mitarbeiter-Führungskompetenz, zusammenfassende Beurteilung der Leistung.
- Verhaltensbeurteilung
Das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen oder Dritten, sowie weitere Anmerkungen zum Verhalten und zusammenfassende Verhaltensbeurteilung.
- Abschluss
Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (auf wessen Initiative?).
- Dankes-Bedauern-Formel
Dank für die geleistete Arbeit, evtl. Verständnis/Empfehlung, Wiedereinstellungsaussage und Bedauern über den Fortgang.
- Zukunftswünsche
Gute Wünsche für die weitere berufliche Entwicklung.
- Ausstellungsort, -datum und Unterschriften
Name des Ausstellers (auch computergeschrieben wiederholt), mit Hinweis auf dessen Position, Rechtsstellung.
So sollte ein gutes Zeugnis aussehen
So könnte ein typisches qualifiziertes Arbeitszeugnis aussehen:
Einleitung
Herr Heini Huber, geboren am 13. Mai 1977 in Witten, absolvierte in unserem Haus in der Zeit vom 1. August 1997 bis zum 15. Januar 2000 eine Ausbildung zum Bankkauffmann. Hierüber liegt ein gesondertes Zeugnis vor.
Positions-, Aufgaben- u. Tätigkeitsbeschreibung
Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung übernahmen wir Herrn Huber in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis. Zunächst beschäftigten wir ihn über einen Zeitraum von vier Jahren in unserer Zweigstelle III. Sein Aufgabenbereich umfasste zunächst die Giro-Disposition und ab Januar 2000 schwerpunktmäßig alle Tätigkeiten am Schalter mit abschließender Beratung sowie Kundenbetreuung im allgemeinen Bankgeschäft. Daneben nahm Herr Huber Vertretungen in allen Sachbereichen der Zweigstelle sowie interne Kontrollen und Sonderaufgaben wahr.
Leistungsbeurteilung
Ab September 2000 kam Herr Huber zum Zwecke seiner weiteren beruflichen Entwicklung im Rahmen seiner Bezirks-Personalreserve in unserer Hauptbank im klassischen Kreditgeschäft zum Einsatz. Hier wurde er insbesondere mit der laufenden Überwachung von Engagements, dem Aufbereiten der Unterlagen für Kreditgespräche und -entscheidungen, der Sicherheitenbestellung und -überwachung, Korrespondenzerledigung sowie Gliederung und Analyse von Jahresabschlüssen betraut. Auch die Unterweisung von Auszubildenden in diesem Bereich konnte ihm bedenkenlos übertragen werden.
Zusammenfassende Leistungszufriedenheitsaussage
Herr Huber hat sich der ihm übertragenen Aufgaben stets mit großem Engagement angenommen und diese zügig und zuverlässig zu unserer vollen Zufriedenheit bewältigt. Neben der Praxis erweiterte er in bankinternen Seminaren ständig sein Fachwissen.
Verhaltensbeurteilung
Aufgrund seiner Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft wurde Herr Huber geschätzt. Wegen seines höflichen, zuvorkommenden Auftretens war er allseits gern gesehen. Seine Führung war ohne jeden Tadel.
Beendigungsgrund & Dankes-Bedauern-Formel
Mit Ablauf des heutigen Tages scheidet Herr Huber aus eigenem Entschluss bei uns aus, um ein Studium aufzunehmen. Wir danken ihm für die stets sehr gute Zusammenarbeit.
Zukunftswünsche
Wir wünschen Herrn Huber für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg.
Datum der Ausstellung
Gelsenkirchen, 30. September 2007
Name
Rötger Sennscheid
Filialleiter DIE BANK AG, Gelsenkirchen
Wichtiges zuerst
Das Arbeitszeugnis soll, ähnlich wie eine Stellenbeschreibung oder eine Bewerbung, alle wesentlichen Kompetenzen und Kenntnisse eines Mitarbeiters hervorheben. Dies gilt auch für die Tätigkeitsbeschreibung im Zeugnis. Sie muss natürlich vollständig sein und eine angemessene Reihenfolge haben.
