LEO KIRCH »Dann frisst er mich eben«

Leo Kirch lässt sich von dem drohenden Zusammenbruch seines Medienimperiums nicht aus der Ruhe bringen. In einem Interview zur Krise seines Unternehmens gab sich der 75-Jährige gelassen.

Die hoch verschuldete KirchGruppe strebt nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« eine gemeinsame Lösung mit den Gläubigerbanken an. Ein Konsortium mit Ausnahme der Deutschen Bank soll einen erheblichen Teil der Milliarden-Kredite in Geschäftsanteile an dem Konzern und dem Bezahlsender Premiere umwandeln, so der Zeitungsbericht. Derzeit wird fieberhaft an dem Modell gearbeitet. Das Konsortium besteht aus der Bayerischen Landesbank, der HypoVereinsbank, der Dresdner Bank, der Commerzbank und der DZ Bank.

Kofler als Trouble-Shooter

Außerdem soll der neue Geschäftsführer von Premiere World, Georg Kofler, mit einer Radikalkur dafür sorgen, dass Premiere schon mit 3 bis 3,5 Millionen Kunden operativ in die schwarzen Zahlen kommt. Bislang hatte Kirch dafür vier bis fünf Millionen Kunden veranschlagt. Die Verluste des Senders gelten als Hauptgrund für die Finanznot der KirchGruppe.

Gelassenheit und Galgenhumor: Leo Kirch bricht sein Schweigen

Leo Kirch lässt sich von dem drohenden Zusammenbruch seines Medienimperiums nicht aus der Ruhe bringen. In seinem ersten Interview zur bisher schwersten Krise seines Unternehmens gab sich der 75-Jährige Firmengründer gelassen. »Ich war nie ein Spieler, sondern allenfalls ein Unternehmer mit Sportsgeist«, sagte er dem Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«. Die Gefahr einer Übernahme seines Konzerns durch den anglo-australischen Medienmogul Rupert Murdoch kommentierte Kirch mit Galgenhumor. »Dann frisst er mich eben.« Doch die Äußerungen Kirchs sind nach Einschätzung von Branchenkennern Strategie. Der 75-Jährige weiß sehr genau, dass weder die Politik noch seine Konkurrenten in der Medienbranche Interesse daran haben, dass der mächtige Medien-Milliardär Murdoch den Kirch-Konzern als Einfalltor nutzt, um den deutschen Medienmarkt zu erobern.

Murdoch ist ein Haifisch mit scharfen Zähnen

»Wenn ich Politiker wäre, hätte ich auch etwas dagegen. Aber das ist nicht mein Problem«, sagte Kirch - beendete das Gespräch und verließ den Raum. Doch seine Botschaft dürfte in Berlin angekommen sein. Erst vor wenigen Tagen soll Murdoch dort bei Bundeskanzler Gerhard Schröder vorgesprochen haben, um die Ängste vor seinem Eintritt in den deutschen Medienmarkt zu zerstreuen. Offiziell hat sich Schröder bis jetzt nicht in die Kirch-Krise eingeschaltet. An einer Medienlandschaft nach britischem Vorbild, wo Murdoch wegen seiner Dominanz auf dem Zeitungsmarkt als Königsmacher der britischen Politik gilt, dürfte er aber kein Interesse haben.

Kommunikation via Interviews

Mit Kirch kommuniziert Murdoch seit Monaten nur noch in Interviews. So hatte Murdoch zuletzt verkündet, dass er nicht weiter in die KirchGruppe investieren will und außerdem im Herbst seine Investitionen in den Bezahlsender Premiere von 1,6 Milliarden Euro zurückfordert. Allerdings gehen Branchenkenner davon aus, dass er Kirch damit nur unter Druck setzen wollte. Leo Kirch bereut es trotzdem nicht, seinen alten Geschäftsfreund an Premiere beteiligt zu haben. »Das brachte uns seinerzeit viel Geld und Wissen ein.« Murdoch ist ein Haifisch mit scharfen Zähnen: »Wer mit denen nicht schwimmen kann, der soll gar nicht zu ihnen ins Becken steigen.« Ein Angriff Murdochs kommt für Kirch jedoch nicht überraschend. »Ich kann Rupert nicht böse sein, auch wenn er mich fressen will. So ist er nun mal.«

Kein Größenwahn

Auch sich selbst macht Leo Kirch keine Vorwürfe. Seit dem Beginn seiner Karriere als Filmhändler Mitte der 50-er Jahre hat er noch eigner Aussage immer eine Gesamtkonzeption gehabt. »Ich wollte mit einer wachsenden Zahl von Mitstreitern aus einem kleinen Kern organisch etwas entwickeln, statt mein Geld für Frauen, Yachten oder Immobilien zu verpulvern.« Was er persönlich hätte verdienen können, hat ihn nie interessiert. Nicht Größenwahn hätte ihn geleitet, sondern die Idee, maximales Eigentum zu erwerben, um Maximales zu bewegen. Mit diesem Konzept blieb er in 48 Jahren nicht ohne unternehmerischen Erfolg. »Das allein zählte.«

Kirch engagiert drei Berater

Der angeschlagene Medienkonzern Kirch hat drei Berater engagiert, die ihn in den Verhandlungen mit den Banken über eine Entschuldung unterstützen sollen. Im Einzelnen sollen der Düsseldorfer Wirtschaftsanwalt Wolfgang van Betteray, der Kölner Rechtsanwalt Klaus Hubert Görg und der ebenfalls aus Köln stammende Unternehmensberater Hans-Joachim Ziems dem Management bei der Neuordnung des Konzerns helfen, sagte ein Kirch-Sprecher in München. Alle drei sind Spezialisten für den Umbau von Unternehmen. Ihre erste Aufgabe ist die Überprüfung der Liquiditäts-Situation beim Pay-TV-Sender Premiere und deren Auswirkungen auf den Gesamtkonzern. Premiere schreibt derzeit pro Tag rund zwei Millionen Euro Verlust. Die acht Gläubigerbanken begrüßten die Ernennung. In Bankenkreisen hieß es, dass die Banken selbst den Einsatz der Vermittler gefordert hatten.