HOCHWASSER Hilfsfonds mit 7,1 Milliarden Euro gebilligt

SPD und Grüne haben zur Bewältigung der Hochwasserfolgen einen mit 7,1-Milliarden dotierten »Aufbau-Fonds« gebilligt. Die Banken wollen keinen Schuldenerlass.

Zur Bewältigung der Hochwasserfolgen haben das Bundeskabinett und die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen einen 7,1 Milliarden Euro umfassenden Fonds »Aufbauhilfe« beschlossen. Begleitet von heftiger Oppositionskritik an der Finanzierung über Steuererhöhungen und Entlastungsaufschub, billigten beide Fraktionen am Montag das parallel zur Regierung eingebrachte »Flutopfer- Solidaritätsgesetz«. Die Beratungsfristen können so verkürzt werden.

70 Millionen als Soforthilfe

Zusammen mit anderen Hilfen - wie aus dem Verkehrsetat oder EU-Mitteln, die nicht in diesem Gesetz geregelt werden - bleibt es bei einer Wiederaufbau- und Soforthilfe von rund 10 Milliarden Euro. Das Bundesbauministerium will nach eigenem Bekunden 570 Millionen Euro für den Wiederaufbau zerstörter Häuser und Wohnungen bereitstellen, davon 70 Millionen als Soforthilfe.

Streit wegen Verteilung der Mittel

Unterdessen gibt es vor Ort zum Teil Unmut über die vom Bund vorgenommene und angekündigte Verteilung der Mittel. So äußerte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) den Verdacht, dass sich der Bund übermäßig bediene. Solche Fragen standen auch auf der Tagesordnung in Magdeburg, wo Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Abend mit Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) zusammentraf. Nach ersten Schätzungen beträgt der Schaden in dem Bundesland zwischen fünf und acht Milliarden Euro.

Banken lehnen Schuldenerlass ab

Banken und Sparkassen sträuben sich indes, Schulden der vom Hochwasser geschädigten Unternehmen zu erlassen. Der parteilose Bundeswirtschaftsminister Werner Müller will noch einmal mit den Banken reden, inwieweit sie sich an teilweisen oder kompletten Schuldenerlassen beteiligen können. Wer den Ausfall von Kreditrückzahlungen bei zerstörten Anlagen finanziell letzten Endes trage, müsse noch geregelt werden, sagte ein Sprecher.

Stundung ja, Erlass nein

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Manfred Weber, berief sich auf eine Vereinbarung im Kanzleramt, wonach die Kreditwirtschaft die Betroffenen durch eine Stundung von Kredit-Rückzahlungen und Zinsen entlaste - nicht aber durch vollständige Schuldenerlasse.

Keine weitere Finanzhilfe

Die Sparkassen gehen davon aus, dass sie über die von der Gruppe bereits zugesagten Finanzhilfen für die betroffenen Regionen bei möglichen Schuldenerlassen finanziell nicht zusätzlich belastet werden. Darüber besteht Einigkeit mit der Bundesregierung, sagte Sparkassen-Präsident Dietrich Hoppenstedt. Der Bundeskanzler hatte die Banken aufgefordert, sich an den Hilfsaktionen für die Hochwasseropfer zu beteiligen. »Als ich in Anbetracht des Hochwassers von einer großen nationalen Anstrengung gesprochen habe, da habe ich nicht nur die Politik gemeint.«

Gesetzesentwurf vor erster Lesung

Der Gesetzentwurf für den Wiederaufbau-Fonds des Bundes soll bereits an diesem Donnerstag nach einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bundestag in erster Lesung beraten werden. Die abschließende Beratung ist in der Haushaltswoche am 12. oder 13. September vorgesehen.

Kosten tragen die »Kleinen«

Das Gesetz sieht vor, dass die längst beschlossene Senkung des Einkommensteuertarifs 2003 auf 2004 verschoben wird und der Fiskus damit im nächsten Jahr 6,3 Milliarden Euro für den Aufbaufonds zur Verfügung hat. Dies trifft Arbeitnehmer und Mittelstand. Die ebenfalls nur für 2003 vorgesehene Körperschaftsteuer-Anhebung von 25 auf 26,5 Prozent führt zu einmaligen Einnahmen von 1,19 Milliarden, von denen aber 395 Millionen abzuziehen sind. Damit wird ausgeglichen, dass der Abbau des Haushaltsfreibetrages für Alleinerziehende ebenfalls von 2003 auf 2004 verschoben wird.

Alle zahlen in den Fonds ein

Bund und Länder überweisen von Januar 2003 an monatlich ein Zwölftel ihrer Jahresbeträge an den vom Bund verwalteten Fonds. Aus den Mitteln werden »Maßnahmen für geschädigte Privathaushalte und Unternehmen« finanziert - soweit nicht Versicherungen oder andere Entschädigungen leisten - sowie die Wiederherstellung von Straßen und anderen öffentlichen Einrichtungen.

Union verfolgt eigenen Weg

Unterdessen wurde das Finanzierungskonzept der Union von Vorstand und Präsidium der Partei beschlossen. CDU und CSU wollen bei einem Wahlsieg die Flut-Hilfen befristet über den Bundesbankgewinn finanzieren, vor der Wahl aber das Modell der Bundesregierung durch Enthaltung passieren lassen. Letztlich sei die Streckung der Tilgung von Altschulden zu Gunsten des Einsatzes des Bundesbankgewinns für die Hochwasser-Geschädigten besser als ein Verschieben der Steuerreform, sagte CDU-Chefin Angela Merkel. Ein Ende der Schuldenaufnahme forderte dagegen SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler.