Deutsche Bahn Merkel soll Mehdorn stoppen

Aufregung um die Gehälter der Bahn-Chefs: Den Konzern-Vorständen winkt offenbar nicht nur ein Bonus zum Börsengang, sondern auch eine kräftige generelle Gehaltserhöhung. Die Opposition attackiert deshalb die Kanzlerin. Sie könne nicht einerseits Manager zur Mäßigung aufrufen, andererseits aber bei der Bahn Boni zulassen.

Die Vorstände der Deutschen Bahn bekommen offenbar im nächsten Jahr nicht nur Sonderzahlungen bei einem Börsengang, sondern auch generell höhere Grundgehälter und Leistungszulagen. Die Steigerungen betrügen teilweise 20 Prozent und mehr, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf den bislang unter Verschluss gehaltenen Prospekt für den geplanten Börsengang. Das Gehalt von Bahnchef Hartmut Mehdorn steigt demnach von 750.000 auf 900.000 Euro. Seine Leistungszulage erhöht sich im für ihn günstigsten Fall von 3 Millionen Euro in diesem Jahr auf 3,5 Millionen im nächsten.

Die Bahn teilte der "Süddeutschen Zeitung" mit, die Vorstandsbezüge seien 2007 gesunken. "Die Vergütung liegt nach wie vor im unteren marktüblichen Bereich." Aufsichtsratskreise wurden mit dem Satz zitiert: "Bei einem Chemie-, Energie- oder Autokonzern bekommt man für dieses Geld keinen Vorstand."

Linke attackiert Merkel

Die Linkspartei hat Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen der geplanten Gehaltserhöhungen (CDU) heftig kritisiert: "Es steht die Glaubwürdigkeit der Kanzlerin auf dem Spiel", sagte die haushaltspolitische Sprecherin der Linksparteifraktion, Gesine Lötzsch. Merkel könne nicht einerseits in Zeiten der Finanzkrise die Manager zur Mäßigung aufrufen und andererseits Herrn Mehdorn astronomische Bonuszahlungen gewähren. Am einfachsten wäre das Problem zu lösen, wenn die Kanzlerin den Börsengang der Bahn ganz absagen würde, meinte Lötzsch. Damit würden auch die Bonuszahlungen dafür wegfallen.

Auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gerät wegen der Sonderzahlungen stärker unter Druck. Nach Angaben der "Financial Times Deutschland" hat Tiefensee entgegen seiner eigenen Darstellung bereits spätestens am 2. Oktober von den Boni gewusst. Der Ministeriumsspitze habe zu diesem Zeitpunkt der Börsenprospekt mit Erläuterung der Sonderzahlungen vorgelegen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf das Umfeld des Verkehrsministeriums sowie des Bahnaufsichtsrats. Tiefensee behauptet hingegen, erst vor ein bis zwei Wochen von den geplanten millionenschweren Sonderzahlungen erfahren zu haben.

Im Zuge der Affäre hatte Tiefensee seinen Staatssekretär Matthias von Randow am Mittwoch entlassen. Von Randow soll bereits im Juni zugestimmt haben, die Bahnvorstände im Falle eines erfolgreichen Börsengangs der Bahn-Tochter DB Mobility Logistics mit insgesamt mehreren Millionen Euro extra zu honorieren, wie das Ministerium mitteilte. Darüber sei Tiefensee aber nach Ministeriumsangaben nicht informiert worden.

Die Opposition griff Tiefensee erneut an. Der Verkehrsexperte der FDP-Fraktion, Horst Friedrich, machte den Minister für unzureichende Rahmenbedingungen bei der Teilprivatisierung der Bahn verantwortlich. "Tiefensee soll zurücktreten", bekräftigte er in der "Berliner Zeitung". Tiefensee müsse zudem von den Plänen der Bahnführung gewusst haben, einen erfolgreichen Börsengang mit Millionenprämien an den Konzernvorstand zu honorieren. "Das ist nicht ohne Wissen des Verkehrsministers gemacht worden", meinte Friedrich. Sein Grünen-Kollege Winfried Hermann verlangte die Ablösung der Konzernspitze. "Der gesamte Bahnvorstand ist fällig, und auch der Aufsichtsrat muss erneuert werden", sagte Hermann. Zudem kritisierte er, das die Politik den Konzern nicht aktiv kontrollieren würde. So würden sich die drei Regierungsvertreter vor den Aufsichtsratssitzungen, etwa jener zu den Vorstandsprämien, nicht koordinieren.

Gewinn und Umsatz deutlich gesteigert

So ganz unverdient scheinen die Gehaltserhöhungen der Bahn-Chefs allerdings nicht zu sein. Immerhin hat das Unternehmen in den ersten neun Monaten des Jahres Gewinn und Umsatz deutlich gesteigert. Erlöse und Vorsteuergewinn hätten sich im Vergleich zur Vorjahresperiode um rund 10 Prozent erhöht, teilte Bahn-Finanzvorstand Diethelm Sack am Donnerstagabend mit. Die Schulden seien um etwa eine Milliarde auf 15,5 Milliarden Euro verringert worden.

"Der Personenverkehr läuft ausgezeichnet", sagte Sack. Das gelte für die Sparten Fernverkehr, Regio und Stadtverkehr. Im Güterverkehr sei eine "gewisse Abkühlung" festzustellen. Aber auch dort sei das Unternehmen "noch gut unterwegs". So wachse der Bahn-Spediteur Schenker derzeit mit einer Rate von rund sechs Prozent, zuvor seien es acht bis neun Prozent gewesen.

Zum 30. Juni hatte die Bahn ein um 6,8 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro gestiegenes Halbjahresergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) ausgewiesen. Der Umsatz lag im ersten Halbjahr bei 16,6 Milliarden Euro, was einer Steigerung um 8,2 Prozent entsprach. Die Bahn will ihre Verkehrs- und Logistiktochter DB Mobility Logistics möglichst bald zu 24,9 Prozent an die Börse bringen. Der geplante Termin 27. Oktober wurde wegen der Turbulenzen an den Finanzmärkten verschoben. Einen neuen Zeitplan für den Börsengang gibt es noch nicht.

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DPA/AFP