Selbst im tollsten Traumjob gibt es Tage, die scheinbar nicht enden wollen: Ein bisschen Frust im Büro kennt fast jeder. Was aber, wenn die Unzufriedenheit Dauerzustand ist und der Mitarbeiter innerlich schon gekündigt hat? Die Karriere-Beraterin Ragnhild Struss weiß, wie die Motivation zurückkommt - und wann man gehen sollte.
"Spaß im Job hängt davon ab, wie ich meine Talente einsetzen kann. Aufgaben und Umfeld müssen zu den eigenen Fähigkeiten passen", sagt Struss, die seit vierzehn Jahren in ihrem Hamburger Unternehmen Menschen coacht, die sich beruflich verändern wollen oder nicht wissen, welchen Karriereweg sie einschlagen sollen. "Oft nennen mir Klienten nur die Symptome, schimpfen zum Beispiel über den nervigen Chef, aber kennen nicht die Ursachen für die eigene Unzufriedenheit."
"Den Unternehmen geht so viel Produktivität verloren, wenn Mitarbeiter nicht motiviert sind"
Die Gründe zu erforschen und an sich zu arbeiten sei jedoch keinesfalls reine Selbstverwirklichung. "Zufriedene Mitarbeiter führen nachweislich zu mehr Produktivität und gesteigertem Unternehmenserfolg. Die sogenannten Soft Skills sind gar nicht so soft. Dahinter stecken harte Zahlen. Den Unternehmen geht so viel Produktivität verloren, wenn Mitarbeiter nicht motiviert sind", sagt Struss. Bei Frust im Job empfiehlt sie deshalb folgende Maßnahmen:
1. Ehrliche Selbstanalyse
"Wenn etwas nicht stimmt, ist der erste Schritt die Selbstanalyse. Man sollte sich ehrlich und strukturiert überlegen: Was will ich im Job? Was fällt mir leicht? Wofür bekomme ich Lob? Was kann ich gut? Wofür engagiere ich mich auch privat stark? Wann bringe ich gute Leistung? Wenn meine Fähigkeiten und Werte nicht mehr zum Job passen, dann muss ich gehen. Wenn meine Talente gefragt und meine Ziele erreichbar sind, kann ich an mir selbst arbeiten."
2. Konzentration auf das Positive
"Wenn der Pessimismus erstmal drin ist, dann ist es schwer, aus der Nummer rauszukommen. Meine innere Einstellung definiert die Art, wie ich die Umwelt wahrnehme. Wer sich also immer fragt: Warum ist mein Chef so scheiße? Warum läuft das Projekt schlecht?, der trainiert das Gehirn auf Negatives. Stattdessen lieber überlegen: Was macht mir Spaß? Wofür schätze ich meinen Chef vielleicht doch? Auf was bin ich stolz? Das klingt banal, aber es funktioniert."

3. Herausfinden, was motiviert
"Jeder Mensch hat unterschiedliche Motivatoren. Es ist wichtig, für sich selbst herauszufinden, was das ist. Das können Dinge wie Macht, Herausforderung oder Anerkennung sein. Ein Chef, der zum Beispiel durch Wettbewerb motiviert ist, wird das auch auf seine Mitarbeiter übertragen. Wer aber Lob braucht, muss das bei ihm einfordern und das Gespräch suchen. Denn nur wenn ich motiviert bin, kann ich sehr gute Leistungen bringen."
4. Möglichkeiten nutzen, anstatt sich zu verweigern
"Es ist total natürlich, keinen Abstand zu finden, wenn man sich in einer Negativspirale befindet. Aber es ist wichtig, die Initiative zu ergreifen, wieder in Möglichkeiten zu denken und zu überlegen, was man selbst dafür tun kann, dass es mir als Mitarbeiter wieder besser geht. Es hilft zum Beispiel, Lösungen vorzuschlagen, anstatt nur auf Probleme aufmerksam zu machen. 15 Minuten Planung jeden Morgen, in der man sich selbst Ziele setzt und Ansprüche an sich stellt, kann Wunder wirken."
5. Wohlfühlen im Büro
"Ich erlebe es häufiger in Beratungen, dass im Gespräch scheinbar kleine Dinge auftauchen, die dafür sorgen, dass die Mitarbeiter sich unwohl fühlen. Sie sitzen am kalten Fenster, die Arbeitsuniform passt nicht richtig oder die wichtigsten Meetings finden immer während dem Mittagstief statt. Auch körperliches Unwohlsein wirkt sich auf die Zufriedenheit im Job aus. Wer kann, sollte den Tagesablauf dem eigenen Biorhythmus anpassen und für eine schöne Arbeitsatmosphäre sorgen."
