Finanzkrise Und der Bürger zahlt die Zeche

Von Christoph Hus
Viele Bürger sehen in den Milliardenverlusten der Landesbanken nur abstrakte Zahlen. Dabei werden alle Deutschen die Rechnung bezahlen: Weil die Krise Löcher in Landes- und Kommunalhaushalte reißt. Und weil Sparkassen vielleicht schon bald mit Spenden an Sportvereine und soziale Einrichtungen knausern.

Die deutschen Landesbanken treten dieser Tage in einen ungewollten Wettstreit um Negativ-Schlagzeilen. Am Mittwoch meldete die WestLB neue Schreckens-Zahlen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr machten die Düsseldorfer 1,6 Milliarden Euro Verlust. Ursache waren die weltweite Finanzmarktkrise und Fehlspekulationen beim Eigenhandel der Landesbank. Der Absturz ist steil: Im Jahr zuvor hatte die Bank noch 799 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet.

Banken im Pleitenkarussell

Einen Tag später folgte nun die BayernLB. Der Vorstand bestätigte Spekulationen, die schon seit Tagen durch die Medien gegeistert waren. Das Münchener Institut muss 4,3 Milliarden Euro abschreiben.

Die miesen Zahlen der Landesbanken haben alle dieselbe Vorgeschichte. In den USA hatten Banken Kredite verbrieft, mit denen Privatkunden den Kauf von Häusern finanziert hatten. Als sich herausstellte, dass der Immobilienmarkt überhitzt war, kollabierte das System. Banken rund um den Globus müssen seither Positionen in ihren Bilanzen zusammenstreichen, weil die riskanten Kredit-Papiere plötzlich so gut wie nichts mehr wert sind.

In Deutschland sind zwar auch private Geschäftsbanken betroffen, darunter Branchen-Primus Deutsche Bank. Doch die größten Probleme haben die Landesbanken, die den Bundesländern und den Sparkassen gehören. Sie waren in den vergangenen Jahren besonders riskante Geschäfte eingegangen - auch weil sie verzweifelt nach einem neuen Geschäftsmodell suchen.

Mitarbeiter stehen vor dem Aus

Die Wertberichtigungen der Landesbanken summieren sich inzwischen zu einer Schwindel erregenden Summe: Insgesamt müssen sie im Zuge der Finanzmarktkrise bis zu 20 Milliarden Euro abschreiben, rechnen Experten vor. Besonders betroffen sind BayernLB, WestLB und die baden-württembergische LBBW.

Zu den Leidtragenden gehören zunächst einmal die Mitarbeiter der Institute. Allein die WestLB will 1350 von 5900 Stellen streichen. Doch letztlich wird es alle Bürger treffen. Der Grund: Die Landesbanken gehören den Bundesländern und den Sparkassen. Und die Eigentümer werden für das Spekulations-Desaster zahlen müssen. Zwar gilt die so genannte Gewährträgerhaftung seit knapp drei Jahren nicht mehr: Seither sind die Eigentümer von Sparkassen und Landesbanken nicht mehr verpflichtet, uneingeschränkt für die Institute zu haften. De facto tun sie das aber immer noch.

Den Grundstein dafür, die Löcher in den Bilanzen zu stopfen, haben die Landesbank-Eigner vielerorts schon gelegt. Zum Beispiel in Sachsen, wo die SachsenLB nach hohen Wertberichtigungen vor dem Aus stand und in letzter Minute an die LBBW verkauft wurde. Das war nur möglich, nachdem sich der Freistaat verpflichtet hatte, im Falle weiterer Wertberichtigungen zu haften - auf Kosten des Landeshaushaltes und damit der Steuerzahler.

Risiko liegt beim Bürger

Ganz ähnlich funktioniert die Rettung der WestLB in Nordrhein-Westfalen. Hier hat die Bank Risiken an das Land, die Sparkassen und Kommunalverbände ausgelagert. Sie stehen für insgesamt fünf Milliarden Euro gerade, sollte sich der Wert von Wertpapieren weiter mindern.

Nicht nur in den Landeshaushalten und den Bilanzen der Sparkassen wird die Krise der Landesbanken in den kommenden Jahren deutliche Spuren hinterlassen, sondern auch in den Haushalten der deutschen Kommunen. Die sind nämlich in der Regel Eigentümer ihrer örtlichen Sparkasse. Und wenn die Sparkasse der Landesbank mit einer Finanzspritze zu Hilfe eilen muss, schmälert das ihren Ertrag. Am Ende des Geschäftsjahres kann sie so einen geringeren Betrag an den Kämmerer der Kommune überweisen - zum Nachteil aller Bürger.

Sportvereinen bleibt die Förderung aus

Die ersten Institute sehen sich schon genötigt, öffentlich zu beschwichtigen. So teilte die Sparkasse Köln-Bonn jüngst mit, das Kundengeschäft sei durch die aktuellen Belastungen im Zusammenhang mit der Schieflage der WestLB nicht beeinträchtigt. Die Sparkasse werde die Belastungen aus eigener Kraft tragen.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Selbst wenn ein Institut stille Reserven auflöst, um Belastungen zu kompensieren, muss es das Geld in späteren Jahren wieder zur Seite legen - und es vom Gewinn abzweigen.

Das geht zwangsläufig zu Lasten der kommunalen Haushalte. Oder aber es trifft die Bürger noch viel direkter: Schließlich fördern Sparkassen mit großen Summen Vereine und gemeinnützige Organisationen in ihren Kommunen. Sportclubs, Kulturveranstaltungen, soziale Einrichtungen und Umweltverbände. Wird das Geld knapp, werden auch diese Posten auf der Streichliste der Sparkassenvorstände auftauchen. Dann könnten sich Fußballvereine in ganz Deutschland gezwungen sehen, ihre Sommerturniere abzusagen - weil sich die Landesbank mit US-Immobilienkrediten verzockt hat.