Grundsätzlich gilt: Wichtiges vor Selbstverständlichem. Werden in einer Aufgabenbeschreibung nur weniger qualifizierte Aufgaben genannt oder Routineaufgaben besonders betont, dann kann das als Abwertung der Position verstanden werden.
Beschreibung der Leistungen
Formulierungen, die ausdrücken, dass sich ein Mitarbeiter "bemüht hat" oder "bestrebt war", deuten nicht gerade auf großes und erfolgreiches Engagement hin. Sätze wie "Wir verlieren mit ihr eine zuverlässige und leistungsorientierte Mitarbeiterin" oder "Herr Huber widmete sich den Herausforderungen der Filialführung" sagen vielmehr aus, dass vorgegebene Ziele offenbar gar nicht erreicht wurden.
Besser wäre an dieser Stelle jedoch eine konkrete Benennung oder Beschreibung des Erfolges. Also: Welches Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen? Um wie viel Prozent konnte der Umsatz gesteigert werden? Eine Formulierung wie "Bei Termindruck erarbeitete er weitgehend brauchbare Ergebnisse" lässt den Schluss zu, dass dieser Mitarbeiter sich unter Belastung als vollkommen untauglich erwiesen hat. Wem "durchaus Einsatz" für das Unternehmen bescheinigt wird, kann ebenfalls ziemlich sicher sein, dass er nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird.
Selbstverständliches wertet ab
Viele Formulierungen in Arbeitszeugnissen klingen rundum positiv, haben aber eine ganz andere Bedeutung. "Frau Meier ist eine sehr gut informierte Mitarbeiterin" klingt auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Wenn dies allerdings die einzige Aussage zu den Fachkenntnissen von Frau Meier ist, dann entspricht das einer glatten "5". Die Aussage, dass ein Mitarbeiter "Telefongespräche treffend formuliert" und "dem Gesprächspartner jeweils angepasst hat", kann schnell zum Karrierekiller werden. Denn hier werden Selbstverständlichkeiten hervorgehoben, die in kein qualifiziertes Zeugnis gehören. Der Hinweis, dass vom Mitarbeiter "gelegentliche eigenständige Anregungen" kamen, ist ein geradezu vernichtendes Urteil in einem Arbeitszeugnis.
Etablierte Formulierungen
Einfacher ist es da schon bei der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung, der so genannten Zufriedenheitsformel: Hier haben sich Standards etabliert, an denen jeder sofort erkennen kann, wie gut sein Zeugnis wirklich ist. War der Arbeitgeber mit den Leistungen von Herrn Meier "zufrieden", dann entspricht das leider nur einer ausreichenden Note. Eine gute Leistungsbeurteilung wäre "Mit den Leistungen von Herrn Meier waren wir jederzeit voll und ganz zufrieden", eine sehr gute Formulierung wäre: "Mit den Leistungen von Herrn Meier waren wir jederzeit außerordentlich zufrieden."
Formulierungen über das Ausscheiden
Zu guter Letzt sollte der Arbeitgeber noch sein Bedauern über das Ausscheiden eines Mitarbeiters aus dem Unternehmen zusammen mit dem Dank für die geleistete Arbeit ausdrücken. Diese Formulierung ist ein ganz zentraler Bestandteil eines Arbeitszeugnisses. Fehlt sie, kann der zukünftige Chef sofort erkennen: Dieser Mitarbeiter wird nicht wirklich vermisst, vielleicht freut man sich sogar über seinen Weggang. Auch Formulierungen wie "Wir bedanken uns für die Zugehörigkeit zu unserem Unternehmen" lassen dem zukünftigen Arbeitgeber viel Spielraum für Interpretationen. Wer seinem Mitarbeiter gar "alles Gute in einem anderen Unternehmen wünscht", legt diesem nicht nur einen kleinen Stolperstein, sondern gleich einen ziemlich dicken Brocken in den Karriereweg.
