Als die Not am größten war, wurde Bob Geldof aktiv. Zusammen mit Ultravox-Bandchef Midge Ure komponierte der Sänger der Boomtown Rats ("I Don't Like Mondays") den Weihnachtshit "Do They Know It's Christmas?", holte die Crème de la Crème der britischen Popmusik ins Studio und spielte Millionen für den Kampf gegen die Hungersnot in Afrika ein. Ein Jahr später setzte der Ire noch eins drauf: Das legendäre Live-Aid-Konzert spielte rund 140 Millionen Dollar für die Hungerhilfe ein. Das war Mitte der 1980er-Jahre. Inzwischen aber sahnt der Menschenfreund und Superstar, der Gutes tut, offenbar selber kräftig ab - und zwar ausgerechnet in Afrika.
Geldofs Name fällt in den sogenannten "Mauritius Leaks" auf; am Dienstag veröffentlichte interne Papiere des Finanzdienstleisters Conyers Dill & Pearman, durch die die Insel Mauritius als gerne genutzte Steueroase in den Fokus gerät. Ein Netzwerk internationaler Journalisten unter Beteiligung der "Süddeutschen Zeitung", des NDR und des WDR, die ICIJ, veröffentlichte dazu Hinweise, die sich auf vertraulich weitergeleitete Daten eines Informanten stützen. Sie belegen nach Angaben des Verbunds, dass gerade den Staaten Afrikas viele Steuergelder durch Investments auf Mauritius entgehen. Die einstige französische Kolonie liegt im Indischen Ozean, rund 2000 Kilometer vom afrikanischen Kontinent entfernt. Sie steht seit 2017 auf einer grauen EU-Liste, die Staaten mit zweifelhaften Steuergesetzen aufführt.
Gezielte Suche nach der Steueroase
Ist Geldof also der einstige Wohltäter Afrikas, der sich nun an Afrika bereichert? Die "Mauritius Leaks" legen nahe, dass der selbst ernannte Afrika-Freund und Kämpfer gegen Ungleicheit durch sogenannte Offshore-Konstruktionen auf Mauritius reichlich Steuern spart. Im Jahr 2008, so berichtet die niederländische Zeitung "Trouw", die ebenfalls am ICIJ beteiligt ist, war Geldof Mitbegründer der afrikanischen Investmentgesellschaft 8 Miles mit einem Kapital von 150 Millionen Dollar. Diese Gesellschaft soll eine Mehrheitsbeteiligung an einer Hühnerfarm in Uganda erworben und in diverse Unternehmen auf dem Kontinent investiert haben - dies über Fonds und eine Firma, die beide auf Mauritius angesiedelt seien.
Wie aus den "Mauritius"-Papieren hervorgeht, soll dies sehr gezielt geschehen sein. Laut "Trouw" habe 8 Miles Tausende von Dollar an Steuerberatungskosten gezahlt, um Wege zu finden, wie die eigenen Steuerzahlungen gesenkt oder vermieden werden können. Daher sei die von Bob Geldof mitgetragene Gesellschaft nun in der Lage, ein umfangreiches Netz von Steuerabkommen zu nutzen, die Mauritius mit etlichen afrikanischen Staaten geschlossen habe. Für 8 Miles und andere Unternehmen dabei entscheidend: Dividenden und Lizenzen sollen, wenn überhaupt, nur marginal mit einer Quellensteuer belastet werden, so die "SZ". Ein Firmenregister, das offenbart, wem welche Firma gehört, werde nicht geführt, heißt es weiter.
Bob Geldof schweigt
Illegal ist das alles offenbar nicht. Doch die Hilfsorganisation Oxfam sieht gerade in der Gesetzmäßigkeit der Steuertricks den eigentlichen Skandal und forderte neben transparenten Steuersystemen einen weltweiten Mindeststeuersatz. "Regelmäßig werden neue schmutzige Tricks bekannt, mit denen sich internationale Konzerne und Superreiche davor drücken, ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten - auf Kosten gerade auch armer Länder", sagte Oxfam-Kampagnenmanager Jörn Kalinski der Deutschen Presse-Agentur. Die Bundesregierung müsse beim laufenden Prozess zur Reform des globalen Steuersystems im Industrieländerclub OECD für Sanktionen gegen Steueroasen eintreten.
Sowohl 8 Miles als auch der Finanzdienstleister Conyers Dill & Pearman betonten auf Anfrage der ICIJ, dass sich alle Aktivitäten im Rahmen der Gesetze bewegten. Bob Geldof, der einst mit Live Aid die große Öffentlichkeit für die Sache und auch sich selbst suchte, wollte sich auf eine Anfrage der ICIJ nicht äußern.
Quellen: International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), "Süddeutsche Zeitung", "Trouw", Nachrichtenagentur DPA,