Die Deutsche Bahn AG hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nachdrücklich aufgefordert, ihre Streikankündigung zurückzunehmen. DB-Personalvorstand Margret Suckale sagte: "Die Tatsachen zeigen, wie sinnlos das Handeln der GDL-Funktionäre ist. Alles ist vorbereitet, damit unsere Lokomotivführer jetzt eine kräftige Lohnerhöhung bekommen können." Die DB sei bereit, durchschnittlich elf Prozent mehr Lohn zu zahlen. Dies sei der höchste Tarifabschluss in der Geschichte der Deutschen Bahn AG, meinte Suckale. Sie meinte: "Ich appelliere an die GDL, ihre Verweigerungshaltung aufzugeben, an den Verhandlungstisch zu kommen und diesen überflüssigen Streik abzusagen."
Die Lokführergewerkschaft GDL rechnet indes damit, dass die Deutsche Bahn gegen den ab Montag geplanten Streik vor Gericht ziehen wird. Der Konzern habe signalisiert, dass er eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht Frankfurt erwirken wolle, sagte GDL-Chef Manfred Schell. "Vielleicht beginnt das jetzt wieder neu, das Prozessieren. Wir wissen es nicht, aber wir müssen damit leben", fügte er hinzu. Beim Arbeitsgericht Frankfurt lag nach Angaben einer Sprecherin noch kein Eilantrag der Bahn vor. Der Konzern selbst wollte sich zu dem Thema nicht äußern.
Arbeitsrechtler billigen GDL Streikrecht zu
Auch das "Westfalen-Blatt" hatte berichtet, die Bahn wolle den Ausstand verbieten lassen. In Bahnkreisen werde davon ausgegangen, dass überhaupt kein Streikgrund vorliege, da die Tarifverhandlungen im Grundsatz abgeschlossen werden könnten.
Arbeitsrechtler billigen der GDL indes durchaus ein Streikrecht zu. Die Lokführergewerkschaft habe so lange das Recht zum Ausstand, bis der neue Tarifvertrag unterschrieben sei und damit wieder die Friedenspflicht einkehre, sagte der Münchner Arbeitsrechts-Professor Volker Rieble. Sein Heidelberger Kollege Thomas Lobinger spekuliert allerdings darüber, dass parallel laufende Nahverkehrsstreiks der Gewerkschaft Verdi die Frage der Verhältnismäßigkeit stärker in den Fokus der Richter rücken könnten. Im vergangenen Jahr war die Bahn noch juristisch gegen die GDL gescheitert.
GDL gelassen gegenüber Konkurrenz-Tarifvertrag
Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee schaltete sich unterdessen erneut in den Konflikt ein. Schell sagte, er habe am Mittwoch mit dem SPD-Minister gesprochen, unter dessen Druck Ende Januar die Grundsatzeinigung zwischen GDL und Bahn zustande gekommen war. Der formale Abschluss scheiterte vor einigen Tagen jedoch daran, dass sich beide Seiten nicht über den von der Bahn geforderten Grundlagentarifvertrag einigen konnten. Die GDL wirft dem Konzern vor, damit den eigenständigen Tarifvertrag ad absurdum zu führen. So dürfte die GDL nach dem umstrittenen Vertragswerk keine Lokführer bei der DB Zeitarbeit vertreten - also ausgerechnet bei jener Sparte, in der derzeit Hunderte Lokführer eingestellt würden.
Gelassen reagierte Schell auf die Drohung der Konkurrenz-Gewerkschaften Transnet und GDBA, künftig doch wieder selbst für alle Lokführer den Tarifvertrag aushandeln zu wollen. "Das halten wir so für Trommeln im Nebel. Als mehr bewerte ich das nicht." Bahn und Gewerkschaften hatten sich darauf geeinigt, dass künftig allein die GDL für alle Lokführer verhandelt. Zugleich forderte Schell Bahnchef Hartmut Mehdorn erneut auf, den Tarifvertrag mit der GDL ohne weitere Bedingungen zu unterzeichnen. "Diese Unterschrift nicht zu geben, das ist Irrsinn", betonte Schell.
Sollte die Bahn den Tarifvertrag nicht unterzeichnen, droht die GDL ab Montag 0.00 Uhr mit einem unbefristeten Streik im Nah-, Fern- und Güterverkehr.