Fördergelder für Nokia Grüne geben NRW Mitschuld

Eine mögliche EU-Förderung für die Schließung des Bochumer Nokia-Werks erhitzt die Gemüter. Helga Trüpel, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen im Europa-Parlament, bestreitet im stern.de-Interview eine EU-Förderung und sieht eine Teilschuld an der Schließung beim Land Nordrhein-Westfalen.

Bekommt Nokia für die Standortverlagerung nach Rumänien und Ungarn Fördergelder von der EU?

Nach meinen Informationen nicht. Das Europaparlament hat in den vergangenen Jahren in den Regularien für den Strukturfonds festgelegt, dass solche Standortverlagerungen nicht gefördert werden dürfen. Die Sprecherin von Danuta Hübner, der Kommissarin für Strukturpolitik, hat mir heute auf Nachfrage bestätigt, dass kein Geld geflossen ist.

Der Vorwurf, mit deutschen Steuergeldern finanziere die EU Arbeitsplatzabbau in Deutschland mit, ist also falsch?

Nach allem was ich weiß und nach den geltenden Richtlinien der EU ist dieser Vorwurf falsch. Ich werde aber im Haushaltsausschuss nächste Woche verlangen, dass die Kommission genau darlegen muss, wie es sich mit dem Fall Nokia verhält. Wenn doch Geld geflossen sein sollte, ist das regelwidrig. Dann haben wir ein ganz anderes Problem.

Zur Person

Helga Trüpel, 49, ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und sitzt seit 2004 im Europäischen Parlament. Dort ist sie haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Schwerpunkte ihrer parlamentarischen Arbeit sind die Bereiche Arbeit, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft.

Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) hatte Nokia 60 Millionen Euro Subventionen vom Land und bis zu 28 Millionen Euro vom Bund erhalten. Wegen der Werksschließung in Bochum hat er den finnischen Konzern daher als "Subventionsheuschrecke" bezeichnet. Können sie die Kritik nachvollziehen?

Ich verstehe die Empörung von Jürgen Rüttgers und anderen darüber, dass so kurz nach Auslaufen der Bindungsfrist der Subventionen (im September 2007, d. Red.) eine solche Unternehmensentscheidung getroffen wird. Aber da muss ich den Ball auch zurückspielen: Es ist Sache des Landes Nordrhein-Westfalen und des Bundes, die gesetzlichen Fristen zu ändern, wenn sie mit ihnen nicht einverstanden sind. Das ist durchaus möglich, in Frankreich etwa sind die Fristen für die Subventionsrückzahlung länger.

Halten Sie es für Zufall, dass so kurz nach Ablauf der Bindungsfrist Nokia die Schließung des Standortes Bochum bekannt gibt?

Das halte ich überhaupt nicht für einen Zufall, sondern ich glaube, dass solche Firmen wie Nokia knallhart damit kalkulieren, solche Fördergelder abzuziehen und dann woanders hinzuziehen. Das finde ich moralisch gesehen nicht korrekt, um die Förderfristen muss sich allerdings das Land Nordrhein-Westfalen kümmern.

Das Land Nordrhein-Westfalen will nun 17 Millionen Euro Fördergelder zurückfordern. Glauben Sie an den Erfolg dieser Forderung?

Nein. Man kann über den Stil und die Gewinnmargen des Unternehmens ja lange streiten. Wenn aber die Bindungsfristen abgelaufen sind, gibt es juristisch keine Handhabe. Da müssen sie die Gesetze geändert werden und dann kann man im nächsten Fall anders vorgehen.

Interview: Thomas Krause