Geheim-Codes
Auf den ersten Blick sehen diese Formulierungen durchaus positiv aus. Aber eben nur auf den ersten Blick! Denn Arbeitgeber signalisieren sich durch bestimmte Formulierungen die Schwäche eines Bewerbers. Diese Geheimcodes sind laut Gewerbeordnung verboten - und treten deshalb auch so gut wie nie auf. Allerdings werden sie oft mit den zulässigen "Verschlüsselungstechniken" verwechselt (siehe nächster FAQ-Punkt).
Hier aber nun einige Beispiele für verbotene Geheimcodes. Vergleichen Sie dazu einmal folgende Sätze:
a) Frau Meier hat die ihr übertragenen Arbeiten stets und ganz zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. b) Frau Meier zeigte für ihre Arbeit Verständnis und war mit Interesse bei der Sache. Dabei bemühte sie sich immer, allen Anforderungen gerecht zu werden.
Ist doch beides nett? Doch es gibt gravierende Unterschiede: Während die erste Formulierung für Frau Meier ein wirklich dickes Lob beinhaltet (= sehr gute Leistungen), ist die zweite Beurteilung eine Bankrottbescheinigung. Der Text sagt: Hier handelt es sich um eine faule, leitungsschwache Versagerin.
Machen Sie doch einmal den Test, ob Sie zwischen den Zeilen lesen können. Was steckt Ihrer Ansicht nach hinter folgenden Formulierungen?
Frau Schmitz war fleißig und ehrlich. Sie verfügt über ein bemerkenswertes Bildungsniveau, das sie stets zu einer interessanten Gesprächspartnerin machte. Die Kolleginnen und Kollegen schätzten sie wegen ihrer mannigfachen Fähigkeiten und ihres humorvollen Wesens ..."
Diese Beurteilung ist ein Schlag ins Gesicht. Die eigentlich nur als Trias zu verwendende Beschreibung Ehrlichkeit, Pünktlichkeit und Fleiß weist hier eine böse Lücke auf und signalisiert damit grobe Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit. Der "interessante Gesprächspartner" bedeutet: Geschwätzigkeit, das "humorvolle Wesen": unangenehmer Witzbold.
"... können wir Herrn Huber bestätigen, dass sein Verhalten gegenüber Kollegen und Kunden einwandfrei war ..."
In dieser Formulierung steckt der bös-kritische Hinweis auf Fehlverhalten, weil nichts über das Verhalten gegenüber dem Vorgesetzten gesagt wurde. Gemeint ist: Achtung - hier gab/gibt es Probleme.
Hier weitere fiese Formulierungen - samt Übersetzung:
Für die Belange der Belegschaft bewies er immer Einfühlungsvermögen
= Er suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis
Sie war tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen
= Eine unangenehme Mitarbeiterin, der es an Kooperationsbereitschaft mangelt
Er trat engagiert für die Interessen der Kollegen ein
= Er war Mitglied des Betriebsrats
Er erledigte alle Aufgaben ordnungsgemäß und pflichtbewusst
= Er war ein Bürokrat ohne Eigeninitiative
Die ihm gemäßen Aufgaben...
= Die anspruchslosen Aufgaben...
Er war mit Interesse bei der Sache
= aber ohne Erfolg
Wegen seiner Pünktlichkeit war er stets ein gutes Beispiel
= Aber nicht wegen seiner Leistung
Sie führte mit fester Hand/konsequent
= Autoritärer Führungsstil
Er schied im beiderseitigen Einvernehmen aus
= Kündigung durch den Arbeitgeber - eine wirklich einvernehmliche Aufhebung wird umschrieben mit "im besten beiderseitigen Einvernehmen"
Weitere Beispiele für Geheimcodes finden Sie auf der Seite von arbeitszeugnis.de
Gängige Verschlüsselungstechniken
Wie im Schulzeugnis auch, gibt es im Arbeitszeugnis die Möglichkeit, Noten für die Leistung zu vergeben. In nachfolgendem Beispiel können Sie hier sehen, wie sich eine Beurteilung in Nuancen von sehr gut zu schlecht ändert:
Note 1: "Er hatte stets eine ausgezeichnete Leistungsmotivation."
