Entweder ist Liang Zhao Zhang die fleißigste Servicekraft, die die Verkehrsbetriebe von San Francisco je gesehen haben. Oder er weiß einfach nur am besten, wie man das Stechuhr-System des öffentlichen Arbeitgebers austrickst. In jedem Fall dürfte er die bestverdienende Reinigungskraft der Vereinigten Staaten sein: Rund 270.000 Dollar hat Zhang im Jahr 2015 mit dem Saubermachen von U-Bahn-Stationen verdient - etwa das Zehnfache einer normalen Reinigungskraft in den USA.
Das enorme Gehalt wurde öffentlich, als die Non-Profit-Organisation "Transparent California" im November eine Liste mit den bestbezahlten Servicekräften des "San Francisco Bay Area Rapid Transit District", kurz BART, veröffentlichte. Ein BART-Sprecher bestätigte daraufhin, dass Zhang exakt 276.050,06 US-Dollar verdient habe. Das Grundgehalt betrug bereits ordentliche 58.000 Dollar. Auf das traumhafte Gesamtgehalt kam Zhang aber nur durch das Ableisten unzähliger Überstunden.
Wie das Portal "SF-Gate" berichtet, habe Zhang für das Gehalt mehr als 4000 Arbeitsstunden im Jahr abreißen müssen, ein normaler Arbeitnehmer mit 40-Stunden-Woche und zwei Wochen Urlaub käme lediglich auf die Hälfte. Das Auslesen von Zhangs Zeitkarte ergab, dass er im Jahr 2015 volle 365 Tage gearbeitet hatte - und zwar meist 17 Stunden am Tag. Im Juli hatte Zhang laut Zeiterfassung gar 18 Tage am Stück jeweils 17 Stunden gearbeitet. BART-Chef Roy Aguilera sagte laut KTVU.com, das sei möglich, weil Zhang niemals Extra-Arbeit ablehne und viele der angebotenen Überstunden annehme. Es würde sich auch sonst kaum jemand finden, der in der Problemhaltestelle Powell Street die Fäkalien und Nadeln der Obdachlosen wegmachen wolle.
Videoaufnahmen schüren Zweifel
Zweifel an Zhangs Arbeitsleistung kamen bereits nach Bekanntwerden des Gehalts auf, nun erhebt KTVU neue Vorwürfe: Da Zhangs Arbeitgeber eine weitere Untersuchung nicht für nötig hielt, hat der Sender einen Teil des Videomaterial der Überwachungskameras selbst ausgewertet sowie Zhang bei der Arbeit besucht. Den Recherchen zufolge habe Zhang keinesfalls den ganzen Tag den Boden geschrubbt und Mülleimer leergeräumt. Stattdessen nimmt er sich offenbar immer wieder längere Auszeiten in einem Räumchen auf dem Bahnsteig, während die Pay-Clock weiterläuft. Am ersten Tag sei er für 54 Minuten und 90 Minuten in dem Verschlag verschwunden, am zweiten Tag für 90 und 78 Minuten. Außerdem habe die Analyse der Zeitkarte ergeben, dass sich Zhang nicht immer korrekt ein- und ausgestempelt habe, berichtet KTVU.
Unabhängig von Zhangs individuellem Verhalten scheint das Bezahlungssystem bei BART generell fragwürdig. Für Überstunden und Arbeiten an eigentlich freien Tagen erhalten die Angestellten das Anderthalb- bis Zweifache des normalen Stundensatzes, wobei die Zahl der Überstunden nicht gedeckelt ist. Neben Zhang erzielten drei weitere Servicekräfte 2015 Jahreseinkünfte von mehr als 200.000 Dollar. Insgesamt 49 Reinigungskräfte knackten die 100.000 Dollar-Marke. Spitzenverdiener Zhang hat zwischen 2012 und 2015 mehr als 700.000 Dollar verdient. Das BART-Management hat mittlerweile erklärt, man habe mehr Kräfte eingestellt, um die Überstunden zu reduzieren. Zweifel, dass die angegebenen Stunden tatsächlich gearbeitet wurden, hat man dort offenbar nicht.
