Deutsch-chinesische Regierungskonsultation Onkel Wen geht einkaufen

Großer Empfang der Kanzlerin für Chinas Premier: Berlin und Peking wollen ihre Wirtschaftsbeziehungen massiv ausbauen. Profiteur ist vor allem die deutsche Industrie.

Deutschland und China wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen in den kommenden Jahren massiv ausbauen. Bundeskanzlerin Angela Merkel warb während der ersten Regierungskonsultationen der beiden Staaten um ein stärkeres Engagement chinesischer Investoren in Deutschland. Ministerpräsident Wen Jiabao nannte das Ziel, den beidseitigen Handel binnen fünf Jahren noch einmal zu verdoppeln.

Auf einem Wirtschaftsforum aus Anlass der gemeinsamen Beratungen der beiden Kabinette in Berlin äußerte Wen sich zuversichtlich, dass Europa seine derzeitige Schuldenkrise in den Griff bekommt. Die EU verfüge über eine leistungsstarke Realwirtschaft und sei "in der Lage, der gegenwärtigen Herausforderungen Herr zu werden", erklärte er. China hat wiederholt angekündigt, in Staatsanleihen aus Europa zu investieren und damit angeschlagenen Euro-Staaten wie Spanien unter die Arme zu greifen. Die Volksrepublik investiert zunehmend auch in Griechenland, wo die Wirtschaft in einer tiefen Rezession steckt.

Zusammenarbeit bei Elektromobilität und Energieeffizienz

Merkel nannte als Beispiele einer engeren Zusammenarbeit innovative Technologien wie Elektromobilität und Energieeffizienz. "Die deutsche Wirtschaft spielt in China schon eine sehr wichtige Rolle als Investor und Arbeitgeber", sagte Merkel auf dem Forum. Für chinesische Unternehmen gelte umgekehrt genauso: "Sie sind uns auch willkommen."

Im bilateralen Handel sieht Merkel die Chance, das Volumen in den kommenden Jahren auf 200 Milliarden Euro nach 130 Milliarden Euro in 2010 zu erhöhen. Wen setzte hier ein noch ehrgeizigeres Ziel: "Es gilt, das Wachstumspotenzial des bilateralen Handels auszuschöpfen, um unser Handelsvolumen in fünf Jahren abermals zu verdoppeln", erklärte er.

Peking interessiert an Technologietransfer

Beide Seiten äußerten aber auch Wünsche und Forderungen an einander: Der Regierungschef aus Peking wünscht mehr Technologietransfer von deutschen Firmen, die in den vergangenen Jahren allerdings häufig über chinesische Raubkopien ihrer Innovationen geklagt haben. "Zum Technologietransfer zwingen wir jedoch niemanden", betonte Wen. Deutschland solle sich zudem für die Lockerung europäischer Exporteinschränkungen gegen China einsetzen, Hemmnisse im bilateralen Handel abbauen und China als volle Marktwirtschaft anerkennen.

Für das politische System der Volksrepublik forderte Wen bei den europäischen Kritikern Respekt ein. China und Europa hätten unterschiedliche kulturelle und historische Hintergründe, erklärte er. China respektiere das politische System in Europa. "Im Gegenzug erwarten wir auch von der EU, Chinas Souveränität und territoriale Integrität sowie die selbstständige Wahl des chinesischen Volkes zu respektieren", sagte er.

Kritik allenfalls hinter vorgehaltener Hand

Merkel äußerte Kritikpunkte an China allenfalls indirekt. Sie sprach von der Notwendigkeit, den deutschen Firmen in der Volksrepublik faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber lokalen Konkurrenten zu bieten. Auch beim Schutz des geistigen Eigentums, Zugang zu Aufträgen der öffentlichen Hand und in der Rohstoff-Versorgung könne man die Zusammenarbeit noch intensiver gestalten, sagte sie. "Wir wünschen, dass wir unsere enge Kooperation in diesen Fragen weiter vertiefen."

Die Kanzlerin hatte Wen zuvor mit militärischen Ehren begrüßt. Vor seiner Abreise wollte er am Dienstagnachmittag noch Bundespräsident Christian Wulff treffen.

Wen war am Montagabend mit einer 300-köpfigen Delegation in Berlin eingetroffen. In der Liebermann-Villa am Berliner Wannsee gab Merkel dann für ihn ein Abendessen. Dabei ging es nach Angaben aus Regierungskreisen unter anderem um die wirtschaftliche Lage in China, Deutschland und Europa. Es habe zudem einen "intensiven Meinungsaustausch über die gesellschaftliche Entwicklung in China" gegeben. Die Bundesregierung hatte angekündigt, auch die Lage der Menschenrechte in China solle bei den Begegnungen thematisiert werden.

DPA · Reuters
kng/Reuters/DPA