Note 2: "Er hatte stets eine hohe Leistungsmotivation."
Note 3: "Er hatte eine gute Arbeitsmotivation."
Note 4: "Er zeigte auch Motivation und Initiative."
So kann bei der Beurteilung jeder Buchstabe zählen: Ob ein Mitarbeiter stets zur "vollsten" oder nur zur "vollen" Zufriedenheit arbeitet, macht schon den Unterschied zwischen einem "sehr gut" und "gut" aus. Fehlt das Wörtchen "stets" ist die Leistungs schon nur "befriedigend".
Einen Sonderfall ist die Note 5 (= "mangelhaft"): Denn um dem geforderten Wohlwollen gerecht zu werden, verwenden die Arbeitgeber hier verschiedene Verschlüsselungstechniken - die aber nicht mit den Geheimcodes verwechselt werden dürfen. Zu den gänigsten zählt:
Die Positivskala
Bekanntestes Beispiel für die Positivskala ist die Leistungszusammenfassung mit dem Grad der Zufriedenheit (z.B. "Er hat alle Aufgaben zu unserer Zufriedenheit ausgeführt", Note 4), die durch Einschränkungen nach unten erweitert werden kann (z.B. "Er hat alle Aufgaben im Allgemeinen zu unserer Zufriedenheit erledigt", Note 5. Aber auch das Engagement kann "im Großen und Ganzen hoc"“ gewesen sein, ebenso wie die Arbeitsweise vielleicht nur "in der Regel zuverlässig" war oder ein Beurteilter zumindest "bemüht war, Zielvorgaben zu erfüllen".
Das Weglassen
Auf eine zu erwartende Aussage wird verzichtet, z.B. "Das Verhalten gegenüber Kollegen war einwandfrei". Hier fehlen die Vorgesetzten, gegenüber denen das Verhalten also wohl weniger gut war.
Die Verneinung
Während im normalen Sprachgebrauch eine doppelte Verneinung die Aussage verstärkt (z.B. "nicht unerheblich" = wichtig), bewirkt sie in der Zeugnissprache eine Abwertung. Gab das Verhalten eines Beurteilten beispielsweise "keinen Anlass zu Beanstandungen", dann war es aber auch nicht gerade lobenswert.
Alles passiv
Aussagen wie "Aufgaben, die ihm übertragen wurden, führte er zielstrebig aus" verweisen auf mangelnde Eigeninitiative.
Ausweichen
Unwichtiges und Selbstverständliches wird gegenüber den wirklich wichtigen Aussagen hervorgehoben, z.B. die "vorbildliche Pünktlichkeit" eines Managers.
Widersprüche
Wenn bestimmte Zeugnisaussagen im Widerspruch zueinander stehen, hebt dies den positiven Eindruck auf. Wenn einem Mitarbeiter sehr gute Leistungen bescheinigt werden, der Zeugnisaussteller ihm aber weder dankt, noch sein Ausscheiden bedauert, ist das widersprüchliche Zeugnis vermutlich Ergebnis einer Nachverhandlung, bei der nicht alle wesentlichen Aussagen aufgewertet oder ergänzt wurden.
Wichtige Urteile
Sie sehen: Es wird nicht nur darüber gestritten, was im Zeugnis stehen darf (bzw. nicht stehen darf) - sonder zunehmend auch darüber, was darin stehen muss. Hier hat das Bundesarbeitsgericht BAG)zuletzt einige Vorschriften präzisiert.
So hat das BAG entschieden, dass es bei der Abfassung eines Arbeitszeugnisses auch darauf ankommen kann, in welcher Branche der Arbeitnehmer tätig ist. Fehlt der Hinweis auf eine Qualifikation des Arbeitnehmers, die für die Arbeit in der Branche besonders wichtig sei, könne dies ein verbotenes Geheimzeichen sein. In diesem Fall habe ein Arbeitnehmer Anspruch auf ein korrigiertes Zeugnis, urteilten die Richter.
