EU-Parlament Dienstleistungsrichtlinie ist auf dem Weg

Das EU-Parlament hat eine abgeschwächte Version der Dienstleistungsrichtlinie beschlossen und kippten das umstrittene Herkunftslandprinzip. Allerdings bedeutet das noch nicht den Stopp für polnische Fliesenleger und lettische Verkäuferinnen.

Das EU-Parlament hat die erste Weichen für die umstrittene Richtlinie zur Öffnung des Dienstleistungsmarktes gestellt und angenommen. Bei den Bürgern stehen aber der Hoffnung auf zahlreiche neue Arbeitsplätze durch einfachere Regeln für grenzüberschreitenden Dienstleistungen gleichzeitig große Ängste vor Sozialabbau und rapide sinkenden Löhnen gegenüber. Deshalb verabschiedeten die Abgeordneten nach Massendemonstrationen vor dem Straßburger Parlament nur einen Kompromiss mit Änderungen in zentralen Punkten. Dieser schränkt die ursprünglichen Pläne der Kommission für einen offenen Dienstleistungsmarkt deutlich ein. Das heftig kritisierte Herkunftslandprinzip, nach dem Dienstleister bei Tätigkeiten im EU-Ausland nur den Regeln ihres jeweiligen Heimatlandes unterworfen werden sollten, wurde gestrichen. Ebenso wurden zahlreiche Branchen ausgeklammert. Insgesamt stimmten 394 Abgeordnete für die geänderte Richtlinie, 215 dagegen, 33 enthielten sich. Die Mitgliedsländer müssen dem Gesetz noch zustimmen.

Was regelt die Richtlinie?

Die Richtlinie soll allgemein verbindlich klären, zu welchen Bedingungen Dienstleister aus einem EU-Land in einem anderen vorübergehend Aufträge übernehmen können. Einige bereits separat geregelte Branchen wie etwa Finanzdienstleistungen sind grundsätzlich ausgenommen. Erfasst werden dagegen viele Handwerksleistungen, einige freie Berufe wie Architekten und auch Unternehmensberater. Beim Abbau von Bürokratie sollen zentrale Ansprechpartner für Dienstleister in jedem Land helfen. Dienstleistungen machen rund 60 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung aus.

Worüber wird gestritten?

Zum Kern des Streits wurde das so genannte Herkunftlandprinzip. Danach sollten Unternehmen auch in einem anderen EU-Land zu den Regelungen ihres Heimatlandes arbeiten können. In etlichen EU-Ländern wurde dadurch die Angst vor Billig-Handwerkern aus den neuen EU-Ländern ("der polnische Fliesenleger") geschürt. Das Parlament kippte dieses Prinzip. Stattdessen ist von der "Freiheit der Dienstleistung" die Rede. Dies wird von Sozialdemokraten und Gewerkschaften als Erfolg reklamiert.

Um Hürden abzubauen, wird den EU-Staaten allgemein verboten, Vorschriften zu erlassen, die Dienstleister aus anderen EU-Ländern unnötig behindern. Dies entspricht weitgehend bisherigem EU-Recht. Rechtsexperten der Industrie sehen in den Formulierungen eine Einschränkung bisheriger Freiheiten.

Umstritten war auch, für welche Bereiche die Richtlinie gelten soll. Die Christdemokraten akzeptierten, etwa Zeitarbeitsagenturen vollständig auszuklammern. Arbeitnehmerrechte werden festgeschrieben. Nationale Regeln zum Umweltschutz und zur öffentlichen Sicherheit sollen auch von Gast-Dienstleistern eingehalten werden. Allgemeine Regeln des Verbraucherschutzes dürfen aber nicht verwendet werden, um die Dienstleistungsfreiheit einzuschränken.

Die nächsten Schritte

Bis Ende April will die EU-Kommission auf Grundlage des Parlamentsvotums ihren Entwurf überarbeiten. Das Thema dürfte auch die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf ihrem Gipfel Ende März beschäftigen. Anschließend müssen die EU-Wirtschaftsminister einen Kompromiss finden. Dies soll bis Juni geschehen. Noch liegen die Positionen der Länder weit auseinander. Auch die Bundesregierung hat sich noch nicht geeinigt. Nachdem die von der SPD unterstützten Demonstrationen vorbei sind, wird nun aber mit einer Einigung der Koalition gerechnet, die der Position des EU-Parlaments ähnelt.

AP · DPA · Reuters
Reuters/AP/DPA

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