Gesundheitsreform Tausende protestieren

In mehreren deutschen Städten folgten tausende Menschen einem Demonstrationsaufruf der Gewerkschaft Verdi und protestierten gegen die Gesundheitsreform. Auch Politik und Krankenkassen debattierten.

Aus Angst, ihren Job zu verlieren, haben erneut mehrere tausend Mitarbeiter von Krankenkassen gegen die Gesundheitsreform protestiert. An Demonstrationen in München, Bonn und Mainz hätten rund 12.500 Beschäftigte teilgenommen, teilte die Gewerkschaft Verdi am Donnerstag in Berlin mit. Rund 30.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, wenn die Versicherungsbeiträge künftig von einem Gesundheitsfonds eingezogen würden. Verdi-Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Werber warf der Regierung vor, ein gut funktionierendes System zu zerstören, um parallel eine neue Bürokratie aufzubauen.

Von den angekündigten Maßnahmen seien viele teilzeitbeschäftigte Frauen betroffen, warnte Kunkel-Weber. Zugleich kündigte sie weitere Proteste an: "Wir werden unsere Empörung über Aktionismus, der Arbeitsplätze kostet, weiter auf die Straße tragen."

Schmidt hält Ängste für unbegründet

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bezeichnete die Angst vor dem Verlust von 30.000 Jobs als unbegründet: "Das sind ja Gespenster, die da an die Wand gemalt werden". Die für den Beitragseinzug zuständigen Mitarbeiter würden sich auch künftig darum kümmern. Statt an die einzelne Kasse fließe das Geld dann an den Fonds. Zudem werde es bei den Kassen viele neue Aufgaben geben, so etwa bei Rabatt- und Preisverhandlungen, bei der Beratung der Versicherten sowie bei der Ausgestaltung neuer Tarife. Das Ministerium will am Freitag mit Verdi beraten. Die Vertreter der Kassen sind für Dienstag geladen.

Im Gewerkschaftslager sind die von Verdi organisierten Proteste nicht unumstritten. Der Chef der Chemiegewerkschaft IG BCE, Hubertus Schmoldt, warnte im "Handelsblatt": "Demonstrationen und Protestkundgebungen sind der falsche Weg." Nötig sei eine Versachlichung der Debatte. Die Gewerkschaften müssten den konstruktiven Dialog mit der Regierung suchen. Bereits am Mittwoch waren in Berlin und Hamburg 8500 Kassenmitarbeiter auf die Straße gegangen.

Mehrbelastungen von 1,3 Milliarden Euro drohen

Der Chef des AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens bemängelte in der "Passauer Neuen Presse", durch den geplanten Gesundheitsfonds drohten den Beitragszahlern Mehrbelastungen von jährlich mindestens 1,3 Milliarden Euro. Hinzu kämen Anlaufkosten von rund 800 Millionen Euro für die neue Behördenstruktur. Er setze darauf, dass die Politik von ihren Fonds-Plänen abrücke. "Statt unangenehme Wahrheiten wegdrücken zu wollen, sollte gute Politik den Mut haben zu sagen: Entschuldigung, das war nichts."

Reuters
Reuters

PRODUKTE & TIPPS