Die Commerzbank will Europas größten Immobilienfinanzierer Eurohypo übernehmen und damit zur Nummer zwei der deutschen Bankenbranche aufsteigen. In Verhandlungen mit den beiden anderen Großaktionären der Eurohypo AG, dem Branchenprimus Deutsche Bank und der Dresdner Bank, sei "in allen wesentlichen Verhandlungspunkten Einigung erzielt" worden, teilte die Commerzbank in Frankfurt mit. Sprecher der Deutschen Bank und des Dresdner-Bank-Mutterkonzerns Allianz bestätigten die Verhandlungen.
Über den Kaufpreis wurde offiziell nichts bekannt, Analysten schätzten ihn auf vier bis fünf Milliarden Euro. Zur Finanzierung der Transaktion soll auch der Verkauf des 2,9-prozentigen Anteils der Commerzbank an der italienischen Banca Intesa beitragen. Experten erwarten, dass bei der Commerzbank zudem eine Kapitalerhöhung notwendig wird.
Die Großbank, die 31,84 Prozent der Eurohypo hält, will auch die Anteile der Deutschen Bank (37,7 Prozent) und der Dresdner Bank (28,5) kaufen. "Wir würden dadurch zur führenden Geschäftsbank innerhalb Deutschlands mit Schwerpunkt Finanzierungen aufsteigen", erklärte Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller. Mit dem Erwerb soll ihre Stellung im umkämpften Bankenmarkt sichern. "Die Übernahme stärkt unsere Position in Deutschland bei unseren wichtigen Kundengruppen", betonte ein Commerzbank-Sprecher. Deutschlands drittgrößte börsennotierte Bank betreut vor allem Privatkunden und den Mittelstand. Dagegen deckt die Eurohypo den Bereich gewerblicher Kunden und Staatsfinanzierung ab.
Trotz Übernahme eigenständig
Die rund 2400 Mitarbeiter der Eurohypo nahmen die Nachricht überwiegend positiv auf. "Es ist gut, dass überhaupt etwas entschieden wurde", sagte eine Sprecherin. "Positiv für uns in dieser neuen Konstellation ist, dass die Eurohypo ihre Eigenständigkeit behält."
Die Eurohypo war 2002 aus den Hypothekenbank-Töchtern von Deutscher, Dresdner und Commerzbank hervorgegangen. In den ersten neun Monaten 2005 verdiente das Institut mit Sitz in Eschborn bei Frankfurt vor Steuern 497 Millionen Euro und erzielte im Neugeschäft den Rekordwert von 50,1 (Vorjahr: 17,6) Milliarden Euro. Bei Gründung der Hypothekenbank hatten Deutsche und Dresdner Bank schon angedeutet, sich mittelfristig von der Beteiligung trennen zu wollen.
Unklarheiten schwächen Börsenbewertungen
Den Plan, in diesem Herbst weitere Anteile der Eurohypo an die Börse zu bringen, hatten die Großaktionäre gestoppt, weil sie eine zu geringe Bewertung des Unternehmens befürchteten. Für zusätzliche Unruhe hatten zuletzt Meldungen gesorgt, der Konkurrent Hypo Real Estate strebe eine Übernahme der Eurohypo an. Ein Sprecher der Münchner Immobilienbank wollte sich zur Ankündigung der Commerzbank nicht äußern. In Finanzkreisen wird nicht erwartet, dass die Hypo Real Estate in einen Bieterwettstreit einsteigt.
Die Verhandlungspartner hüllten sich zu Details in Schweigen. Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte nur: "Ich kann bestätigen, dass wir mit der Commerzbank über den Kauf unserer Anteile verhandeln." Eine Sprecherin des Versicherungskonzerns Allianz sagte: "Wir sind in aussichtsreichen Verhandlungen mit der Commerzbank." Die Allianz ist wie andere Finanzkonzerne dabei, ihr ursprünglich dichtes Netz an Beteiligungen aufzulockern. "Die Eurohypo ist eine der letzten großen Beteiligungen im Portfolio", erläuterte die Allianz-Sprecherin.
Dem Bundeskartellamt liegt bislang kein Antrag der Commerzbank für die geplante Übernahme von Deutschlands größter Immobilienbank Eurohypo vor.
"Bei uns ist bislang nichts eingegangen", sagte ein Sprecher der Bonner Behörde am späten Dienstagnachmittag. Die oberste Finanzaufsicht BaFin wollte nicht sagen, ob bereits ein Genehmigungsantrag vorliegt. "Das sind Details, die unter die Schweigepflicht fallen", sagte eine Sprecherin.
Nach dem Kreditwesengesetz (KWG) muss der Erwerb einer Beteiligung an einer Bank sowohl der BaFin als auch der Bundesbank umgehend gemeldet werden, wenn er die Marke von zehn Prozent übersteigt. Das BaFin kann dann binnen drei Monaten den Einstieg oder die Übernahme unterbinden - beispielsweise, wenn Zweifel an der Seriosität des Erwerbers bestehen.