Die erneute Verzögerung der Opel-Bieterentscheidung durch den Mutterkonzern General Motors (GM) bringt Politiker und die Opel-Belegschaft in Rage. Hessens Ministerpräsident Roland Koch sagte, ihn treibe das Verhalten von GM zur Weißglut. Er könne nur jedem raten, nicht aus der Ferne Spielchen treiben zu wollen, sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Die Welt".
Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) forderte endlich Klarheit über Opel und bekräftigte vor neuen Gesprächen der Regierung mit einem Spitzenmanager von GM, die staatliche Überbrückungshilfe bekomme nur der von der Regierung und der Belegschaft bevorzugte kanadische Bieter Magna. Opel-Betriebsratschef Klaus Franz drohte mit spektakulären Aktionen der Belegschaft, sollte GM sich bis Ende der Woche nicht in die von der Regierung und den Opelanern gewünschten Richtung bewegen. "Wir haben die klare Absicht, GM die Zähne zu zeigen", hieß es aus der Belegschaft.
Der Verwaltungsrat des US-Konzerns hatte auch in der Nacht zum Samstag keine Entscheidung zum Bieter getroffen. Vertreter der Bundesregierung - allen voran Kanzlerin Angela Merkel - und der Bundesländer mit Opel-Werken hatten sich darüber enttäuscht geäußert und auf eine schnelle Entscheidung gedrängt. Die Bundesregierung dämpfte allerdings Hoffnungen auf eine Lösung des monatelangen Übernahmepokers noch vor der Bundestagswahl Ende September. "Es gibt hier nicht diesen Zeitdruck", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Er äußerte Verständnis für die wachsende Ungeduld bei den Opel-Beschäftigten. Angesichts von Drohungen der Opelaner mit Aktionen, zu denen auch eine Großdemonstration in Berlin gehören soll, mahnte er, eine konstruktive Atmosphäre zu wahren. Es gelte generell, Konfrontationen zu vermeiden.
Noch in dieser Woche soll ein Vorstandsmitglied von GM nach Deutschland kommen, um die Gespräche mit der Bundesregierung fortzuführen. Die nächste ordentliche Sitzung des GM-Verwaltungsrates aber, bei der Entscheidungen fallen könnten, stehe erst um den 8. oder 9. September an, sagte Wilhelm. Die Regierung habe weiter eine klare Präferenz für Magna. Angebliche Bestrebungen, Opel doch im GM-Konzern zu halten, seien an die Bundesregierung nicht herangetragen worden.
US-Regierung will sich nicht einmischen
Die Bundesregierung kann bei der Opel-Bieterentscheidung offenbar nicht auf Unterstützung der US-Regierung hoffen, die Mehrheitsaktionär von GM ist. Ein US-Vertreter sagte in Washington, seine Regierung stehe zwar für Gespräche mit der deutschen Regierung zur Verfügung, wolle sich aber nicht selbst in die Entscheidung zwischen den beiden Opel-Bietern Magna und RHJ International einmischen. Das sei Sache des Managements von GM. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Wochenende telefonisch bei seiner US-Kollegin Hillary Clinton für eine Berücksichtigung der deutschen Position geworben.
Finanzminister Steinbrück machte erneut klar, dass RHJ nicht mit Staatshilfe rechnen kann. "Eine staatliche Überbrückungshilfe bekommt ausschließlich Magna", das ein klares industriepolitisches Konzept und nicht nur eine kurzfristige Rendite im Blick habe, sagte der SPD-Politiker dem "Handelsblatt". Er habe den Eindruck, dass einige in der GM-Spitze deshalb Sympathien für RHJ hätten, weil damit leichter ein Rückkauf von Opel möglich sei.
Viel Unmut bei Opelanern
Bei den Opel-Beschäftigten wird der Ärger über die wochenlange Hängepartie immer größer. Betriebsratschef Klaus forderte im Deutschlandfunk: "Wird sich bis Ende dieser Woche nichts ändern von General Motors, dann werden wir aktiv werden." Kreisen zufolge wollen die Arbeitnehmer aus Protest finanzielle Zugeständnisse an das Unternehmen zurücknehmen. So fordere die deutsche Belegschaft Urlaubsgeld im Gesamtumfang von rund 70 Millionen Euro zurück, die bereits kommende Woche fällig gestellt werden sollten.
Der IG Metall-Bezirksleiter Armin Schild, der auch im Opel-Aufsichtsrat sitzt, bewertete einen Verbleib von Opel im GM-Konzern als "neben der Insolvenz die zweitschlechteste Lösung". Diese "Domestizierungsstrategie" der letzten Jahre, die die Marke Opel ramponiert habe, dürfe nicht fortgesetzt werden. "Wir lassen uns nicht länger auf der Nase herumtanzen. Wir können auch anders und das werden wir zeigen", drohte er Proteste an.