Wesentliche Eigenschaft
Konkret hatte ein langjährig beschäftigter Tageszeitungsredakteur von seinem Arbeitgeber verlangt, im Arbeitszeugnis auf die "Belastbarkeit in Stresssituationen" einzugehen. Für einen Zeitungsredakteur sei diese Eigenschaft wesentlich. Fehle der Hinweis auf die Belastbarkeit, werde das Zeugnis abgewertet. Vor dem höchsten Arbeitsgericht hatte der Redakteur allerdings nur zum Teil Erfolg. Zwar folgten die Richter dem Argument, dass branchenspezifische Aspekte in einem Zeugnis angesprochen werden müssten. Ob die persönliche Belastbarkeit tatsächlich ein entscheidendes Qualifikationsmerkmal für Zeitungsredakteure sei, überließen sie allerdings der Vorinstanz zur Prüfung (BAG, Urteil vom 12. August 2008, AZ: 9 AZR 632/07).
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber bei der Ausstellung von Zeugnissen die Prinzipien der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit einhalten. Es dürfen daher keine zweideutigen Formulierungen, formale Fehler oder gar falsche Aussagen zu Leistung und Sozialverhalten des Arbeitnehmers im Zeugnis auftauchen. Daraus folgt nicht, dass für den Arbeitnehmer nachteilige Aspekte grundsätzlich nicht im Zeugnis angesprochen werden dürfen.
Negative Beurteilung manchmal erlaubt
So musste ein Koch hinnehmen, dass sein Chef auf eine lange in Anspruch genommene Elternzeit im Arbeitszeugnis hinwies. Allerdings war die Erwähnung der Elternzeit nur zulässig, weil der Arbeitnehmer von vier Jahren in Beschäftigung lediglich anderthalb Jahre tatsächlich gearbeitet hatte. Ohne den Hinweis auf die Elternzeit hätten andere Arbeitgeber den falschen Eindruck vermittelt bekommen, einen Koch mit vierjähriger Berufserfahrung einzustellen, so das Gericht (BAG, Urteil vom 10. Mai 2005, AZ: 9 AZR 261/04).
Aus dem Grundsatz der Zeugniswahrheit folgt aber auch, dass nur feststehende Fakten über den Arbeitnehmer wiedergegeben werden dürfen. Der Hinweis auf ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen einen Beschäftigten gehört demnach nicht in ein Arbeitszeugnis, wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied (Urteil vom 3. Mai 2005, AZ: 3 Sa 359/05). Im konkreten Fall hatte ein Rechtsanwalt einer Angestellten gekündigt und sie gleichzeitig wegen Diebstahls angezeigt. Das ausgestellte Arbeitszeugnis enthielt einen Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren. Der beklagte Rechtsanwalt vertrat den Standpunkt, dass er im Arbeitszeugnis zur Angabe der Wahrheit verpflichtet sei und das laufende Verfahren daher nicht verschweigen könne. Die Richter entschieden jedoch, dass ein Ermittlungsverfahren keine Tatsache sei. Sollte die Klägerin tatsächlich verurteilt werden, könne der Arbeitgeber das erteilte Zeugnis widerrufen und ein neues ausstellen.
mit ddp
Wenn das Zeugnis nicht gefällt
Vorausgeschickt sei, dass ein Arbeitnehmer zwar Anspruch auf ein Zeugnis hat (meist innerhalb von sechs Monaten), nicht aber auf einen bestimmten Inhalt: Er kann also kein Wunschzeugnis verlangen, da sein Arbeitgeber der Wahrheitspflicht unterliegt - auch wenn das Zeugnis wohlwollend zu sein hat.
Formale Fehler
Enthält das Arbeitszeugnis formale Fehler (etwa Tippfehler), falsche Angaben oder ist unvollständig, muss der Arbeitgeber das Zeugnis ändern. Dies ist meist durch ein einfaches Gespräch zu klären. Komplizierter wird es meist, wenn der Arbeitsnehmer nicht mit dem Inhalt einverstanden ist - sei es, weil er findet, dass wesentliche Beschreibungen fehlen, sei es, weil er findet, dass er mit Formulierungen nicht einverstanden ist.
