Hartz-Konzept Riss im Lager der Zeitarbeitgeber

Die gewerbliche Zeitarbeit ist eine der am stärksten expandierenden Beschäftigungsformen in Deutschland. Erstmals ringen Gewerkschaften und Arbeitgeber um einen einheitlichen Flächentarifvertrag. Knackpunkt der Verhandlungen: die Bezahlung der Zeitarbeiter.

Sie ist eine der Säulen der Hartz-Gesetze zur Reform des Arbeitsmarktes: die Zeitarbeit. Erstmals ringen Gewerkschaften und Arbeitgeber um einen einheitlichen Flächentarifvertrag für die rund 350.000 Zeitarbeiter, schon bis kommenden Mittwoch wollen sie sich über die strittigsten Punkte geeinigt haben. Doch noch zieht sich ein tiefer Riss durch das Arbeitgeberlager, das eigenen Angaben zufolge bislang ohnehin nur etwa die Hälfte der Beschäftigten organisiert.

Die gewerbliche Zeitarbeit ist eine der am stärksten expandierenden Beschäftigungsformen in Deutschland. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich nach Expertenangaben die Zahl der Zeitarbeitnehmer auf 340.000 im Jahr 2001 verdreifacht. Folgerichtig spielt die Zeitarbeit in den an die Vorschläge des VW-Personalvorstandsmitglied Peter Hartz angelehnten Gesetzen zur Arbeitsmarktreform eine Hauptrolle: In den Arbeitsamtsbezirken sollen Personal-Service-Agenturen (PSA) eingerichtet werden, um Arbeitslose als Zeitarbeiter in Unternehmen zu vermitteln.

Der Knackpunkt bei den Tarifverhandlungen, deren dritte Runde morgen in Berlin startet, ist die Frage der Bezahlung der Zeitarbeiter. Gesetzlich festgeschrieben ist der vor allem von Gewerkschaftsseite vehement eingeforderte Grundsatz der gleichen Bezahlung von Zeitarbeitern und Stammbelegschaft. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen billigere Zeitarbeiter einstellen und dafür Arbeitnehmer aus ihrer teureren Stammbelegschaft entlassen.

Das Gesetz sieht zwei Ausnahmen vom Grundsatz des "equal pay" (gleiche Bezahlung) vor: Die ersten sechs Wochen können Leiharbeiter niedriger bezahlt werden, wenn sie zuvor arbeitslos waren, und wenn ein Tarifvertrag abgeschlossen wird und dieser es vorsieht, kann auch länger von der gleichen Bezahlung abgewichen werden.

Bei den Verhandlungen über diesen Tarifvertrag sind die Gewerkschaften zwar bereit, für Leiharbeiter mit so genannten Vermittlungshemmnissen in einer Einarbeitungszeit geringere Löhne und Gehälter zu akzeptieren. Es sei einzusehen, dass beispielsweise Langzeitarbeitslose in der ersten Zeit nicht genauso viel verdienen wie die Stammbelegschaft der Firmen. Umstritten ist aber die Länge der Einarbeitungszeit, die Höhe der Abschläge und die genaue Definition von Vermittlungshemmnissen. Derzeit erhalten Zeitarbeiter Gewerkschaftsangaben zufolge im Schnitt bis zu 30 Prozent weniger als die Stammbelegschaft.

Keine Tarifgemeinschaft der Arbeitgeber

Die Hartz-Kommission sah aber gerade in der untertariflichen Entlohnung der Leiharbeiter eine entscheidende Vorbedingung für einen messbaren beschäftigungspolitischen Effekt. Auch der Bundesverband Zeitarbeit (BZA), einer der beiden untereinander zerstrittenen Arbeitgeberverbände, fordert einen generellen Abschlag. Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) dagegen fordert, für die einzelnen Branchen Abschläge oder auch Zuschläge festzulegen.

Neben der komplizierten Thematik erschwert die Zerstrittenheit des Arbeitgeberlagers die Verhandlungen. Der IGZ mit Sitz in Münster, der eigenen Angaben zufolge rund 300 Firmen organisiert, buhlt mit dem BZA mit Sitz in Bonn, in dem rund 200 Unternehmen Mitglied sind, um den Status des Tarifpartners. Zusammen vertreten die Verbände eigenen Angaben zufolge rund die Hälfte der rund 350.000 Beschäftigten. Bislang haben es BZA und IGZ nicht geschafft, sich auf die Bildung einer Tarifgemeinschaft zu verständigen.

Die Gewerkschaftsseite - vertreten von DGB, IG Metall und ver.di - geht auf Nummer Sicher und verhandelt getrennt von einander mit beiden Arbeitgeberverbänden. Die Gewerkschaften streben nach den Worten ihres Verhandlungsführers Reinhard Dombre eine Lösung mit beiden Verbänden an. Demnach soll am Mittwoch ein Verhandlungsergebnis präsentiert werden das "zeitgleich von beiden akzeptiert" werden kann.

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