Opel gilt als die offene Wunde von General Motors. Seit Jahren schon buttert der Konzern in seine Europatochter hinein. Nun kursieren Gerüchte, die US-Mutter wolle sich von Opel trennen und die Marke an eine chinesische Firma verkaufen. Wer auch immer den Anlass für diese Gerüchte geliefert hat, plausibel ist ein Verkauf ganz und gar nicht. Es gibt keinen Grund, warum GM Opel aufgeben sollte, ja, es wäre sogar von Nachteil für GM.
Opel auf der Erfolgsspur
Tatsächlich geht es Opel besser als vorhergesagt. Zwar fährt der europäische Markt für Massenautos noch lange nicht aus der Krise heraus. In Deutschland und anderen Ländern hat sich die Autokonjunktur erholt, in Frankreich, Spanien, Griechenland und Portugal sieht es düster aus. In diesem schwierigen Umfeld agiere Opel ziemlich erfolgreich, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Im operativen Bereich erreicht Opel die schwarze Null", so Dudenhöffer. Und das in Europa mit Butter-und-Brot-Autos. Die Erfolgszahlen anderer deutscher Hersteller werden vom Wachstum auf anderen Märkten und mit dem Verkauf von Luxusautos befeuert. Nach dem Ende der Belastung durch die aktuellen Restrukturisierungskosten ist auch bei Opel wieder ein Gewinn zu erwarten.
Attraktive Modelle im Markt
Opel hat mit den neuen Fahrzeugen Astra, Insignia und Meriva nicht nur wieder den Anschluss an den Markt gefunden, in einzelnen Segmenten gibt Opel inzwischen den Takt an. Vor allem Meriva und die Kombiversion des Astra fahren nicht nur Achtungs-, sondern auch Verkaufserfolge ein. Für Opel ist der Erfolg des Astrakombis von enormer strategischer Bedeutung: Der Astra Sports Tourer ist ein Lifestylekombi und nicht mehr nur ein zuverlässiger Lastesel. Dieser Opel wird gekauft, weil die Kunden ihn als schick und begehrenswert empfinden. Und nicht, weil er der billige Jakob im Angebot ist. "Die Wagen werden angenommen, und erstmals investiert Opel wieder in Werbung. Durch die neue Agentur sind das auch nicht nur die alten Sprüche, Opel erreicht wieder die Leute", so Dudenhöffer.
Rückgang der Rabatte
Opel muss immer noch Rabatte gewähren, aber nicht mehr in dem Maßstab wie vor zwei Jahren. Dass man keinen interessanten Opel mehr hinterhergeworfen bekommt, merkt jeder Käufer. Für den Astra Sports Tourer werden bei Neuwagenvermittlern im Internet die gleichen Rabatte angeben wie für einen Golf Kombi. Erinnert man sich an das Jammertal, aus dem Opel gekrochen ist, dürfte das Gleichziehen mit den übermächtigen Wolfsburgern ein großer Erfolg sein. Beim Opelhändler vor Ort gibt es heute kaum noch echte Barrabatte, sondern meist andere, rechnerische Kundenvorteile. Doch weder bei günstigen Krediten noch verbilligten Ausstattungspaketen zahlt Opel wirklich drauf.
Vertrauen beim Kunden zurück gewonnen
Die Sparorgie des berüchtigten Einkäufers José Ignacio López hat in den 80er Jahren die Qualität der Opelfahrzeuge ruiniert und den Nimbus der Zuverlässigkeit zerstört. In Sachen Qualität hat Opel das Schlimmste hinter sich, die Verarbeitung der Fahrzeuge hat mächtig angezogen. Opel steht für zuverlässige Produkte mit einem für einen Massenhersteller einzigartigen Garantieversprechen ein. Bei allem Streit um das Wort "lebenslang": Im Verkauf gibt diese Garantie Privatkunden den entscheidenden Ruck. Sie können sich sicher sein, keinen Problemfall in der Garage zu parken.
Trennung siamesischer Zwillinge
Mit Opel geht es unbestreitbar bergauf, wenn auch etwas langsamer, als ungeduldige US-Manager es wünschen. Doch nur aus Frust kann GM sich nicht von Opel trennen. Die Verkaufsverhandlungen mit dem Kaufinteressen Magna haben gezeigt, wie schwer sich das europäische Standbein aus dem weltweiten Konzern herausoperieren lässt. Auf die Entwicklungskapazitäten in Europa und die damit zusammenhängenden Patente kann GM nicht verzichten. "Man kann eigentlich nur die reine Marke Opel und die Produktionsstätten verkaufen", erläutert Dudenhöffer. Diese Teile allein wären aber unverkäuflich.
Weltweiter Konzern ohne Europa
Und was wäre, wenn es gelänge, für Fabriken und Markennamen einen Käufer zu finden? Dann würde General Motors über Nacht den europäischen Markt komplett verlieren – Osteuropa inklusive. Dieser Verlust an Stückzahlen und Masse würde die verbliebenen Marken massiv treffen, nur mit gewaltigen Stückzahlen kann man weltweit Massenfahrzeuge profitabel bauen. Chevrolet kann da kaum eine Alternative sein. Der aktuelle Marktanteil in Deutschland liegt bei gut einem Prozent.
Sollte GM das Händlernetz von Opel an einen Chinesen verlieren, dürften sich die meisten Chevys ebenfalls neue Händler suchen müssen. Ihren Platz im Showroom würden dann nämlich chinesische Autos beanspruchen. Die aussichtlose Mission von GM für die nächsten Jahre hieße dann: Aus der Position eines Exoten-Importeurs den dicht besetzten europäischen Markt neu zu erobern.
Gerüchte schädigen Opel und GM
Für den Autoexperten Dudenhöffer sind die Gerüchte daher unverständlich: "Mit dem Gerede schießt sich Opel selbst ins Knie. Als wenn man bei Dortmund sagen würde, der Klopp muss weg." Bei Opel hätten solche Gerüchte als Drohkulisse vor einigen Monaten vielleicht noch Sinn gemacht, um "die Belegschaft bei der Sanierung auf Kurs zu bringen".
Dran wäre an diesen Gerüchten auch damals nichts gewesen. Zur Erinnerung: GM wollte Opel auch in der schwersten Krise des Unternehmens nicht gehen lassen. Der Konzern hat statt dessen Opels Rechnungen bezahlt, alle Verluste getragen und massiv in einen neuen Anfang investiert. Bei einem Verkauf wären die ganzen Mühen umsonst, das ganze Geld dahin. Man kann also ruhig bleiben und diese Prognose wagen: Opel bleibt fest in amerikanischer Hand.