Schon deshalb sollte sich ein Arbeitnehmer gut überlegen, welches Zeugnis er haben möchte - ein einfaches oder ein qualifiziertes? Denn während der Arbeitgeber beim Ausscheiden eines Mitarbeiters nur verpflichtet ist, ein einfaches Zeugnis zu erstellen, wird das qualifizierte Zeugnis erst auf dessen ausdrücklichen Wunsch verfasst. Während der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, beim Ausscheiden eines Mitarbeiters ein einfaches Arbeitszeugnis zu schreiben, muss er das qualifizierte nur auf dessen ausdrücklichen Wunsch verfassen. Nur im qualifizierten Zeugnis werden aber auch die Leistung und das Verhalten bewertet.
1. Schritt: Objektive Meinung einholen Der Eindruck, das eigene Zeugnis sei schlecht, kann auch subjektiv sein. Wer sicher sein will, kann einen Personalberater oder Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren, wie sein Zeugnis wirklich zu bewerten ist.
2. Schritt: Um Berichtigung bitten Der Arbeitnehmer kann aber auch ohne eine dritte Meinung eingeholt zu haben das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und um eine Berichtigung bitten. Oft sind Chefs durchaus kompromissbereit.
3. Schritt: Außergerichtliche Auseinandersetzung Funktioniert das nicht, bleibt zunächst nur, eine außergerichtliche Auseinandersetzung über einen Anwalt. In dieser versucht der Anwalt die Angelegenheit mit dem Arbeitgeber zu regeln. Hilft das auch nicht, bleibt nur noch die Zeugnisberichtigungsklage vor dem Arbeitsgericht.
4. Schritt: Gerichtliche Auseinandersetzung Der Mitarbeiter kann seinen Zeugnisberichtigungsanspruch auch durch eine Klage vor dem Arbeitsgericht durchsetzen. Wie erfolgreich so eine Klage ist, hängt vor allem davon ab, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihrer Beweislast genügen können. Im Klartext: Hat der Arbeitgeber ein unterdurchschnittliches Zeugnis (Note 4 oder 5) verfasst, muss er beweisen, dass der Arbeitnehmer wirklich so schlecht war. Gleiches gilt für den Arbeitnehmer: Will er ein besseres als ein gut durchschnittliches Zeugnis (Note 3 und 2), muss er das Gericht überzeugen, dass er tatsächlich so gut ist, wie er glaubt. Für so eine Urteilsbildung greifen Richter z. B. auf die Mitarbeiterbeurteilungen zurück, die in vielen Firmen Teil der jährlichen Mitarbeitergespräche sind.
Weitere Informationen
stern-Ratgeber: Vom Vorstellungsgespräch bis zu Kündigung – was darf der Chef
ISBN 978-3-7093-0218-7
In Zeiten von Sparmaßnahmen, Stellenstreichungen und knallharten Gewinnvorgaben nehmen die Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten zu. Aber nicht nur in Problemsituationen ist es wichtig, die eigenen Rechte zu kennen. Auch bei Themen wie Arbeitszeit, Gehalt, Überwachung am Arbeitsplatz oder Teilzeitarbeit sollten Mitarbeiter stets über ihre Möglichkeiten informiert sein. Dieser Ratgeber bietet eine Übersicht über die wichtigsten Fragestellungen, die im Laufe eines Arbeitslebens auftauchen können. Dabei folgt er in seinem Aufbau der klassischen Arbeitnehmerbiografie: vom Vorstellungsgespräch über den Arbeitsvertrag und den betrieblichen Alltag bis hin zur Kündigung. Serviceteile, die darüber informieren, was im Falle von Mobbing oder Kündigung zu tun ist, runden das Werk ab und machen es zu einer wichtigen Stütze im Kampf um Ihre Rechte.